Die Ausgangslage war nicht ideal. Am Mobile World Congress in Barcelona bei der Vorstellung des Xperia XZ2 bekam die Konkurrenz mehr Aufmerksamkeit. Danach begeisterte das Huawei P20 Pro mit der Dreifach-Kamera die Fans. Sony hingegen muss sein Topmodell mit Doppel-Kamera auf den Sommer verschieben – und hatte beim XZ2 nicht viele Features anzukündigen, um die Fans wirklich zu begeistern.
Ja, und nun kommt das Sony auch noch als letzte Frühlingsneuheit auf den Markt – während die Verkaufsmaschinen von Samsung und Huawei schon voll auf Touren sind. Dazu der Preis: Das normale XZ2 kostet 849 Franken und gehört zur Spitzengruppe. Immerhin gibts das Gerät schon zum Verkaufsstart bei manchen Online-Händlern mit 50 Franken Rabatt.
Dennoch gelingt Sony nun eine Überraschung: Die Japaner bringen nämlich wieder eine kompakte Version des XZ2 auf den Markt.
Und diese ist ein Schnäppchen: Offiziell gibts das XZ2 Compact mit 5-Zoll-Display für 649 Franken, im Handel ist es bereits für 599 Franken erhältlich. Eine klare Ansage an die Konkurrenz, denn auch im kleinen Schwestermodell steckt die Toptechnik des grossen XZ2.
Beide Modelle sind mit dem bislang besten Android-Prozessor, dem Qualcomm Snapdragon 845, ausgerüstet. Dazu gibts 4 GB Arbeitsspeicher und erweiterbare 64 GB Speicher. Da läuft alles schnell und ohne Ruckler. In den Benchmark-Tests schlägt das Sony eigentlich alle Android-Konkurrenten.
Das XZ2 Compact ist günstiger, aber nur wenig schlechter
Warum aber der Preisunterschied? Einerseits ist das Display mit 5,7-Zoll und der Akku mit 3180 mAh im XZ2 grösser. Das Compact hat 5 Zoll und 2870 mAh. Wichtiger ist wohl aber der Qualitätsunterschied beim Gehäuse. Das XZ2 hat eine schicke Glasrückseite und kann daher auch drahtlos geladen werden. Das Compact dagegen hat nur eine Plastikrückseite, die deutlich weniger hochwertig ist. Die Akkus halten übrigens gut einen Tag, das ist in Ordnung.
Vernachlässigbar ist, dass nur im grossen Gerät das Dynamic Vibration System eingebaut ist. Dieses lässt das Handy bei Filmen und Games vibrieren, so dass man den Sound in der Hand spüren kann. Das funktioniert recht gut, aber ist nicht viel mehr als ein Gag.
Leider war Sony beim Design nicht wirklich mutig. Das fängt beim Display an. Der ist zwar zeitgemäss im 18:9-Format, hat aber immer noch dicke Ränder, vor allem unten und oben. Die Auflösung von 1080 mal 2160 Pixel und die Helligkeit gehen in Ordnung, trotzdem wirkt die Vorderseite so recht langweilig und altbacken.
Das Design des XZ2 ist mutlos
Dieser Eindruck verstärkt sich, wenn man das restliche Gehäuse anschaut. Das XZ2 ist deutlich weniger kantig als die Sony-Handys der letzten Jahre, aber auch nicht wirklich rund. So wirkt es etwas klobig. Die Badewannenform der Rückseite verstärkt zudem beim grossen XZ2 mit der schönen Glasrückseite die Rutsch-Gefahr. Vor allem bei leicht schrägen Tischen muss man höllisch aufpassen.
Zwei weitere Konzept-Schwächen sind uns im Test aufgefallen. Der Fingerabdruck-Scanner ist statt auf der Seite neu auf der Rückseite platziert. Das sieht weniger schick aus, funktioniert aber grundsätzlich. Schade, ist er jeweils recht tief unten montiert. Für durchschnittliche Männerhände zu tief. So dass man vor allem beim XZ2 immer wieder auf die genau gleich runde und gleich grosse Kameralinse tippt.
Toll ist, dass Sony weiter auf einen Auslöser-Knopf auf der rechten Seite setzt. Damit kann man die Cam schnell starten und wie bei einem richtigen Fotoapparat abdrücken. Mit zwei Händen geht das perfekt, praktisch wäre es aber auch fürs Knipsen mit einer Hand. Dann aber ist der Knopf zu weit aussen, so dass man ihn mit dem Zeigefinger kaum erreicht, während man das Handy mit Daumen und Mittelfinger hält.
Die Kamera im XZ2 schiesst extrem detaillierte Fotos
Apropos Kamera. Auf die war man im Test speziell gespannt. Sony baut ja die besten Sensoren, die auch bei der Konkurrenz zum Einsatz kommt. Bei den eigenen Geräten hatten die Japaner aber oft nicht das Maximum aus der Hardware herausgeholt. Für die Fans eine Enttäuschung.
Dieses Mal ist es besser – wenn auch noch nicht ganz gut. Bei gutem Licht schiesst der 19-Megapixel-Sensor erstklassige Fotos. So viele gestochen scharfe Details kann kein anderes Handy einfangen, auch nicht das Huawei P20 Pro, das wohl momentan das beste Kamerasystem hat. Das XZ2 überzeugt mit natürlichen Farben und hoher Dynamik.
Allerdings bietet Sony kein Zoom und keine sonstigen Spezialfähigkeiten wie speziell gute Bokeh-Effekte. Und auch bei schlechtem Licht haben Huawei und Samsung klar die Nase vorne, wie man auch gut in der Bildergalerie mit Beispielfotos sehen kann.
Zudem bremst die Kamera-App ein weiteres Mal den Sensor aus. Der Autofokus ist langsam, die App wirkt veraltet und träge. Immerhin kann der Hersteller mit schönen Videoaufnahmen punkten. Und bietet erstmals Super-Slowmotion mit 960 Bildern pro Sekunde in Full-HD-Auflösung. Allerdings muss man weiter manuell mit dem Finger genau im richtigen Moment klicken, damit man ein cooles Resultat hat. Nichts für schnelle Schnappschüsse.
Das BLICK-Testfazit: Sony geht mit dem XZ2 einen Schritt in die richtige Richtung. Die Hardware ist bereits top, beim Design und der Software gibts noch Verbesserungspotenzial. Schon jetzt ein Kauftipp ist das XZ2 Compact, das für die gebotene Technik richtig günstig ist. Ideal für alle, die keinen 6-Zöller in der Hosentasche wollen.