Voller Vertrauen ging Nadine Jürgensen (41) im Jahr 2013 in die Geburt ihrer ersten Tochter. Danach war sie traumatisiert. «Als sie mir mein Kind auf die Brust legten, hatte ich keine Muttergefühle, keine Freude. Ich fühlte eine abgrundtiefe Leere in mir», sagt die Juristin und Mitgründerin des Start-ups Ellexx. Die Wunden sitzen tief: Noch heute kommen ihr die Tränen, wenn sie über die Geburt spricht. Was ist passiert?
Nadine Jürgensen gehört zu den 27 Prozent Frauen in der Schweiz, die unter der Geburt Gewalt erfahren. «Meine Wünsche wurden ignoriert, und mir wurden gegen meinen Willen Medikamente verabreicht», sagt Jürgensen. Nach 36 Stunden in den Wehen wurde ihr ungefragt ein hoch dosiertes Wehenmittel verabreicht. «Mein Körper reagierte so heftig darauf, dass mein Kind innerhalb von sechs Minuten aus mir herauskatapultiert wurde.» Die Folge: Ein sehr tiefer Dammriss, der drei Stunden lang von einer Assistenzärztin genäht werden musste und Jürgensen noch jahrelang Schmerzen bereitete.
Fehlende Unterstützung nach der Geburt
Der Geburt folgte ein «katastrophales Wochenbett» auf der Station, in dem sich die junge Mutter erneut allein gelassen fühlte. Niemand unterstützte sie, niemand sah, wie schlecht es ihr ging. Das alles hatte psychische Folgen: «Ich hatte einen Filmriss, konnte mich die ersten Wochen nach der Geburt an nichts erinnern», sagt Jürgensen.
Eine einfühlsame Mütterberaterin war es, die sie Wochen später mit Fachpersonen zusammenbrachte, die ihr halfen, eine Bindung zu ihrer Tochter aufzubauen und die Erlebnisse rund um die Geburt zu verarbeiten.
Ein positives Geburtserlebnis lässt sich durch Eigenverantwortung und Information fördern. Folgendes kann dazu beitragen:
- Den Geburtsort – Klinik, Geburtshaus, zu Hause – abgestimmt auf deine Vorstellungen und medizinischen Befunde auswählen.
- Informiere dich über deine Rechte, stelle am Klinik-Infoabend Fragen, sprich mit anderen über Geburtserfahrungen.
- Vorgängig anhand eines Geburtsplans Wünsche und Vorstellungen schriftlich festhalten – im Wissen darum, dass es anders kommen kann.
- Eine Doula mitnehmen. Die erfahrene Geburtsbegleiterin vermittelt, kommuniziert und setzt sich für deine Interessen ein. Diese Rolle kann auch eine andere Begleitperson einnehmen.
- Bei hebammengeleiteten Geburten, bei denen nur bei Komplikationen ärztliche Unterstützung geholt wird, ist die Zahl der Untersuchungen und Interventionen tiefer. Viele Spitäler bieten hebammengeleitete Geburten an; im Geburtshaus oder bei einer Hausgeburt steht ohnehin die Hebamme in der Verantwortung.
- Eine Beleghebamme ist bei der Geburt die ganze Zeit an deiner Seite, ohne Schichtwechsel. Wenn du schon in der Schwangerschaft zu ihr in die Kontrolluntersuchungen gehst, baut sich ein Vertrauensverhältnis auf.
Ein positives Geburtserlebnis lässt sich durch Eigenverantwortung und Information fördern. Folgendes kann dazu beitragen:
- Den Geburtsort – Klinik, Geburtshaus, zu Hause – abgestimmt auf deine Vorstellungen und medizinischen Befunde auswählen.
- Informiere dich über deine Rechte, stelle am Klinik-Infoabend Fragen, sprich mit anderen über Geburtserfahrungen.
- Vorgängig anhand eines Geburtsplans Wünsche und Vorstellungen schriftlich festhalten – im Wissen darum, dass es anders kommen kann.
- Eine Doula mitnehmen. Die erfahrene Geburtsbegleiterin vermittelt, kommuniziert und setzt sich für deine Interessen ein. Diese Rolle kann auch eine andere Begleitperson einnehmen.
- Bei hebammengeleiteten Geburten, bei denen nur bei Komplikationen ärztliche Unterstützung geholt wird, ist die Zahl der Untersuchungen und Interventionen tiefer. Viele Spitäler bieten hebammengeleitete Geburten an; im Geburtshaus oder bei einer Hausgeburt steht ohnehin die Hebamme in der Verantwortung.
- Eine Beleghebamme ist bei der Geburt die ganze Zeit an deiner Seite, ohne Schichtwechsel. Wenn du schon in der Schwangerschaft zu ihr in die Kontrolluntersuchungen gehst, baut sich ein Vertrauensverhältnis auf.
Auch bei der zweiten Geburt 2017 ging einiges schief. Mental hat sie diese Geburt zwar gut überstanden, körperlich nicht. So verletzte die Narkoseärztin beim Setzen der Spinalanästhesie die innere Schutzhülle des Rückenmarks – was Jürgensen «satanische Kopfschmerzen» bescherte, die sieben Wochen lang anhielten.
Dass die Ärztin sechsmal daneben gestochen hatte, quittierte diese mit den Worten: «Wo gehobelt wird, fallen Späne.» Die Schmerzen durch das vernarbte Gewebe im Rücken machten es Jürgensen mehrere Jahre lang unmöglich, Sport zu treiben.
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«Mütter brauchen eine engere Betreuung»
«Es ist nicht egal, wie man geboren wird», sagt die Journalistin. Eine gewaltvolle Geburt kann seelische und körperliche Schäden für Mutter und Kind haben. Indem Jürgensen heute öffentlich über ihre Geburten spricht und schreibt, will sie dazu beitragen, dass anderen Frauen ähnliche Erfahrungen erspart bleiben.
«Die Geburtshilfe muss sich ändern. Frauen sind keine Manövriermasse, mit der man Geld machen kann.» Heute unterliegen Geburten der Wirtschaftlichkeit unseres Gesundheitssystems. Das sei falsch; es brauche Menschen, die sich mit einer gesunden Gebärenden auf den Prozess der Geburt einlassen können.
Der Schlüssel liegt für Jürgensen in einer engeren Betreuung der Frau, möglichst 1:1. Deshalb hat sie sich hartnäckig dafür eingesetzt, dass Ellexx seit kurzem eine Zusatzversicherung anbieten kann, die unter anderem die Kosten für eine Doula, eine erfahrene Geburtsbegleiterin, abdeckt. «Darüber hinaus braucht es mehr Personal sowie finanzielle und gesellschaftliche Anerkennung für die Hebammen.»