Ja, das müssten Sie. Sie und die erstaunlich grosse Zahl anderer Frauen, die ihre Mutter noch immer «mein Mami» nennen und als ihre «beste Freundin» bezeichnen. Das tun erwachsene Frauen nämlich nicht. Nur kleine Mädchen tun das.
Warum mit 41 ein kleines Mädchen bleiben?
Was uns zur interessanten Frage bringt: Warum wollen Sie mit Ihren 41 Jahren noch immer ein Mädchen sein? Wofür genau brauchen Sie «das Mami» noch? Was bekommen Sie dort? Mit all diesen Dingen müssten Sie sich längst selbst versorgen – und vor allem versorgen wollen. Sie müssten ein selbständiger, vom Schutz und von der Meinung der Eltern unabhängiger Mensch sein wollen. Und kein Kind mehr.
«Gebraucht zu werden, ist das Heroin älterer Damen»
Ihrer Mutter ist der Status quo natürlich ganz recht. Gebraucht zu werden, ist das Heroin älterer Damen, und sie zeigen sich in dieser Hinsicht meist ausgesprochen beschaffungskriminell. Jede Gefälligkeit, die sie erweisen, jeder Ratschlag, den sie erteilen – alles dient der Aufrechterhaltung eines Verhältnisses, von dem beide gleichermassen abhängig sind. Sie brauchen Ihre Mutter, aber Ihre Mutter braucht auch Sie. Und zwar in einer Form, die nicht gut ist für Sie: der Kind-Form.
Eine tiefere Beziehung
Wenn Sie also das tun, was Ihr Partner Ihnen völlig zu Recht nahelegt, und sich von Ihrer Mutter abzulösen beginnen, wird diese erst einmal reagieren wie ein Junkie, dem die Polizei die Taschen leert. Denn wenn ein Mensch sich entwickelt und sich anders verhält als bisher, werden diverse Leute in seiner Umgebung versuchen, ihn daran zu hindern – all jene nämlich, die aufgrund eigener Defizite darauf angewiesen sind, ihn klein zu halten.
Aus diesen Gründen wird auch Ihre Mutter wachsen, wenn Sie es tun. Und auch Ihre Beziehung wird sich vertiefen. Denn Ihr Partner hätte gern endlich eine Frau an seiner Seite. Das ist es, was er Ihnen letztlich mitzuteilen versucht mit seiner Aufforderung.