Diesen Freitag erhält die grosse Schweizer Schauspielerin Lilo Pulver (91) den Ehrenpreis für ihr Lebenswerk anlässlich des Schweizer Filmpreises (Livestream aus den RTS-Studios in Genf ab 19 Uhr auf quartz.ch und der SRF-Website). Die Laudatio hält Bundesrat und Kulturminister Alain Berset (48). Im BLICK-Interview spricht sie über ihr Leben im Altersheim in Zeiten von Corona, über die Liebe, ihre Zukunftspläne und Träume.
Liebe Frau Pulver, herzliche Gratulation zum Ehrenpreis. Wissen Sie schon, wie Sie an diesem Anlass genau teilnehmen und was Sie bei der Ehrung sagen werden?
Ja, das weiss ich schon, aber ich verrate nichts.
Was bedeutet Ihnen dieser Preis?
Er bedeutet mir sehr viel, da es ein offizieller Kulturpreis meines Heimatlandes ist, also eine staatliche Würdigung meiner Karriere. Ich fühle mich damit wie 20.
Wird es auch eine Feier in Ihrer Altersresidenz, dem Berner Burgerspittel, geben?
Ich glaube eher nicht, das Virus erlaubt es zurzeit nicht.
Wie geht es Ihnen dort eigentlich, und wie darf man sich einen Tag in Ihrem Leben vorstellen?
Sehr gut. Ich habe meinen geregelten Lebensablauf, was ich sehr schätze, und bin rundum versorgt. Frühstücken in meinem Zimmer, Duschen, etwas Gymnastik, zurechtmachen für den Tag, kleinere Tagesangelegenheiten erledigen wie Coiffeur und Zahnarzttermin. Dann ist es auch schon Zeit zum Mittagessen. Ich bin immer eine der Ersten am Tisch. Danach ein Mittagsschläfchen und ein kleiner Spaziergang, ein bisschen Administration und Papierkram erledigen. Kaffeetrinken, Besuch empfangen, soweit durch die Corona-Beschränkungen möglich, und mich auf das Abendessen freuen. Ab und zu nehme ich an den organisierten Aktivitäten teil oder schaue fern. Und dann ist es auch schon wieder Zeit zum Schlafengehen.
Sind Sie eine ganz normale Heimbewohnerin oder immer noch der Filmstar, der von allen bewundert wird?
Absolut nicht, ich lege Wert darauf, wie eine ganz normale Heimbewohnerin behandelt zu werden.
Bern hat sich im Verlauf Ihres Lebens stark verändert. Welches ist heute Ihr persönlicher Lieblingsort Ihrer Heimatstadt und weshalb?
Nach wie vor die Altstadt, weil diese sich kaum verändert hat. Vieles ist auch noch ziemlich ähnlich wie damals, als ich ein Kind war. Auch die Umgebung meines Elternhauses am Malerweg im Länggass-Quartier hat sich kaum verändert.
Verbringen Sie eigentlich die ganze Zeit in Bern oder sind Sie ab und zu auch noch in Ihrem Haus am Genfersee?
Ich bin eigentlich die ganze Zeit hier, da fühle ich mich wohl. Zu Familienanlässen oder Feiern freue ich mich aber, meiner Familie am Genfersee ein Besüchlein abzustatten.
Wurden Sie schon gegen Corona geimpft?
Ja, ich war unter den Ersten. Am 15. März habe ich die zweite Impfung bekommen.
Sie haben in Ihrem langen Leben viel Spektakuläres und auch Dramatisches gesehen. Eine Pandemie-Situation wie jetzt ist aber auch für Sie neu. Wie haben Sie die Isolation und das ganze letzte Jahr erlebt?
Ich war in meinem persönlichen Alltag kaum eingeschränkt. Nur der Besuch wurde zeitweise reduziert und war nur unter gewissen Vorsichtsmassnahmen möglich. Den telefonischen Kontakt habe ich jedoch weiterhin gepflegt. Die Vorkehrungen im Burgerspittel waren ausserordentlich erfolgreich. Ich war vom Trubel um das Virus fast gar nicht betroffen.
Haben Sie in dieser Zeit auch Besuch erhalten? Oder hatten Sie mit Ihrem Sohn und seiner Familie per Videoanrufen Kontakt?
Ja, ich bekomme regelmässig Besuch von meinem Sohn Marc-Tell und meiner Schwiegertochter Kerstin, ab und zu ist auch mein Enkel Pascal dabei. Wir telefonieren auch fast jeden Abend. Bei Familienfeiern treffe ich auch meine Schwester Corinne und ihren Lebensgefährten Paul.
Gibt es heute manchmal Momente, in denen Sie froh wären, einen Partner an Ihrer Seite zu haben?
Ja natürlich, ich würde schon gerne einen interessanten Mann kennenlernen, der ähnliche Interessen hat wie ich und gut aussieht, mit dem ich mich über alles unterhalten kann und der mir Gesellschaft leistet.
Sie haben sich grundsätzlich von der Bühne verabschiedet. Was bräuchte es, damit Sie noch einmal in eine Produktion einwilligen würden? Welcher Regisseur hätte vielleicht Erfolg, wenn er sich ernsthaft um Sie bemühen würde?
Da muss ich Sie leider enttäuschen, ich bin jetzt eine glückliche Rentnerin und froh, keine Verpflichtungen mehr zu haben.
Auf welchen Film sind Sie am meisten stolz und weshalb?
Auf jeden, auf seine Art und Weise.
Und welchen Film hätten Sie gerne noch gedreht?
«Ben Hur» und «El Cid» (beim ersten Film war sie 1958 bereits für die Dostojewski-Verfilmung «Der Spieler» engagiert, beim zweiten kamen ihr 1960 die Dreharbeiten zu «Gustav Adolfs Page« dazwischen – Anmerkung der Red.).
Was würden Sie einer jungen Schauspielerin auf dem Sprung zur Karriere als Rat mit auf den Weg geben wollen?
Vorsicht bei der Unterschrift von Verträgen.
Es gibt bereits mehrere Buchpublikationen über Sie. Existieren auch konkrete Absichten, Ihren riesigen Schatz an Andenken und Dokumenten zu sammeln und der Allgemeinheit zugänglich zu machen, vielleicht in einem neuen Lilo-Pulver-Museum?
Das ist schon geregelt, ich habe alles dem Deutschen Filminstitut in Frankfurt vermacht.
Sie sind 91, wirken aber sehr rüstig und agil. Kommt der Ehrenpreis eigentlich nicht noch viel zu früh für Sie? Versprechen Sie uns, die 100 Jahre voll zu machen?
Versprechen kann ich es nicht, aber ich arbeite daran.
Welche Träume und Ziele haben Sie noch?
Mich nochmals zu verlieben.
Mit «Föhn» und «Heidelberger Romanze» spielt sich die Bernerin Lilo Pulver Anfang der 1950er-Jahre in Deutschland aus dem Stand in die erste Reihe der Publikumslieblinge, noch bevor sie mit den Uli-Filmen in der Schweiz einschlägt. Die nächsten knapp 20 Jahre – von «Ich denke oft an Piroschka» bis «Herrliche Zeiten im Spessart» – ist sie die erfolgreichste Schauspielerin im deutschsprachigen Raum.
Billy Wilder (1906–2002) bringt ihr komödiantisches Talent in «Eins, zwei, drei» 1961 zur Geltung. Und im Kriegsdrama «Zeit zu leben und Zeit zu sterben» von Douglas Sirk (1897–1987) brilliert Pulver 1958 im ernsten Fach.
Mit Ex-Filmpartner Helmut Schmid ist sie von 1961 bis zu dessen Tod 1992 verheiratet. Privat wird sie durch den Suizid ihrer Tochter Mélisande (1968–1989) erschüttert, der Ehe mit Schmid entstammt auch Sohn Marc-Tell (58). Heute lebt Pulver in der Berner Seniorenresidenz Burgerspittel.
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