Osterglocken oder Tulpen, die sucht man auf dem Balkon von Scarlet Allenspach (34) vergeblich. Dafür blüht schon der Rosmarin, daran freuen sich die Bienen.
«Ich pflanze nur an, was nützlich ist, ob für uns Menschen, Tiere oder die Natur», so die Gründerin von Urbanroots. «Wenn ich etwas für Insekten und Würmer tue, dann tun sie auch etwas für meine Radiesli, Erbsen und den Salat. Wichtig ist, diesen Kreislauf zu begreifen.»
Scarlet gärtnert nach den Regeln der Permakultur: «Das bedeutet, dass man mit und nicht gegen die Natur arbeitet.» Dass Nützliches auch dekorativ ist, zeigen etwa die essbaren Blüten oder der Sonnenhut, den man vor allem unter dem Namen Echinacea als Heilpflanze kennt. Geschickt und liebevoll setzt Scarlet Samen in die Erde: «Die einen haben Haustiere, ich habe meine Setzlinge, Würmer und Wildbienen.»
Starthilfe für Gartenneulinge
Auf ihrem Stadtbalkon macht sie vor, dass es keinen riesigen Garten braucht, um Essbares zu pflanzen. «Urban Gardening ist in aller Munde, und viele möchten ihren Balkon, ihre Terrasse oder einen kleinen Garten begrünen», sagt sie. Umso erstaunlicher sei es, wie schwierig sich die Suche nach einfachen Tipps für Einsteiger gestaltet.
Scarlet: «Viele scheitern an zu vielen und komplexen Informationen im Fachjargon.» So entstand die Idee für eine Plattform, um Gartenneulingen den Einstieg ins urbane Gärtnern zu erleichtern. Urbanroots startete im Frühling 2018 mit einem Instagram-Account, der mit einfachen und verständlichen Informationen durch den Gartensommer führte. Mit so viel Erfolg, das Scarlet daraus ein Unternehmen gemacht hat, im Dezember desselben Jahres ging sie mit ihrem Shop online und die ersten Biosaatgut-Jahresabos wurden verschickt.
Neu führt Scarlet auch Blick-User Schritt für Schritt durch die Saison. Ursprünglich hat die Wahlbaslerin Industriedesign studiert, mit Urbanroots bringt sie bereits das dritte Unternehmen an den Start. Unterstützt wird sie dabei von einem Team von Freelancern und ihrem Lebenspartner dem Künstler Tizian Aellig (34). Beide arbeiten gerne konzeptionell und setzen ihre Visionen um, hartnäckig und autodidaktisch. Er hat schon ein Café geführt, sie war am Start-up von Soeder Seifen beteiligt.
Dass sie keine gelernte Gärtnerin ist, sieht Scarlet gar als Vorteil: «Ich gehe den Dingen gerne ganz auf den Grund, um herauszufinden, wie etwas funktioniert.» Dadurch, dass sie sich ihr Wissen selber erarbeitet hat, sei ihr auch bewusst, wie man es vermittelt: «Nämlich so, dass es auch ein totaler Neuling verstehen und umsetzen kann.»
Um die Dachfläche auf dem Ringier-Gebäude zu begrünen, musste ein Kran her: Drei Hochbeete sind so mit Unterstützung von Merlin Gärten entstanden. Denn ab sofort wird für das neue Blick-Online-Format «Im Beet mit Blick» fleissig gegärtnert. Die Urbangardening-Expertin Scarlet Allenspach zeigt den Leserinnen und Lesern, wie man die ganze Saison hindurch Gemüse anpflanzt und wie auch im Winter der Salat spriesst.
Um die Dachfläche auf dem Ringier-Gebäude zu begrünen, musste ein Kran her: Drei Hochbeete sind so mit Unterstützung von Merlin Gärten entstanden. Denn ab sofort wird für das neue Blick-Online-Format «Im Beet mit Blick» fleissig gegärtnert. Die Urbangardening-Expertin Scarlet Allenspach zeigt den Leserinnen und Lesern, wie man die ganze Saison hindurch Gemüse anpflanzt und wie auch im Winter der Salat spriesst.
Schon als Kind gerne im Garten
Ein bisschen Ahnung, das hatte Scarlet schon als Kind: «Ich bin zwar in Zürich in der Stadt aufgewachsen, aber wir hatten einen Schülergarten, dort haben wir auch nur Essbares angepflanzt.» Hat sie also diesen berühmten grünen Daumen? Während ihr Freund nickt, schüttelt sie den Kopf: «Niemand braucht einen grünen Daumen. Alles, was nötig ist, um Gemüse anzupflanzen, lässt sich ganz leicht lernen.» Es gehe nicht um Talent, sondern um Wissen, das man sich mit Ausprobieren, Beobachten und Erfahrung aneignet. Allenspach sagt: «Mir ist am Anfang auch nicht alles gelungen.»
Als sich Scarlet vor ein paar Jahren wieder mit dem Gärtnern befasste, wurde ihr bewusst, wie viel Wissen in den letzten zwei Generation verloren gegangen ist. «Viele in meinem Alter haben nicht mal eine Ahnung, wie ein Rosenkohl oder Erbsen als Pflanze aussehen», so Scarlet. Für die Nachkriegsgeneration gehörte das Gärtnern noch dazu, es war aber auch ein Chrampf. Dank «Im Beet mit Blick» lernt nun die ganze Bevölkerung wieder, wie viel Freude eigenes Gemüse macht.
«Ich finde es extrem, wie weit weg wir von etwas so Essenziellem wie unserer Nahrung sind», so die Unternehmerin. Heute steigt die Sehnsucht nach mehr Grünflächen, und man möchte wissen, was auf den Teller kommt. Scarlets Ziel ist es, mehr Grün in die Städte zu bringen, das hilft nicht nur der Umwelt, sondern jedem individuell: «Wer einen Samen setzt und miterlebt, wie daraus ein Keimling und schliesslich Erbsen oder ein Kürbis wächst, hat einen ganz anderen Bezug dazu.»
Ein Stadtbalkon wie der von Scarlet reicht von der Fläche her nicht für die Selbstversorgung, darum ginge es aber nicht: «Es geht auch um das Gefühl, dass man ein Stück Leben selber in die Hand nimmt und man theoretisch auch das Wissen dazu hat.» Obwohl sie auf ihrem Balkon nur Morgensonne hat, wachse alles von Radiesli, Rüebli bis Tomaten. Nur die Auberginen hätten gerne etwas mehr Sonnenlicht.
Scarlet hat bereits ihr nächstes Projekt am Start, statt eines Balkons ist es ganze drei Fussballfelder gross: Aus einem Stück Land auf Mallorca namens Son Selva soll ein essbarer und bewohnbarer Waldgarten werden. «Es geht darum, die Landwirtschaft in Waldform anzubauen und so eine grosse Vielfalt an essbaren Pflanzen zu kombinieren (auf dem Grundstück ist momentan noch kein Wald», so Scarlet. Das Paar will dort auch ein Haus bauen und Gäste in komfortablen Zelten unterbringen und Kurse anbieten. Für Scarlet ein Lebensprojekt: Dazu gehört dann nicht nur Saatgut und viel Grün, sondern auch ein Hund.
Mehr Tipps für Hobby-Gärtner
Wie kann man auch als Gartenneuling ein kleines Stück Erde nutzvoll begrünen? Gartenexpertin Scarlet Allenspach gibt Tipps und Tricks rund ums Thema Garten.
Mehr findest du in unserem Dossier «Im Beet mit Blick»
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