Rock ’n’ Roll macht in der Schweiz selten grosse Schlagzeilen. Rock ’n’ Roll aus der Schweiz sowieso nicht. Am letzten Donnerstag war das anders. Kuno Lauener (62) blickte von allen grossen Zeitungen im Land. Und das war nicht einfach dem persönlichen Geschmack von ein paar Journalisten geschuldet. Auf Blick erzielte das Interview mit Lauener und seinem Züri-West-Kumpel Küse Fehlmann höchste Zugriffszahlen. Die Deutschschweiz las Kuno.
Und jetzt hört sie Kuno. Das am Freitag erschienene Album «Loch dür Zyt» ist wohl das letzte von Züri West. Sicher ist es das traurigste. Kuno Lauener hat Multiple Sklerose. Das machte er im März 2021 in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag» publik. Seither schwieg er.
Bis jetzt. Mit Blick sprach er offen über das Leben mit der Krankheit. «Ich vergesse wegen dieser Krankheit einfach viel. Ich weiss am Morgen nie genau, was mich erwartet. Es gibt keine Konstanz mehr. Ich frage mich manchmal: Wer war ich gestern, wer bin ich heute?», sagt er. Noch präziser aber erzählen die neuen Songs, wie es Kuno geht. «Loch dür Zyt» ist das Album eines Songschreibers, der dem Ende entgegenschaut, traurig, aber ohne Panik – und mit sich ziemlich im Reinen.
«Blätter gheie / U irgendwenn wird s stiu / u när isch vrbii/ dass stärbe so luschtig cha sii», singt Kuno Lauener. Dazu inspiriert hat ihn das Gedicht «Blätterfall» von Franz Hohler. Und das rührt nicht nur Hohler, der sagt: «Wie schön, dass er sich nicht entmutigen lässt!»
Züri West ist vielleicht die letzte grosse Rockband der Schweiz. Allerdings eine ohne Bühne. Auf eine Tour verzichtet die Gruppe wegen Laueners Krankheit. War es das? Irgendwie scheint auch Kuno Lauener damit zu hadern. Im Interview mit Blick lässt er ein Türchen offen: «Ich habe Phasen, da finde ich alles super. Und dann solche, wo ich mich frage, wie ich heisse. Von dem her mal schauen, was es noch gibt. Zettel mit Textfragmenten hat es jedenfalls noch viele in meinem Büröli.»