Beim Escholzmatt-Inferno starben drei Kinder – Trauerbegleiterin erklärt
«Viele Eltern tragen ein Gefühl des Versagens in sich»

Beim Brand von Escholzmatt LU starben alle drei Kinder in den Flammen – die Eltern überlebten. Wie gehen Familien mit dem Tod von Kindern um? Zwei Trauerbegleiterinnen erklären.
Publiziert: 23.01.2024 um 20:10 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2024 um 10:15 Uhr
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Trauerbegleiterin Anna Margareta Neff (55) spricht mit Blick über das Inferno von Escholzmatt.
Foto: zVg
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Pascal ScheiberReporter

Wenn die eigenen Kinder sterben, bricht eine Welt zusammen. Das Leid und der Schmerz sind für die Angehörigen unfassbar – so beim Brand in Escholzmatt LU. Blick hat mit zwei Trauerbegleiterinnen über den Fall gesprochen. Ihr Beruf ist es, Betroffene von tragischen Geschehnissen zu beraten.

«Das Tragischste, was einem Menschen passieren kann, ist der Verlust von Kindern», sagt die Trauerbegleiterin Anna Margareta Neff (55). Als Leiterin der Fachstelle kindsverlust.ch begleitet sie Familien nach dem Tod eines Kindes und hat Erfahrung damit, wie sich Eltern nach einem Todesfall fühlen: «Sie sind schockiert, trauern, sind hilflos oder wütend.» Dass ein älterer Mensch irgendwann sterbe, sei rational verkraftbar. Doch: «Bei Kindern ist der Tod unfassbar», erklärt Neff.

Im Fall Escholzmatt konnten sich die Eltern und der Lebenspartner der Mutter aus den Flammen retten. Sie liegen mit teils erheblichen Verletzungen im Spital und trauern um die drei verstorbenen Kinder. Dass die Familie unzählige Trauernachrichten und Zeichen der Anteilnahme erreichen, könne den Betroffenen Kraft und Hoffnung geben, ist Trauerfachfrau und Hebamme Neff überzeugt.

Denn: «Trauern ist ein langer, vielschichtiger Prozess», so Neff. Jeder Mensch gehe unterschiedlich mit dem Verlust von Kindern um. «Es ist eine grosse Krise für die betroffenen Familienmitglieder.»

Was wäre, wenn …

Ein besonders schwieriger Teil der Trauer von Angehörigen, erklärt Barbara Lehner (56), sei das Gefühl des eigenen Versagens. Lehner ist Theologin, Mitgründerin des Vereins Familientrauerbegleitung.ch und Trauerbegleitungsausbildnerin. Sie sagt: «Viele Eltern tragen dieses Gefühl in sich, weil sie ihr Kind nicht vor dem Tod schützen konnten.» Fragen wie «Was wäre, wenn …» seien nach solchen Schicksalen normal und zugleich zermürbend.

Eltern fragen sich, wieso es die Kinder und nicht sie selbst getroffen hat. Oder wieso sie nicht anders reagiert hätten, um die Tragik des Geschehenen zu verhindern. Bei solchen Gefühlen sei es zentral, wie das Umfeld der Betroffenen reagiert, erklärt Trauerbegleiterin Lehner aus ihrer Erfahrung. «Sie müssen das Schicksal anerkennen und würdigen.»

Trauer hält Jahrzehnte an

Von Schuldgefühlen spricht auch das zuständige Care-Team im Kanton Luzern. Es tritt nach schweren Unfällen oder Verbrechen mit den betroffenen Menschen in Kontakt. In einem Merkblatt steht, dass jeder Mensch auf solche Stresssituationen und Belastungen anders reagiere. «Egal wie, es kann jetzt oder später zu starken emotionalen und/oder körperlichen Reaktionen kommen.»

Das bestätigt auch Barbara Lehner (56). Seit über 20 Jahren begleitet sie Trauernde – auch nach dem Todesfall eines Kindes. Sie sagt: «Das kann Jahre bis Jahrzehnte dauern, bis sich Eltern von einem solchen Schicksal erholen.»

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