60 Sekunden in die Kamera lächeln, dann werden Puls, Blutdruck, Stresslevel und andere Werte angezeigt: Die Krankenkasse KPT hat in Zusammenarbeit mit dem Telemedizinanbieter Medi24 einen neuen eHealth-Dienst namens Binah.ai in der Schweiz eingeführt. Dieser Service stammt von dem gleichnamigen Start-up aus Israel. Vor dem offiziellen Start konnte Blick den Service bereits testen und beantwortet hier die wichtigsten Fragen.
Was wird für die Messung benötigt?
Für die Analyse der Vitalparameter reicht ein modernes Smartphone mit einer Selfiekamera aus. Vorab kann man sein Geburtsjahr und Gewicht eingeben. Es wird empfohlen, Brillen abzunehmen und darauf zu achten, dass die Haare nicht ins Gesicht fallen. Es ist ratsam, den Arm abzustützen, da er während der einminütigen Messung ruhig gehalten werden muss. Zudem sollte man nicht sprechen und sich auf den Bildschirm konzentrieren.
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Wie funktioniert das genau?
Binah.ai verwendet eine Methode namens Photoplethysmographie (PPG), bei der Veränderungen im Blutvolumen optisch gemessen werden. Dabei werden Lichtstrahlen erfasst, die vom Gesicht reflektiert werden. Die Daten der Handykamera werden anschliessend ausgewertet. Durch den Einsatz von Technologien wie Deep Learning und künstlicher Intelligenz sowie einem Abgleich mit klinischen Werten können die Vitalwerte bestimmt werden.
Wie genau ist die Messung?
Binah.ai ist in den USA und in Südafrika als Medizinprodukt zertifiziert, das europäische Zertifikat steht noch aus. Blick hat die Selfie-Messung mit herkömmlichen Methoden verglichen. Bei der Pulsfrequenz ergaben sowohl Binah.ai als auch die Apple Watch die gleichen Werte. Beim Blutdruck lag Binah.ai knapp 20 Prozent unter dem Wert des Blutdruckmessgeräts. Das angezeigte Stressniveau wurde als realistisch empfunden. «Binah.ai zielt jedoch nicht primär darauf ab, herkömmliche Messgeräte zu ersetzen», erklärt Beni Meier, Leiter der Unternehmenskommunikation bei KPT. Vielmehr gehe es darum, einen einfachen Zugang zur Früherkennung von Gesundheitsrisiken zu ermöglichen.
Und der Datenschutz?
Der Datenschutz wird von KPT vollständig gewährleistet. «Das Besondere an diesem digitalen Service ist, dass keine Daten auf Servern gespeichert werden. Stattdessen werden die Daten direkt auf dem Endgerät des Nutzers verarbeitet. Die Messung und Auswertung erfolgen direkt auf dem Smartphone», erklärt Meier. Die Nutzung ist anonym und erfordert keine Registrierung. «Daher gelangen auch keine Daten zur KPT oder Medi24», so Meier.
Für wen ist der Service gedacht?
Während der dreimonatigen Pilotphase ist der Service für alle kostenlos zugänglich. Wenn der Dienst nach der Prüfung eingeführt wird, wird er primär für KPT-Versicherte verfügbar sein. Die KPT gehört zu den zehn grössten Krankenkassen in der Schweiz.
Was kostet es?
Genutzt werden kann die Messung kostenlos. Die KPT macht zu den Kosten für das Pilotprojekt keine Angaben. «Wir kommunizieren grundsätzlich keine Zahlen zu solchen Projekten», sagt Meier.