Thomas Meyer rät vom Katzenhalten ab
Das putzige Pelztier ist ein Killer

Ich möchte mir eine Katze zulegen. Eine Freundin meinte aber, Katzen würden haufenweise Kleintiere töten. Nun bin ich unsicher.
Publiziert: 17.10.2020 um 14:11 Uhr
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Aktualisiert: 28.10.2020 um 09:16 Uhr
Thomas Meyer, Schriftsteller.
Foto: Thomas Meier

Ihre Freundin hat recht. Katzen sind zwar ebenso faszinierende wie flauschige Lebensbegleiter, aber auch skrupellose Killer, denen in der Schweiz jedes Jahr mehr als zehn Millionen Wildtiere zum Opfer fallen: Mäuse, Eidechsen, Blindschleichen und vor allem Vögel. Deren Bestände sind ohnehin schon stark dezimiert, weil sie angesichts der von masslosem Pestizideinsatz und Monokultur beherrschten Landwirtschaft auf den Feldern und Wiesen kaum noch Nahrung finden. Deswegen ziehen sie sich zusehends in die Städte zurück, wo sie in den Gärten und Parks waldähnliche Lebensbedingungen vorfinden. Allerdings auch eine Armee von lauernden Katzen: In Zürich sind es 600 Exemplare pro Quadratkilometer, die jedoch nicht von Hunger getrieben sind, den haben sie ja bereits zu Hause am Napf gestillt, sondern von purer Mordlust. Katzen jagen auch, wenn sie satt sind. Der Instinkt ist ihnen auch nach Tausenden Jahren der Domestizierung noch immer angeboren. Für die Vögel, vor allem die frisch geschlüpften, sind sie dadurch eine grössere Gefahr als alle Fensterscheiben, Windräder und Pestizide zusammen.

In den USA sterben jährlich 3,7 Milliarden von ihnen durch die scharfen Krallen und Zähne der Hauskatze, ausserdem 20 Milliarden kleine Säugetiere. Sie sollten sich also gut überlegen, ob Sie dieses Massaker unterstützen wollen, indem Sie einen weiteren vierbeinigen Massenmörder in die Schlacht werfen. Für Sie ist es natürlich toll, ein putziges Pelztierchen auf dem Schoss zu haben, aber unzählige Amseln, Kohlmeisen und Spatzen und viele Kleintiere mehr werden deutlich weniger freundliche Begegnungen mit Ihrem Mitbewohner haben. Viele Katzenhalter blenden das gern aus oder schreiben es dem Lauf der Natur zu. Von der haben wir uns aber so weit entfernt, dass eine Neubeurteilung notwendig ist.

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