Als ich jung war, fuhren junge Leute alte Autos. Neuwagen waren unerschwinglich und galten ausserdem als spiessig.
Wir Mädchen sassen in lärmigen Fiat Unos oder Mini-Coopers, Benzinverbrauch war uns schnuppe, wir tankten ohnehin höchstens für einen Zwanziger-Schein. Die Jungs schraubten in ihrer Freizeit an Liebhaber-Modellen herum, Mercedes-Limousinen oder amerikanische Strassenkreuzer – Autos, mit denen ich nicht viel anfangen konnte: zu gross, zu protzig.
Dann erstand ein Freund als Occasion einen Range Rover, einen Unfallwagen, der ihn nicht viel Geld, aber jede Menge Aufwand kosten sollte, und ich verliebte mich auf den ersten Blick. Sein hochbeiniges, etwas kantiges Chassis, das grosszügige Cockpit mit den technisch-simplen Armaturen, die Vordersitze voneinander getrennt wie in alten Propellermaschinen, bezogen mit einem Leder wie für die Ewigkeit. Dazu praktische Halterungen, Netze, Ablagen an Orten, wie ich sie noch in keinem Auto gesehen hatte.
Ein Gefühl, wie über afrikanische Steppen zu fliegen
Dieser merkwürdige Jeep löste die romantischsten Assoziationen in mir aus – als Beifahrerin auf heimischen Waldwegen, an einsamen Stränden fühlte ich mich wie die Schriftstellerin Tania Blixen, wenn sie an der Seite von Grosswildjäger Denys Finch Hatton über die ostafrikanischen Steppen flog.
Meine Erinnerungen spielen Mitte der Achtzigerjahre des letzten Jahrhunderts, in einer Ära der gefühlten Unschuld, was individuellen Strassenverkehr, das Rauchen in Büroräumen und den Verzehr von tierischen Produkten anging. Ein Bewusstsein dafür, dass wir alle dazu beitrugen, unseren Planeten zu überfordern mit überflüssigen privaten Exzessen, existierte nur rudimentär. Noch war in meiner Welt «Grün» Synonym für schlechte Laune und noch schlechterem Kleider-Stil.
Plug-in-Hybrid ginge gerade noch, doch Kleinwagen ist besser
Heute sind die Menschen mit einem Bewusstsein für die Überlebensstrategien unserer Wälder und Strände weltweit auf dem Vormarsch. Autos müssen sich etwas einfallen lassen, wenn sie noch Käufer finden wollen, Radtouren über Land und Spaziergänge am Meer gelten jetzt als ultimative Freizeitgestaltung. Der gut fünfzig Jahre alte Range Rover hat als Plug-in-Hybrid überlebt – aber selbst in unserer Garage steht inzwischen ein sparsamer Kleinwagen. Mein Leben hat dennoch nichts an Romantik verloren und mein Lifestyle nichts an Stil. Vielleicht, weil nichts so entschieden altert wie die Definition von Freiheit und Abenteuer.
Lisa Feldmann hat sich schon als Chefredaktorin der Zeitschrift «Annabelle» über die tiefere Bedeutung unserer alltäglichen Lifestyle-Produkte Gedanken gemacht. Heute liest man darüber jeden zweiten Samstag im Blick und auf Instagram unter feldmanntrommelt