Kolumne «Alles wird gut» über Frauen in traditionellen Ehen
Die Sehnsucht nach Heim und Herd

Wenn Estee Williams (25) etwas kaufen will, das mehr als 100 Dollar kostet, fragt sie ihren Mann um Erlaubnis. Sie ist ein Aushängeschild der Tradwives-Bewegung, die das alte Rollenbild der Hausfrau zelebriert. Das ist zwar geschichtsvergessen, aber höchst aktuell.
Publiziert: 05.06.2023 um 06:00 Uhr
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Aktualisiert: 04.06.2023 um 17:20 Uhr
Estee Williams (25) ist Influencerin und ist Vertretende der Tradwifes (Traditional Wifes).
Foto: Instagram
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Ursula von ArxJournalistin und Buchautorin

Gute, alte Werte feiern ein mächtiges Comeback. Etwa die traditionelle Ehe. Nur, wie war die einst? In den Fünfzigerjahren in der Schweiz zum Beispiel?

Da war der Mann das «Familienoberhaupt», er konnte den Wohnsitz bestimmen. Kaum eine Ehefrau arbeitete ausser Haus, tat dies eine doch, konnte der Mann ihr Arbeitsverhältnis nach Belieben kündigen und über ihr Einkommen verfügen. Vergewaltigung in der Ehe war nicht strafbar.

Estee Williams (25) lebt in den USA und sehnt sich leidenschaftlich nach dieser Zeit zurück. Sie ist ein prominentes Gesicht der Tradwives-Bewegung aus den USA, die die «traditionelle Ehefrau» mit grossem Aufwand performt, bewirbt, verteidigt.

In meist tief dekolletierten Blumenkleidern, mit überwältigender Platinblondheit und feuchtglänzenden Lippen präsentiert Estee Williams auf Instagram oder Tiktok ihre Tipps und Tage, die angefüllt sind mit Putzen, Kochen, Schönheitspflege. Sie sieht sich nicht als «unterdrückt», weil sie es liebt, ihrem Mann die Lunchbox mit einem selbst gebackenen Pfannkuchen zu füllen. Dass sie noch nie die Hemden zählte, die sie gebügelt hat, begreift sie keineswegs als Beweis ängstlicher Ergebenheit in eine aufgezwungene Arbeit. Denn sie tut alles aus freien Stücken.

Wenn sie etwas kaufen will, das mehr als 100 Dollar kostet, ruft sie ihren Mann an und fragt um Erlaubnis, auch das aus eigener Überzeugung: Es sei ein Zeichen von «Respekt», sagt Estee Williams und besteht darauf, ihre Identität in seiner zu finden: «Ich stelle die Bedürfnisse meines Mannes über meine. Das erfüllt mich mit Befriedigung und meine Ehe mit Glück.»

Mit ihren geschichtsvergessenen Social-Media-Auftritten ist Estee Williams eine fleischgewordene Männerfantasie. Aber sie bringt auch in vielen Frauen eine Saite zum Klingen, vor allem bei Müttern, die der Anspruch, Familie und Beruf zu vereinbaren, gelegentlich an den Rand des Nervenzusammenbruchs bringt.

Die Tradwives fliehen vor der Doppelbelastung durch Beruf und Familie und ziehen sich ins Haus zurück. Das muss man sich leisten können. In Europa wählen auch wohlhabende jüngere Frauen mehrheitlich eine andere Strategie, das zeigt die neuste Vermächtnisstudie des Wissenschaftszentrums Berlin (WZB). Kinder sind ihnen nicht mehr so wichtig. Sie ziehen sich lieber ins ruhige Berufsleben zurück als in den hektischen Haushalt. Alles wird gut.

Ursula von Arx ist froh, dass es immer noch viele Frauen gibt, die sich nicht für Kinder oder Karriere entscheiden, sondern dafür kämpfen, die Doppelbelastung zwischen den Eltern aufzuteilen. Von Arx schreibt jeden zweiten Montag im Blick.

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