Es gibt einige wenige Bilder aus dem Geschichtsunterricht, die ich nie mehr vergessen werde. Der französische König Ludwig XIV, der in High Heels und Mantel – der wie eine Bettdecke aussieht – posiert. Das Konzentrationslager in Auschwitz mit den Gleisen. Oder Ex-US-Präsident John F. Kennedy winkend in seiner Limousine kurz vor seiner Ermordung.
Die Bilder aus Butscha (Ukraine) von vergangener Woche gehören nun wohl auch auf diese Liste. Ich sass zuhause auf dem Sofa, als ich erstmals die Fotos auf Twitter vom russischen Massaker gesehen habe. Leichen, auf der ganzen Strasse verteilt. Weitere Details erspare ich Ihnen. Nur so viel: Mir wurde übel.
Russische Propaganda scheitert im Interview
Übel ist auch, wie Russland die Geschehnisse in Butscha wegzuwischen versucht. Alles «fake», die Leichen seien von der Ukraine auf der Strasse platziert worden. Auch die russische Botschaft in Bern verbreitet dieselbe Propaganda, die man schon nach der Bombardierung eines Kinderspitals in Mariupol bemüht hatte. Dumm nur, dass die «New York Times» diese Woche mit Satellitenbildern die Russen zweifelsfrei der Lüge überführen kann.
Trotzdem wagt sich Wladimir Putins Sprecher höchstpersönlich am Donnerstag ins westliche Fernsehen. Dmitri Peskow gewährt dem britischen TV-Sender Sky News ein 30-minütiges Interview. Live zugeschaltet aus seinem Büro in Moskau versucht er, die russische Propaganda im Westen zu verbreiten. Die Anschuldigungen gegen Moskau? Alles «fake».
Ein Interview für die Geschichtsbücher?
Doch Peskow, der Propaganda-Chef des Kremls, scheitert auf ganzer Linie. Die britische Journalistenlegende Mark Austin, bestens vorbereitet, entlarvt die Lügen von Putins Sprecher nach Strich und Faden. Es war ein wahrlich beeindruckendes Schauspiel im Live-TV; ein Interview, das Austin stets anständig, aber entschlossen führt.
Und es machte auch einen Unterschied. Letztlich musste Peskow nämlich erstmals öffentlich «schwere Verluste Russlands» einräumen, ja sprach sogar von einer «Tragödie» in Bezug auf die getöteten russischen Soldaten.
Für mich ist es schon jetzt das Interview des Jahres. Und vielleicht findet es auch einen Platz in den Geschichtsbüchern? Wir sollten uns auf alle Fälle noch lange daran erinnern.