Über die Bundesratswahlen
Grüssen lohnt sich!

Die Wahl von Aussenseiterin Elisabeth Baume-Schneider beweist eindrücklich: Am Schluss entscheiden Machtüberlegungen und das Menschliche.
Publiziert: 07.12.2022 um 18:44 Uhr
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Aktualisiert: 08.12.2022 um 07:15 Uhr
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Mit Elisabeth Baume-Schneider (58) wählt das Parlament erstmals seit langem nicht einfach den Favoriten oder die Favoritin.
Foto: keystone-sda.ch
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Christian Dorer

Was für ein Jura-Coup! Erstmals seit langem wählt das Parlament nicht einfach den Favoriten oder die Favoritin. Sondern Elisabeth Baume-Schneider (58), die jurassische SP-Ständerätin und Aussenseiterin in dieser Bundesratswahl.

Haushohe Favoritin war die Basler Ständerätin Eva Herzog (60), weil sie bekannter ist und als erfahrener, dossierfester gilt. Vieles deutet darauf hin, dass die SP Baume-Schneider nur deshalb aufs Ticket setzte, damit Herzog auch ganz sicher gewählt werde.

Damit hat sie sich verzockt. Zum einen haben mehrere Parteien aus machtpolitischen Gründen das grössere Interesse an einer konzilianten welschen SP-Bundesrätin als an einer knallharten Deutschschweizerin.

Zum anderen zählt das Menschliche mehr, als man denkt. Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier entscheiden am Ende allein für sich, wen sie auf ihren Wahlzettel schreiben. Und das ist ganz bestimmt niemand, mit dem sie mal eine schlechte Erfahrung gemacht haben.

Herzog gilt nicht nur als kühl und distanziert, von vielen Parlamentarierinnen hört man auch: «Bevor sie Kandidatin war, hat sie mich nie gegrüsst!» Und dann kam diese frische, fröhliche, unkomplizierte Jurassierin, die die Herzen im Sturm eroberte …

Jetzt ist Basel wütend, weil es nach fast 50 Jahren des Wartens auf einen eigenen Bundesrat wieder nicht geklappt hat. Die Städte sind irritiert, weil niemand im Bundesrat urbaner Herkunft ist. Mancher Deutschschweizer grollt, weil die lateinische Schweiz jetzt die Mehrheit hat.

Dabei ist es grossartig, dass der jüngste aller Kantone im 45. Jahr seiner Existenz zum ersten Mal im Bundesrat vertreten ist!

Und wann ist ein Bundesrat ausgewogen? Deutschschweiz, Romandie, Tessin, männlich, weiblich, städtisch, ländlich, Geberkanton, Nehmerkanton, man könnte ergänzen studiert/nichtstudiert, hetero/homo/nonbinär, reich/arm, Secondo/Urschweizer … Die Liste ist unendlich, den perfekten Mix gibt es nicht. Es ist auch nicht entscheidend: Unsere Demokratie funktioniert ebenso gut, wenn die lateinische Schweiz und die ländliche Schweiz eine gewisse Zeit übervertreten sind.

Viel wichtiger: Am Mittwoch wurden mit Albert Rösti (55) und Elisabeth Baume-Schneider zwei Mitglieder in den Bundesrat gewählt, die das Gegenteil des «Kei Luscht» von Ueli Maurer verkörpern: Sie strahlen beide eine unglaubliche Freude am Amt aus – Freude gepaart mit Respekt vor der Aufgabe. Und man glaubt ihnen, dass sie das Beste wollen für die Schweiz und nicht primär für sich selber oder für ihre Partei.

Das sind schon mal sehr gute Voraussetzungen. Wie sich jemand im Bundesrat bewährt, zeigt ohnehin erst die Praxis.

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