Das macht trotz allem Mut! Die Schweizer Wirtschaft hat zwar soeben das schlechteste Quartal aller Zeiten hinter sich – und trotzdem gibt es einige Anzeichen, dass die Schweiz besser durch die Corona-Krise kommt als viele andere Staaten. BLICK wollte von namhaften Ökonomen wissen: Was macht die Schweiz denn anders, vielleicht sogar besser?
Zuerst zu den düsteren Fakten: Von April bis Juni ist die Schweizer Wirtschaftsleistung wegen Corona und des Lockdowns um 8,2 Prozent geschrumpft. Nun ist die Rezession amtlich, denn schon von Januar bis März ist das Bruttoinlandprodukt (BIP) um 2,5 Prozent eingebrochen.
Was es nicht besser macht: Gleichzeitig mit der Schweizer Wirtschaft ist die Weltwirtschaft in eine scharfe Rezession gestürzt. Schlecht für eine kleine offene Volkswirtschaft, die stark auf den Export und funktionierende Absatzmärkte angewiesen ist.
So schlimm war es noch nie
Denn die Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie waren global mehr oder weniger die gleichen und legten viele Wirtschaftszweige lahm: Fabriken stoppten die Produktion. Läden, Hotels sowie Restaurants liessen die Läden runter. Flugzeuge blieben am Boden. Touristen kamen keine mehr. Grossveranstaltungen gibt es bis heute noch keine.
Keine Finanzkrise, kein Ölpreisschock oder Börsencrash haben das geschafft. Das winzige Coronavirus schadet der Wirtschaft mehr als alles andere. Das macht selbst Experten fassungslos: Eric Scheidegger (59), Seco-Chefökonom und Leiter der Direktion für Wirtschaftspolitik: «Wir sind in einer schweren Rezession. So einen Einbruch habe ich noch nie erlebt.»
Als Rezession bezeichnet man eine Phase, in der das Produktionspotenzial einer Volkswirtschaft schlecht ausgelastet ist. Soll heissen, es wird nicht so viel produziert, wie eigentlich möglich wäre.
Typischerweise werden Rezessionen durch einen Rückgang der Nachfrage ausgelöst. Normalerweise führt eine Vielzahl kleiner Impulse zu dieser Veränderung. Es wird weniger gekauft und investiert. Dieser Prozess wirkt selbstverstärkend. Die Unternehmen senken ihre Produktion. Deshalb sinkt die Anzahl Arbeitsplätze, was sich erneut negativ auf den Konsum auswirkt.
In der Schweiz spricht man erst von einer Rezession, wenn in zwei Quartalen hintereinander die Wirtschaftstätigkeit sinkt, im Vergleich zum Vorjahr. Messbar ist dies anhand des Bruttoinlandproduktes.
Als Rezession bezeichnet man eine Phase, in der das Produktionspotenzial einer Volkswirtschaft schlecht ausgelastet ist. Soll heissen, es wird nicht so viel produziert, wie eigentlich möglich wäre.
Typischerweise werden Rezessionen durch einen Rückgang der Nachfrage ausgelöst. Normalerweise führt eine Vielzahl kleiner Impulse zu dieser Veränderung. Es wird weniger gekauft und investiert. Dieser Prozess wirkt selbstverstärkend. Die Unternehmen senken ihre Produktion. Deshalb sinkt die Anzahl Arbeitsplätze, was sich erneut negativ auf den Konsum auswirkt.
In der Schweiz spricht man erst von einer Rezession, wenn in zwei Quartalen hintereinander die Wirtschaftstätigkeit sinkt, im Vergleich zum Vorjahr. Messbar ist dies anhand des Bruttoinlandproduktes.
Trotzdem: Wir sind deutlich besser durch die Krise gekommen als die meisten unserer Nachbarstaaten, stehen besser da als viele grosse Volkswirtschaften. Das heisst: Die Schweizer Wirtschaft ist weniger stark geschrumpft.
Einige Beispiele: Das Bruttoinlandprodukt Deutschlands ist im zweiten Quartal um 10,1 Prozent eingebrochen. Das von Frankreich gar um 13,8 Prozent. Spanien ist in die tiefste Rezession seiner Geschichte gerutscht – das BIP-Minus hier: 18,5 Prozent! Der BIP-Taucher in Italien: 12,4 Prozent.
Das machen wir besser als die anderen
Es sind wenige, aber entscheidende Faktoren, die dazu beitragen, dass die Schweiz besser durch die Krise kommt als andere. Das sind die vier Erfolgsfaktoren:
Eine gut strukturierte Wirtschaft: «Die Struktur der Schweizer Wirtschaft hilft in der Krise», sagt Jan-Egbert Sturm (51), Leiter der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich. «Der starke Pharmasektor ebenso wie der sogenannte Transithandel. Viele Rohstoffe werden über die Schweiz gehandelt. Das hat die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal unterstützt.» Der Rohstoffhandel schafft zwar nicht viele Jobs, spült der Schweiz aber einiges an Geld in die Kassen.
Martin Eichler (53), Chefökonom von BAK Economics, ergänzt: «Der Tourismus in der Schweiz ist zwar wichtig, aber bei weitem nicht so bedeutend wie etwa in Frankreich, Italien oder Spanien.» Oder auch in Österreich. Das heisst, das Wehklagen der Gastro- und Hotelleriebranche ist zwar berechtigt, aber lauter, als es der Bedeutung der Branche entsprechen würde.
Corona: KOF-Direktor warnt vor anhaltender Wirtschaftskrise
Eine Regierung mit Augenmass: Alle von BLICK befragten Ökonomen winden dem Bundesrat ein Kränzchen! «Die Regierung hat gut auf den Ausbruch der Krise reagiert, lobt Arturo Bris (53), Professor für Finanzen und Wettbewerbsfähigkeit an der Kaderschmiede IMD in Lausanne. «Die Massnahmen während des Lockdowns waren weniger restriktiv als anderswo», so der Basler Konjunkturforscher Eichler. «Der Bundesrat hat das richtige Mass gefunden.»
Ein Spaziergang zur Entspannung war auch im Homeoffice während des Lockdowns in der Schweiz immer möglich. Das ist gut für die Produktivität. Ausgangssperren waren hierzulande nie ein Thema. Zudem habe die Regierung der Wirtschaft schnell und unbürokratisch geholfen», betont Eichler. Und auch Sturm findet: «Die Schweiz hat im Lockdown sehr gut reagiert. Das muss man wirklich einmal lobend erwähnen!» Das zeige, wie flexibel die Schweizer Politik reagieren kann.
Staatsfinanzen im Lot: Diese Flexibilität muss man sich allerdings auch leisten können. «Die finanzielle Stärke der Schweiz, das heisst die tiefe Staatsverschuldung, hat es sehr erleichtert, Firmen sowie Menschen zu unterstützen. Dem pflichtet Eichler bei: «Die Schweiz hat mehr finanzielle Reserven als andere Länder. Das erleichtert es, in der Krise Massnahmen zu ergreifen.»
Anpassungsfähige Firmen und Büezer: Der Spanier Bris zeichnet am IMD jedes Jahr die wettbewerbsfähigsten Länder der Welt aus. Dieses Jahr belegt die Schweiz Rang 3. Ein wichtiger Faktor: «Die Schweizer Firmen sind sehr agil, können sich schnell an eine neue Verhältnisse anpassen», erklärt der Experte für Wettbewerb. Das gelte übrigens auch die Arbeitnehmer in der Schweiz, die sich schnell im Homeoffice zurechtgefunden haben.
Nur das Virus kann die Schweiz nicht beeinflussen
Wie schnell die Schweiz allerdings aus der Krise kommt, das kann unser Land bei all seinen Qualitäten nur bedingt beeinflussen. Denn das hängt vom weiteren Verlauf der Pandemie ab. Denn erst wenn das Virus keine Bedrohung mehr für Alltag ist, kann auch Wirtschaft wieder so brummen wie vor der Ausbruch der Corona-Krise. Doch dafür braucht einen Impfstoff oder ein Medikament, das so gut wirkt, dass niemand mehr Angst haben muss, wenn er oder sie sich mit dem Virus ansteckt.