Thomas Meyer rät
Rassismus als Zeichen der Respektlosigkeit

«Meine Chefin weiss, dass ich einen dunkelhäutigen Mann habe. Trotzdem macht sie dauernd rassistische Sprüche. Warum?» schreibt unsere Leserin. Mehr zum Thema in der Kolumne vom Zürcher Schriftsteller Thomas Meyer.
Publiziert: 07.12.2017 um 15:26 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 16:51 Uhr
Warum macht man rassistische Bemerkungen?
Foto: Getty Images - Symbolbild

Sie sind ein guter Mensch. Sie gehen nämlich davon aus, dass die blosse Existenz Ihrer interkulturellen Liebesbeziehung ausreicht, einen Rassisten zum demutsvollen Schweigen oder gar zum progressiven Umdenken zu bringen. Aber leider ist das zu viel verlangt. Oder besser: Es verkennt die Logik des Rassismus.

Warum macht man rassistische Bemerkungen?

Ein Rassist lebt in der irrwitzigen Überzeugung, dass seine feindselige Haltung eine ebenso gesunde wie notwendige Reaktion auf eine Bedrohung sei, die von einer bestimmten Gruppe ausgeht – und zwar von jedem Einzelnen ihrer Vertreter. In seinen Augen ist ausnahmslos jeder Dunkelhäutige ein Vergewaltiger, Dieb oder Terrorist. Und wo dem nicht so ist, wird es bestimmt bald so sein! Wer mit sich selbst und seinem Leben zufrieden ist, denkt und spricht nicht so. Allein schon, weil er keine Zeit dafür hat – er ist viel zu beschäftigt damit, sich zu freuen. Ein frustrierter Mensch hingegen findet in der Abwertung von Fremden ein bequemes Ventil für sein Missbehagen, das letztlich nur ihm selbst und seiner unerfüllten, kargen Existenz gilt.

«Es gibt keine glücklichen Rassisten»

Den Respekt, den Sie sich berechtigterweise wünschen, bringt Ihre Chefin für nichts mehr auf – nicht für Andersgläubige, nicht für Ihre Ehe, nicht für sich selbst. Im Gegenteil, sie benutzt und benötigt die Respektlosigkeit, um alle um sie herum auf das gleich tiefe seelische Niveau herunterzuzerren, auf dem sie sich befindet und aus dem sie sich dadurch vergeblich emporzuheben versucht.

Verständnis und Mitgefühl helfen Ihnen jedoch nicht weiter. Was Ihre Chefin macht, ist nicht nur eine unerhörte Frechheit, sondern auch übler Machtmissbrauch und somit doppelt inakzeptabel. Suchen Sie sich schleunig neue Arbeit. Rassisten soll man nämlich auch beruflich aus dem Weg gehen.

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