Von der Taufe in der Kirche bis zur Erstkommunion und eine Hochzeit vor Gott: Lange Zeit galten solche Rituale als Usus in der Schweizer Bevölkerung.
Vor einem halben Jahrhundert gehörten fast 100 Prozent aller Schweizerinnen und Schweizer zu den Katholiken und Reformierten. Doch diese Zeiten sind vorbei: Heutzutage identifizieren sich 34 Prozent der Schweizer Bevölkerung nicht mehr mit einer Religion. Damit ist die Gruppe der Religionslosen erstmals grösser als die der Katholiken.
Die Mehrheit der Blick-Community zeigt sich nicht sonderlich schockiert über die grosse Zunahme an Religionslosen in der Schweiz. Sie ist der Meinung, dass man auch ohne Kirche an eine höhere Macht glauben kann. Es gibt aber auch vereinzelte Stimmen, die zugeben, dass sie aus rein finanziellen Gründen aus der Kirche ausgetreten sind. Andere sehen ausserdem Gottes Bodenpersonal als Problem.
Die Jungen abholen
Leser Hans-Peter Weber ist sich sicher, dass es etwas gibt, dass einem Halt gibt, wenn man nicht weiter weiss. Jedoch findet er: «Man predigt nicht mehr zeitgemäss.» Ausserdem solle man seiner Meinung nach auch junge Menschen anlocken. Auch Raphael Flury ist der Meinung, dass sich die Kirche weiterentwickeln muss: «Man beharrt immer auf den alten Traditionen, welche sicher auch toll sind. Man müsste aber auch bereit sein, neue Traditionen zu schaffen, um die Jungen wieder abzuholen.»
Michael Durrer hingegen meint: «Wenn schwierige Zeiten kommen, werden viele Religionslosen zu einem Glauben zurückkehren.» Religion, Meditation und Philosophie könne zu einem Frieden verhelfen, den wir alle sehr benötigen. Daniel Hitz ist von der Kirche nur noch enttäuscht: «Ich lebe meinen Glauben mit mir und Gott und brauche dazu keine Kirche.» Leser Roland Frei glaubt an Gott, seit er denken kann, dennoch ist er vor 15 Jahren ausgetreten. Der Grund: «Mich bewog der Austritt vom Bodenpersonal des Herrn. Ich denke nicht, dass das, was sie alles erzählen, wirklich Gottes Worte sind», so Frei.
Bruno Müller ist der Ansicht, dass Glaube und Religion zwei grundsätzlich verschiedene Dinge sind: «Die Religionen sind von Menschen geschaffene Institutionen, während der Glaube ein Geschenk Gottes ist.» Jeder könne dieses Geschenk annehmen oder ablehnen. Kenny Roberts glaubt, dass es die allermeisten Konflikte auf der Welt ohne Religionen schlicht nicht gäbe.
«Hauptgrund für Kirchenaustritte ist finanzieller Natur»
Leo Schmid ist sich hingegen sicher: «Der Hauptgrund für die Kirchenaustritte ist rein finanzieller Natur. Mit dem gesparten Geld kann man sich Ferien und Weiteres leisten.» Auch Leser Marco Jakob kennt viele, die nur des Geldes wegen aus der Kirche ausgetreten sind.
Für Marc Fankhauser war der Austritt aus der Kirche im Alter von 18 Jahren die erste Entscheidung, die er selbständig treffen durfte. Trotz seines Kirchenaustrittes findet er: «Einen Glauben kann ich trotzdem haben und spare dazu sogar noch Geld. Vierzig Jahre bezahle ich nun schon keine Kirchensteuer mehr.»