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Nasenaffe statt Angorakatze

Eine immer grössere Vielfalt an Tierfutter in den Regalen, aber immer weniger wilde Tiere in den Regenwäldern – eine Veterinärin macht klar, warum sie deswegen lieber Schuppentiere als Meerschweinchen pflegt.
Publiziert: 17.10.2020 um 15:02 Uhr
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Aktualisiert: 31.10.2020 um 14:46 Uhr
ausgelesen von Dr. phil. Daniel Arnet

Schnuppi und Blacky hiessen die beiden Meerschweinchen, die ich als Kind hatte. Ursprünglich kommen die putzig-pelzigen Tierchen zwar aus Südamerika, sind aber so häuslich und zahm wie Katze, Hund oder Pferd. Exotisch und wild sind dagegen die Tiere, mit denen sich die deutsche Tierärztin Hannah Emde (27) umgibt. Nasenaffe, Schuppentier und Sonnenbär nimmt sie aber nicht zu sich nach Hause, sie geht zu ihnen nach draussen in den Urwald.

Als Tochter einer Biologin und eines Forstwissenschaftlers in Bonn (D) aufgewachsen, durften sie und ihre Schwester im Kindesalter mit dem Dackel Lotta Gassi gehen. Aber schon nach dem Abitur zog es Hannah Emde für ein Jahr zu Meeresschildkröten auf die Philippinen. Zurück in Deutschland, studierte sie Veterinärmedizin, um gleich wieder in den Busch zu gehen. «Ich bin keine gewöhnliche Tierärztin, die sich um Hunde oder Pferde kümmert», sagt Emde auf Vortragstouren in Schulen. «Vor allem beschäftige ich mich mit wilden Tieren.»

«Als Tierärztin im Dschungel» heisst der Untertitel ihres Erfahrungsberichts «Abenteuer Artenschutz», den sie in diesen Wochen veröffentlichte. Darin schildert sie in persönlichen Worten, wie sie in Guatemala Aras vor invasiven Bienenschwärmen rettet oder in Borneo ihre erste Zibetkatze narkotisiert. «Sehr cool! Allerdings muss ich zugeben, dass es gar kein allzu grosser Unterschied zu den Katzen oder Hunden in der Klinik ist», schreibt Emde. «Nur natürlich etwas wilder, fremder und in der freien Natur.»

Allerdings gelte für die Obduktion eines toten Nasenaffen eine andere Sicherheitsvorschrift, als sie es von gewöhnlichen Haustieren gewohnt sei. «Affen sind uns in ihrem Genom so ähnlich, dass ihre Krankheiten viel gefährlicher für uns Menschen sind», schreibt Emde. «Deswegen auch die luftdichte Schutzbekleidung.» Und sie macht auf eine Gefahr aufmerksam, die vielen erst durch Corona bewusst wurde: «Viele Viren und andere Krankheitserreger werden auf unhygienischen, kaum regulierten Wildtiermärkten übertragen.»

Der weltweite Handel mit Wildtieren ist für Emde neben der Zerstörung von Lebensraum, Umweltverschmutzung und Klimawandel der Hauptfaktor für den dramatischen Verlust der Artenvielfalt. «Das Ergebnis des Artenschutzberichts ist erschreckend: Immer mehr Tier- und Pflanzenarten sind vom Aussterben bedroht», schreibt Emde. Erst letzten Monat veröffentlichte die Umweltorganisation WWF einen Bericht, wonach der Mensch in den vergangenen 50 Jahren mehr als zwei Drittel der untersuchten Tierwelt vernichtete.

Doch Emde gibt nicht auf: Mit viel Enthusiasmus und einem eigenen Verein hat sie sich dem Artenschutz verschrieben. «Nein, zu spät ist es noch nicht für den Erhalt der Tiere und Wälder», so Emde in ihrem Buch. «Wir müssen nur endlich viel entschlossener damit beginnen.» Die Verantwortung fange schon beim eigenen Verhalten an: Ein bewusster Konsum und ein für sich selbst passender nachhaltiger Lebensstil stellen die Weichen für den Schutz unserer Umwelt und damit auch der Arten.

Hannah Emde, «Abenteuer Artenschutz – als Tierärztin im Dschungel», Malik

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