Lachend steht Boris Egli vor dem Hauseingang beim überdeckten Autoeinstellplatz und empfängt BLICK, nachdem er die Journalistin über das Handy zum Eingang lotsen musste. «Das geht vielen Besuchern so, die zum ersten Mal zu mir kommen», sagt der 43-jährige Architekt.
Das Glashaus mit einer Länge von neun Metern und einer Breite von fünf Metern steht auf einem Grundstück von gerade einmal 291 Quadratmetern unterhalb von Regensberg ZH. Es ist in den ehemaligen Rebhang gebaut und nicht leicht einsehbar.
Verschmähtes Bauland zu erschwinglichem Preis
Wenig Platz zum Bauen und das erst noch an Hanglage, da verwundert es nicht, dass es für dieses Grundstück über lange Zeit keine Interessenten gab. Für 50'000 Franken hat Egli das Grundstück erworben und für sich und seine Familie 2014 ein aussergewöhnliches Einfamilienhaus erstellt. «Wir hatten schon länger den Wunsch, für uns selber ein Haus zu bauen», erklärt der Architekt. Er ist Mitinhaber von L3P Architekten in Regensberg und wohnte mit seiner Familie im historischen Städtchen im Zürcher Unterland.
Schnell konnte er seine damalige Frau von seinem Bauprojekt überzeugen und stellte sich der Herausforderung, ein architektonisch ansprechendes, aber auch funktionales Einfamilienhaus mit ausreichend Platz auf dem Minigrundstück zu erstellen.
Grosszügiges Raumgefühl durch Transparenz
Beton, Glas und Holz sind die dominierenden Elemente des Einfamilienhauses. Egli hat sich von den nahen Reben inspirieren lassen und sein kleines Haus einem Rebstock gleich, in die Höhe wachsen lassen mit Sicht in alle Himmelsrichtungen.
Man geht durch das Haus und die Räume durchs Haus. Durch die offene Bauweise, unterschiedlichen Niveaus und die überdimensionalen Glasfronten mit Weitsicht konnte ein grosszügiges Raumgefühl geschaffen werden. «Transparenz schafft ein grosszügiges Raumgefühl», erklärt der Architekt.
Knallfarben zwischen grauem Beton
Im unteren Eingangsbereich des freistehenden Viereinhalbzimmer- Einfamilienhaus sind die Zimmer der beiden Kinder. Sie haben in ihrem Reich eine eigene Dusche und WC. Oberlichter und Fenster unterhalb der Decke sorgen für Tageslicht in den Zimmern, die sich im Erdreich im Hang befinden.
Egli vergleicht das Kinderreich mit einer gemütlichen Höhle. Man könnte es auch als Wurzelstock seiner gebauten Glas-Rebe sehen. Leuchtendes Gelb sorgt neben dem grauen Beton für Farbe im Kinderreich. Darüber befindet sich eine Liegeecke, bevor es in das nächsthöhere «Geäst» mit der «Glastraube» – dem Essbereich geht. Erhöht versetzt ist einer der Lieblingsplätze der zehnjährigen Tochter : Eine Hängematte auf einem leicht erhöhten Podest, hängt von der hohen Decke und wirkt dank der Glasfronten mit Blick in die Natur wie ein Aussenraum und grenzt an den kleinen Wohnraum von 15 Quadratmetern.
Trotz viel Beton ist das Haus warm. Einerseits durch die Bodenheizung, andererseits durch Knallfarben. So ist die Küche in knalligem Magenta und im Schlafzimmer mit Ankleide und Dusche in der obersten Etage in Violett. Selbst für eine freistehende Badewanne fand sich noch Platz im Elternzimmer.
Moderne Architektur integriert in die Natur
Auch im Aussenbereich war nur wenig Platz vorhanden. Dem Architekten war bei seinem Projekt wichtig, dass sich sein Haus in die Landschaft integriert und er bestehende Bäume wie eine riesige Nordmanntanne oder der dreistämmiger Kirschbaum bestehen bleibt. Damit hat er nicht nur die Natur geschont und auf Nachhaltigkeit gesetzt.
Die Äste reichen fast bis in die Fenster und lassen sich die Bewohner im Innern fast wie im Freien leben. «Zu jeder Jahreszeit haben wir mit diesen Bäumen ein anderes Bild vor Augen.», schwärmt Egli und erklärt ausführlich seine Philosophie und verschiedene weitere Bauprojekte, die er realisiert hat oder demnächst umsetzen möchte. «Problemstellungen motivieren mich, nach individuellen Lösungen zu suchen, die optisch und funktionell für die Bauherrschaft passen.»
Dem Zeitgeist entsprechend bauen
Rund 1,3 Millionen Franken und gegen 3500 Stunden Denkarbeit hat das Haus Architekt Egli schlussendlich gekostet. Gebracht hat es ihm mehrere internationale Auszeichnungen und mediale Aufmerksamkeit. «Klar sind die Auszeichnungen toll, das war aber nicht mein primäres Ziel.»
Viel mehr wollte er für sich und die Familie ein Eigenheim schaffen und aufzeigen, wie auch auf schwierigen Grundstücken und wenig Fläche, moderne Wohnträume wahr werden können. Ganz dem Zeitgeist von immer knapper werdendem Bauland entsprechend.