Man schrieb den 13. Juli 1977, als Regisseur Richard Donner (1930–2021) seiner Filmcrew das Zeichen gab: Action! Sie drehten in New York gerade den ersten Teil der Comicserie «Superman». Doch um 21.34 Uhr Ortszeit sorgte nicht der Hauptdarsteller Christopher Reeve für Action, sondern zwei Blitzschläge, die einen Transformator der städtischen Elektrizitätsgesellschaft lahmlegten. Die Nebenrolle spielte eine lockere Schraube in einer Schaltstelle, die zu einem Kurzschluss geführt hatte.
New York ohne Strom, alle Strassen- und Schaufensterbeleuchtungen erloschen, U-Bahnen blieben stehen, Tausende blieben in Fahrstühlen stecken.
Während Celebritys wie Woody Allen und Al Pacino auf der Upper East Side «Open-Air-Blackout-Party» feierten, brach in anderen Gegenden das Chaos aus. Menschen zertrümmerten Schaufenster und nahmen alles mit, was nicht niet- und nagelfest war. Verzweifelte Ladenbesitzer verteidigten mit Baseballschlägern und Schusswaffen ihre Existenzgrundlage. Vergebens. Gegen die marodierenden Horden, die reihenweise Häuser abfackelten, hatten sie keine Chance.
25-Stunden-Fest für Plünderer
Ganze Stadtviertel wurden zerstört, Plünderer überfielen Plünderer. Die 8000 eingesetzten NYPD-Polizisten waren überfordert, etliche wurden schwer verletzt. «Das ist die Nacht der Tiere», sagte ein Polizist. Als das Licht nach 25 Stunden wieder anging, rief der Bürgermeister: «Christmas is over.»
Auch wenn die Schweiz nicht die USA ist und ein möglicherweise monatelanger Strommangel im Winter angekündigt würde: Die Haut der Zivilisation ist dünn. Informieren die Behörden im Voraus, in welchen Quartieren der Strom für einige Stunden abgestellt wird, sind auch Kriminelle informiert.
Wie wärs in der Schweiz?
Im Juni hatte ein Mob von rund 2500 jungen Nordafrikanern den italienischen Badeort Peschiera del Garda heimgesucht, Läden geplündert und Frauen sexuell bedrängt. Es braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, was bei einem längeren Stromunterbruch in Europas No-go-Areas zwischen Birmingham, Berlin und Malmö geschieht.
Und in der Schweiz? Wird der Staat seine Bürger schützen können? Gemäss Justiz- und Polizeidepartement haben die Anträge für Waffenerwerbsscheine (verglichen mit dem Vorjahr) um 25 Prozent zugenommen.
Claude Cueni (66) ist Schriftsteller und lebt in Basel. Er schreibt jeden zweiten Freitag im Blick. Soeben ist sein Thriller «Dirty Talking» erschienen.