Die Abstimmung über die «Energiestrategie 2050» markierte einen Höhepunkt in der Karriere von alt Bundesrätin Doris Leuthard (58): Sensationelle 58 Prozent sagten Ja zu ihrem Vorhaben, den Ausstoss von Treibhausgasen zu reduzieren, die Atomkraft hinter uns zu lassen und nachhaltige Technologien zu fördern.
Damals – anno 2017 – ging es um die ferne Zukunft, um das Jahr 2050. Da ist es einfach, zu allem Möglichen Ja zu sagen. Wer wäre nicht für die Rettung des Klimas?
Beim CO₂-Gesetz hingegen, über das wir am 13. Juni abstimmen, geht es ums Hier und Jetzt.
Und plötzlich ist der Wille zur Veränderung bei vielen nicht mehr ganz so ausgeprägt. Laut Umfragen ist die Zustimmung zumCO₂-Gesetz alles andere als sicher, obwohl nur eine Mini-Koalition für das Nein wirbt: Öl- und Autolobby, die SVP und ein paar FDP-Kantonalparteien.
Nun, wo es konkret wird, zeigt sich, dass die Rettung des Klimas wehtut – entweder weil wir verzichten müssen, oder weil Umweltschutz etwas kostet.
Die Schweiz gehört zu den 195 Staaten, die das Pariser Abkommen von 2015 unterzeichnet haben. DasCO₂-Gesetz ist der Prüfstein, ob unser Land den hehren Worten auch Taten folgen lässt – und den Klimawandel nachhaltig verlangsamen will.
Das aber gibt es nicht gratis.
- Falls derCO₂-Ausstoss nicht von allein zurückgeht, wird die Abgabe auf Heizöl erhöht.
- Der Benzinpreis steigt um bis zu 12 Rappen pro Liter.
- Jeder Flug ab einem Schweizer Flughafen kostet zwischen 30 und 120 Franken mehr.
Zur Hälfte fliessen diese Lenkungsabgaben gleichmässig verteilt an uns alle zurück, der Rest wird in neue Technologien, Sanierungen und Infrastruktur-Massnahmen investiert.
Nun lässt sich wie bei jedem neuen Paragrafenwerk auch amCO₂-Gesetz dieses oder jenes kritisieren. Entscheidend jedoch ist etwas anderes: Es operiert nicht mit der Brechstange, sondern stellt einen moderaten Kompromiss dar, der ohne Verbote auskommt und stattdessen Anreize schafft: Wer saubere Energie verwendet, zahlt weniger; werCO₂ produziert, zahlt mehr.
Wer wirklich etwas gegen den Klimawandel unternehmen will, kommt nicht umhin, mit Ja zu stimmen. Wer am 13. Juni Nein stimmt, soll so ehrlich sein und zugeben, dass er oder sie rein gar nichts ändern möchte. Denn etwas anderes – vor allem Besseres – wird so schnell nicht kommen. Wer weniger will als dasCO₂-Gesetz, dem bleiben eigentlich nur Lippenbekenntnisse für den Sankt-Nimmerleins-Tag.
Dass die Schweiz bloss für 0,1 Prozent des weltweiten CO2-Ausstosses verantwortlich sei, ist da das allerdümmste Argument. Ebenso gut könnte man behaupten, auf eine einzelne Stimme komme es nicht an – und am Abstimmungssonntag zu Hause bleiben.