Du wurdest von einem Bekannten zu einem Abendessen bei ihm zu Hause eingeladen. Ausser dem Gastgeber kennst du niemanden. Ein mulmiges Gefühl sucht dich heim, weil du allein aufkreuzen wirst und nervös bist, auf neue Leute zu treffen.
Damit der erste Eindruck gelingt und die anderen ein gutes Bild von Ihnen haben, überlege dir ganz genau, was du anziehst und wie du dich verhalten solltest. Doch gibt es überhaupt eine allgemein gültige Körpersprache, mit der in jeder Situation ein sicheres Auftreten gelingt? «Nein, wir müssen in jeder Situation an der Körpersprache der anderen erkennen, in welchem emotionalen Zustand sich diese Leute ungefähr befinden», sagt Stefan Verra (50), Experte für Körpersprache, zu Blick.
Nicht in jedem Moment beziehungsweise bei jedem Menschen kommt die gleiche Mimik oder Gestik gut an. Daher muss laut dem österreichischen Coach und Autor die Körpersprache immer ein wenig angepasst werden. «Nur so werden wir von unserer Umgebung akzeptiert.»
In den gleichen emotionalen Zustand gehen wie das Umfeld
Um dies zu verdeutlichen, nennt Verra zwei Beispiele: «Ein Afterwork, wo wir allein auftauchen und niemanden kennen, oder aber ein Begräbnis.» Zwei völlig unterschiedliche Veranstaltungen, an denen wir nicht mit derselben Körpersprache auftreten können, um einen guten ersten Eindruck zu hinterlassen.
«Will man dazugehören, muss man in etwa in den gleichen emotionalen Zustand gehen wie die anderen Leute.» Dann bekommen diese unbewusst das Gefühl, dass man uns vertrauen kann.
Beim Begräbnis beispielsweise sei die Stimmung gedrückt: «Alles ist sehr ruhig und niemand redet laut. Jetzt tut man gut daran, wenn man in diesen ruhigen und etwas zurückhaltenden Zustand geht.»
Verra nennt zwei Fachwörter: «Frequenz, das ist das Tempo, und Amplitude, das ist der Umfang.» Diese beiden Dinge könne jeder für sich ganz einfach selbst anpassen.
Drei Signale, die immer gut ankommen
Darüber hinaus gib es laut dem Experten für Körpersprache aber durchaus drei Signale, die nahezu immer gut ankommen.
- Ein zurückhaltendes Lächeln: Kein verklemmtes Lächeln, aber auch kein völlig lautes Kichern, wie Verra ausführt. Es gehe um ein zurückhaltendes Lächeln, das bereits früher von den Primaten eingesetzt wurde, und welches signalisiere, dass man nicht gefährlich ist und den Status der anderen anerkannt hat. «Wenn wir bei einer Verkehrskontrolle von einem Polizisten angehalten werden, lächeln wir diesen automatisch an. Das tun wir nicht, weil er lustig ist, sondern weil wir damit signalisieren: ‹Ich habe Ihren höheren Status anerkannt.›», erklärt Verra.
- Hochgezogene Augenbraue: Begegnet man einem Menschen zum ersten Mal, sollte man laut dem Experten die Augenbrauen hochziehen und diese für eine Sekunde plus minus oben stehen lassen. «Damit zeigen wir: ‹Ah hallo, grüss dich!› Das ist international, also kulturunabhängig, ein Begrüssungssignal, das dem anderen zeigt, dass man ihn wahrgenommen hat», so Verra.
- Schnell reagieren: Man solle stets schnell auf andere reagieren. Als Beispiel nennt Verra: «Sie sitzen an der Rezeption von einem Unternehmen und warten auf Ihr Bewerbungsgespräch. Während Sie warten, schauen Sie in Ihr Smartphone und lesen etwas. Plötzlich geht die Tür auf und der Personalchef bittet Sie rein. Jetzt ist es ganz wichtig, dass Sie schnell vom Handy aufschauen, schnell die Augenbrauen nach oben ziehen und ein Lächeln zeigen.»
«Den Abstand bestimmt immer der andere»
Auch beim Abstand zu einer Person, die man zum ersten Mal trifft, gilt es Regeln zu beachten: «Den Abstand bestimmt immer der andere», weiss der Experte für Körpersprache. Will man einen guten Eindruck hinterlassen, dann muss man etwas Nähe, auch wenn man diese eigentlich nicht mag, einfach ertragen, wie Verra beschreibt.
Hierzu nennt der Coach und Autor einen Tipp: «Bei ‹Nahestehern› stellen Sie sich etwas im Winkel zum Gegenüber auf. Denn seitlich hält man den Abstand besser aus als frontal.»
Darauf sollte man beim ersten Eindruck verzichten
Laut Verra gibt es aber auch etwas, das man unbedingt vermeiden sollte, wenn man einen guten ersten Eindruck hinterlassen will: «Überheblichkeit! Damit meine ich, wenn man sein Kinn zu hoch trägt und seinen Körper sehr aufrecht hält. Das signalisiert dem anderen, dass man sich ihm gegenüber erhoben fühlt.»
Diese Körperhaltung könne noch dadurch verstärkt werden, dass man seine Mitmenschen nur aus den Augenwinkeln von der Seite anschaut. «Wenn man das beim ersten Eindruck macht, kommt man in den meisten Fällen schlecht an».
Übung macht den Meister
Dass man in ungewohnten Situationen nervös ist, sei etwas ganz Normales: «Es gibt leider keine Technik, um dieses Nervös-Sein zu unterdrücken», erklärt Verra. Unser Gehirn erkenne in neuen Situationen, dass dieser Moment für uns unbekannt ist und unsere Muskeln angespannt werden müssen. «Es glaubt, wir müssen uns bereit für die Flucht machen und damit werden wir nervös.»
Nur eine Möglichkeit gebe es, zu lernen, diese Nervosität zu unterdrücken: «Man muss dem Gehirn die Möglichkeit geben, sich an diese Situation zu gewöhnen. Das heisst, man soll oft solche Situationen üben, in denen man allein im Mittelpunkt steht.»
Mit Körpersprache zeigen wir unsere Gefühle
Verra betont, dass Nervosität etwas Menschliches ist: «Wenn ich nervös wäre, dann würde ich es ganz offen sagen. Ich verspreche Ihnen, die Leute werden daraufhin ein Lächeln aufsetzen.»
Wer meint, dass Körpersprache eine Technik ist, mit der man seine Gefühle verstecken kann, der liegt laut dem Experten völlig daneben. «Ganz im Gegenteil: Körpersprache ist die Kommunikation, mit der wir unsere Gefühle zeigen!»