Ein gutes jiddisches Sprichwort besagt: «As a mentsch is mit sibn, er is mit sibzik», also: Wie einer als Siebenjähriger ist, so ist er mit siebzig. Und das stimmt. Niemand ändert sich. Jeder hat seine Persönlichkeit und behält sie bis zum Ende. Gewiss gibt es förderliche und hinderliche Umstände, allen voran ein liebevolles beziehungsweise hartherziges Elternhaus. Aber ein geiziger Mensch ist schon als Kind sparsam und wird auch im Alter knausrig sein, während ein grosszügiger Mensch stets teilen wird, was er hat, ob es nun ein Schokoriegel ist oder ein Milliardenvermögen.
Eigentlich wissen alle: Das wird so bleiben
Die Frage, ob Menschen sich ändern können, entspringt den schlechten Erfahrungen, die man mit ihnen macht, und der Hoffnung, künftig davon verschont zu werden. Es stellt sie der Mann mit der übellaunigen Freundin, die Frau mit dem trinkenden Partner und der Angestellte mit dem cholerischen Chef. Es stellen sie all jene, die unter den Charakterdefiziten anderer leiden. Eigentlich wissen sie genau: Das wird so bleiben. Und wenn ich bleibe, befähige ich es noch, denn bleiben heisst billigen. Aber wenn ich gehe, wird das hässlich, und der Ausgang ist ungewiss – werde ich eine neue Partnerschaft finden? Einen neuen Job? Unsere Angst vor dem emotionalen und finanziellen Ruin ist riesig.
Warum möchten wir jemanden ändern?
Ein Dilemma entsteht, zwischen dem bekannten und dem unbekannten Schmerz, und es entscheidet sich meist zugunsten von ersterem. Weil Schmerz aber unerträglich bleibt, versuchen wir eben, jene zu ändern, die ihn verursachen. Doch das klappt nie und erzeugt ausserdem neuen Schmerz, durch Enttäuschung und Frustration – und am Ende durch ein vertanes Leben. Deswegen muss man sich sehr genau überlegen, warum man sich fragt, ob man jemanden ändern will. Und nicht, wie man das am besten macht. Denn Menschen ändern sich nie.