Trotz Klimagipfel in New York
Viele Länder haben eine katastrophale Klimapolitik

(New York) Alle reden über die Klimaerwärmung, um den Umweltschutz, um die globalen Folgen. Und dennoch: ein Blick in die Welt zeigt, dass es in vielen Ländern der Welt noch gewaltigen Nachholbedarf gibt.
Publiziert: 24.09.2019 um 09:55 Uhr
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Aktualisiert: 25.09.2019 um 09:52 Uhr
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Die Vereinten Nationen haben am Montag am Klimagipfel über Zukunftsstrategien diskutiert.
Foto: Getty Images

Wie soll der Klimaschutz in den kommenden Jahren aussehen? Dazu wollten Dutzende Staats- und Regierungschef am Montag beim Uno-Klimagipfel in New York Pläne präsentieren. Ein Blick in die Welt zeigt: Viele Länder sind noch längst nicht auf klarem Klimaschutz-Kurs.

China spielt als grösster Klimasünder eine Schlüsselrolle

China ist als bevölkerungsreichstes Land der Erde auch der grösste Klimasünder und der grösste Verbraucher von Kohle - einer der umweltschädlichsten Energiequellen. Rund zwei Drittel der Energie in China kommt aus Kohle und es werden neue Kohlekraftwerke gebaut. Auch finanziert China rund ein Viertel aller Kohlekraftwerke, die heute im Rest der Welt noch gebaut werden - das entspricht dem Doppelten der gegenwärtigen deutschen Kohlekapazität.

Aber gleichzeitig treibt das Riesenland auch erneuerbare Energien voran. Nirgendwo sonst in der Welt wird so viel Energie aus Wasser- und Windkraft oder aus Solaranlagen gewonnen. Klar ist: China spielt schon wegen seiner Grösse eine Schlüsselrolle. Seine bisherigen Anstrengungen bewerten Klimaschützer aber als «höchst unzureichend». Schienen Chinas CO2-Emissionen zwischen 2014 und 2016 zu stagnieren, stiegen sie 2018 wieder um 2,3 Prozent. Nach den Vorhersagen werden Chinas Emissionen noch bis 2030 ansteigen.

Trump baut Klima-Bemühungen in USA schrittweise ab

Die USA sind laut US-Umweltbehörde mit einem Ausstoss von rund 6,5 Milliarden Tonnen CO2 hinter China der zweitgrösste Verursacher von Treibhausgasen. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump ist stolz darauf, strenge Umweltvorschriften nach und nach abzuschaffen oder zu entschärfen. Zum Beispiel will Washington Kalifornien und anderen Bundesstaaten bei Autoabgasen künftig nicht mehr erlauben, eigene strengere Standards zu setzen. Trump spricht gerne über die zunehmende Förderung von Öl und Gas; erneuerbare Energien kommen nur selten vor - und für die Windkraft hat er nur Häme übrig.

Trotz der Haltung der Regierung haben sich viele Städte, Bundesstaaten und Unternehmen ehrgeizigen Klimazielen verschrieben. Im Bundesstaat Texas - vor allem bekannt für seine Ölförderung - boomt die Windkraft, die sich dort als lukrativ erwiesen hat. Der Versandhändler Amazon wiederum kündigte vor wenigen Tagen an, seine Emissionen künftig so stark zu reduzieren oder zu kompensieren, dass der gesamte Konzern ab 2040 klimaneutral sein wird.

Internationale Kritik an Brasilien wegen Waldrodung

Präsident Jair Bolsonaro hat seine Ankündigung bislang nicht umgesetzt, aus dem Pariser Klimaschutzabkommen auszutreten. Seine Umweltpolitik geriet aber zuletzt international massiv in die Kritik. Die Zahl der Abholzungen und Brände im Amazonasgebiet hat kräftig zugelegt. Bolsonaro will dort keine weiteren Schutzgebiete ausweisen und mehr Rodungen zulassen. Das dient unter anderem dem Export von Rindfleisch und Soja.

Grafiken Brasilien Holz Rindfleisch Soja Exporte
Foto: Blick Grafik
Grafiken Brasilien Holz Rindfleisch Soja Exporte
Foto: Blick Grafik

Ein Fünftel des weltweiten Sauerstoffs gelangt nach Ansicht vieler Forscher über das Amazonas-Waldgebiet in die Erdatmosphäre.

Brasilien, das laut Uno sechstbevölkerungsreichste Land der Welt, liegt nach den jüngsten Zahlen der Internationalen Energieagentur an 13. Stelle der Staaten mit den höchsten CO2-Emissionen. Seinen Strombedarf deckt das grösste lateinamerikanische Land vor allem durch Wasserkraft.

Schweden will Vorbildrolle übernehmen

Wie die anderen skandinavischen Länder Island, Dänemark, Norwegen und Finnland sieht sich Schweden beim Klima in einer Vorreiterrolle - und das trotz der Tatsache, dass Greta Thunberg den Politikern ihres Landes mangelnden Einsatz für die Pariser Klimaziele und Schönrechnerei der schwedischen Treibhausgasemissionen vorwirft.

«Schweden soll der erste fossilfreie Wohlfahrtsstaat der Welt werden», kündigte der sozialdemokratische Ministerpräsident Stefan Löfven nach seiner Wiederwahl Anfang des Jahres an. Auf dem Weg dorthin sollen zum Beispiel ab 2030 keine Neuwagen mit Diesel- oder Benzinmotoren mehr verkauft werden. Besonders in Sachen CO2-Steuer setzt das Land Massstäbe: Die gibt es bei den Schweden bereits seit 1991. Heute kostet eine Tonne CO2 114 Euro. Die Einnahmen kommen dem Staatshaushalt zugute und sind wie in Schweden üblich nicht zweckgebunden. Mit fossilen Brennstoffen wird in Schweden so gut wie nicht mehr geheizt. 95 Prozent der Einnahmen aus der CO2-Steuer kommen nach Regierungsangaben über Sprit rein.

Schweiz beschliesst Flugticketabgabe

Der Schweizer Nationalrat hat eine Kehrtwende gemacht und sich für eine Flugticketabgabe ausgesprochen. Pro Ticket soll es je nach Distanz und Flugklasse einen Aufschlag von 30 bis 120 Franken geben. Eine CO2-Lenkungsabgabe gibt es seit 2008. Sie wird auf fossile Brennstoffe wie Heizöl oder Erdgas erhoben. Ein Drittel ist zweckgebunden und fliesst etwa in Gebäudesanierungen. Die Kosten für eine Tonne CO2 liegen bei rund 96 Franken. Auf Benzin und Diesel gibt es keine Lenkungsabgabe. Allerdings sollen Hersteller und Importeure fossiler Treibstoffe künftig mehr CO2-Emissionen im Inland kompensieren. Über ein neues CO2-Gesetz wird diskutiert. Ob die Erhöhung der Treibstoffpreise gedeckelt werden soll, ist um stritten. Die Vorschläge liegen im Bereich von acht bis zehn Rappen bis 2025.

«Der Klimawandel ist auch in der Schweiz angekommen»
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Bundesrat setzt Ziel für 2050:«Der Klimawandel ist auch in der Schweiz angekommen»

Russland tritt endlich Pariser-Klimaabkommen bei

Russland gehört zu den Ländern mit dem grössten Ausstoss weltweit an klimaschädlichen Treibhausgasen. Grund dafür ist nicht nur die Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen wie Gas, Öl und Kohle. Durch das Auftauen der Permafrostböden in Sibirien werden zudem gewaltige Mengen an Methan freigesetzt. Auch die jüngsten Wald- und Flächenbrände sowie die Jahrhundert-Überschwemmung in Sibirien sehen Umweltexperten als Folgen des Klimawandels.

Zwar hat sich Russland zu den Zielen des Klimaschutzabkommens von Paris bekannt und ist dem Abkommen offiziell beigetreten, wie Regierungschef Dmitri Medwedew am Montag mitteilte. «Bei uns in Russland vollzieht sich die Erwärmung doppelt so schnell wie sonst auf der Erde», begründete Präsident Wladimir Putin im Juni den Handlungszwang. Unklar ist aber, wie das Land die Ziele erreichen will. Sein Staatshaushalt ist extrem abhängig von den Einnahmen aus dem Öl- und Gasexport. Dagegen liegt der Anteil der erneuerbaren Energien in Russland bei noch nicht einmal einem Prozent.

Das steht im Pariser Klima-Abkommen

Im Dezember 2015 verpflichteten sich rund 195 Staaten in Paris dazu, den drohenden Klimawandel aufzuhalten. Die wichtigsten Vereinbarungen lauten: Die Erderwärmung auf weniger als zwei Grad zu begrenzen und den Ausstoss von Treibhausgasen zu reduzieren. Dafür sollen ab dem Jahr 2020 jedes Jahr 100 Milliarden Dollar in den Umbau für nachhaltige Energieversorgungen fliessen. Die einzelne Länder müssen daneben eigene Massnahmen entwickeln und Ziele setzen, um den Klimawandel aufzuhalten. Alle fünf Jahre werden die Fortschritte überprüft und Ziele neu festgelegt. Nur Syrien und Nicaragua haben sich bislang nicht an dem Abkommen beteiligt. 

Im Dezember 2015 verpflichteten sich rund 195 Staaten in Paris dazu, den drohenden Klimawandel aufzuhalten. Die wichtigsten Vereinbarungen lauten: Die Erderwärmung auf weniger als zwei Grad zu begrenzen und den Ausstoss von Treibhausgasen zu reduzieren. Dafür sollen ab dem Jahr 2020 jedes Jahr 100 Milliarden Dollar in den Umbau für nachhaltige Energieversorgungen fliessen. Die einzelne Länder müssen daneben eigene Massnahmen entwickeln und Ziele setzen, um den Klimawandel aufzuhalten. Alle fünf Jahre werden die Fortschritte überprüft und Ziele neu festgelegt. Nur Syrien und Nicaragua haben sich bislang nicht an dem Abkommen beteiligt. 

Indiens CO2-Emission werden weiter wachsen

Der drittgrösste CO2-Emittent der Welt sagt, er sei auf einem guten Weg, die Pariser Klimaziele zu erreichen. Im vergangenen Jahr etwa wurde in Indien erstmals mehr Geld in erneuerbare als fossile Energien investiert. Ähnlich wie China fordert Indien nun besonders Industrieländer auf, mehr für Klimaschutz zu bezahlen.

Gleichzeitig will Indien, dass Klimaziele möglichst nicht sein Wirtschaftswachstum bremsen. Kohle ist nach wie vor sehr wichtig im Land, und seine CO2-Emissionen werden wohl weiter wachsen. Fabriken und Strassen werden gebaut und Millionen Menschen haben bald genug Geld, um sich ein Auto oder eine Klimaanlage zu leisten. Zugleich leidet Indien stark unter dem Klimawandel: extreme Wetterereignisse wie heftiger Regen, Dürre, Wassermangel und Temperaturen von rund 50 Grad haben zugenommen.

Indonesien investiert in Kohle

Indonesien gehört unter den Schwellenländern zu den grössten Klimasündern. Der riesige Inselstaat in Südostasien zählt inzwischen mehr als 260 Millionen Einwohner. Damit der wachsende Stromverbrauch gedeckt werden kann, werden derzeit viele Kohlekraftwerke gebaut. Präsident Joko Widodo hat nach seiner Wahl aber versprochen, mehr auf alternative Energien zu setzen.

Das Land hat grosse Umweltprobleme, die sich auch negativ auf die Klimabilanz auswirken. Auf den Inseln Borneo und Sumatra stehen derzeit viele Wälder in Flammen. Dort wurden in den vergangenen Jahren grosse Flächen Urwald abgeholzt. Die Hauptstadt soll demnächst umgesiedelt werden - aus Jakarta, einer Riesenstadt mit Dauerstaus und dramatisch steigendem Wasserpegel, nach Borneo. Die neue Metropole muss aber erst noch aus dem Boden gestampft werden.

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Die globale Durchschnittstemperatur ist seit Ende des 19. Jahrhunderts um etwa 0,85 Grad gestiegen. Beobachten lässt sich die Klimaerwärmung beispielsweise am Schmelzen der Gletscher.
Foto: Manuel Geisser

Praktisch keine erneuerbaren Energien in Südafrika

Der wind- und sonnenreiche Kohleproduzent Südafrika gilt als Land mit den höchsten Treibhausgasemissionen des Kontinents Afrika - weltweit gehört er zu den 15 grössten Verursachern von CO2-Emissionen. Denn Afrikas zweitgrösste Volkswirtschaft setzt überwiegend auf Kohle - sie steht für etwa 90 Prozent der Stromproduktion. Südafrika, das lange weitere Ergänzungen für sein bisher einziges Atomkraftwerk erwogen hatte, wandelt mangels Ölvorräten Kohle auch in flüssigen Kraftstoff um. Der Stromanteil aus erneuerbaren Energien wird mit unter fünf Prozent angesetzt.

Um globale Klimaschutzvorgaben zu erfüllen, hat das Schwellenland zum 1. Juni eine CO2-Steuer von umgerechnet knapp 8 Euro je Tonne für Unternehmen eingeführt. Umweltschützer rügten sie als zu gering, da sie noch durch Steuervorteile und Abschreibungen drastisch reduziert werden kann. Dennoch hat der Bergbauverband gerade um eine Verschiebung der Steuer gebeten. Die Industrie verweist angesichts der Kostensteigerungen auf das Job-Risiko in einem Land mit einer offiziellen Arbeitslosenquote von 29 Prozent.

Australien beharrt immer noch auf Kohle

Kein anderes Land auf der Welt exportiert so viel Kohle wie Australien. Die eigene Stromversorgung beruht zu fast zwei Dritteln (62 Prozent) darauf. So gehört Australien zu den 20 grössten Klimasündern weltweit. Seit Jahren wird heftig darüber gestritten, wie das geändert werden kann. Umweltschützer und grosse Teile der Opposition sind deshalb für eine Kohlesteuer. Die Parlamentswahl vor ein paar Monaten gewann jedoch der konservative Premierminister Scott Morrison, der einst einen Kohleklumpen mit ins Parlament brachte und versicherte, vor Kohle müsse niemand Angst haben. Die Regierung will aber auch Sonnen- und Windkraft fördern, die Voraussetzungen dafür sind so gut wie kaum woanders.

Der Klimawandel ist Down Under aber auch schon sehr zu spüren. Mehr als ein Dutzend Gemeinden bereiten sich derzeit darauf vor, dass ihnen wegen teils extremer Dürre im demnächst beginnenden australischen Sommer das Wasser ausgehen könnte. Im vergangenen Sommer wurden im Landesinneren fast 50 Grad gemessen. Man sieht das aber auch vor der Küste: Das weltgrösste Korallenriff Great Barrier ist zu weiten Teilen ausgeblichen, was Experten auf zu hohe Wassertemperaturen zurückführen. (SDA)

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