Johannesburg statt Hannover. Bis Mai 2020 produzierte VWs Nutzfahrzeugabteilung den Pick-up Amarok in der Hauptstadt Niedersachsens. Für die brandneue zweite Generation wird die Produktion auf die Südhalbkugel verlegt. Denn um Synergien zu nutzen und Kosten zu sparen, haben VW und Ford für die neue Pick-up-Generation zusammengespannt – der Amarok läuft künftig gemeinsam mit dem Ford Ranger im Werk in Südafrika vom Band.
Den Lead bei der Entwicklung hatte Ford – schliesslich haben die Amis bei Pick-ups einen Erfahrungsvorsprung. Der Amarok – nur ein Ford mit VW-Logo? Nein! Klar gibts gewisse Gleichteile, zum Beispiel das Dachblech. Doch VW hat penibel darauf geachtet, sich optisch deutlich vom Ranger abzugrenzen und die eigene Designsprache am Pick-up umzusetzen. Und das ist gelungen, wie wir finden.
Mehr Platz für Passagiere
Bullig steht er da, der Amarok, mit einer im Vergleich mit dem Vorgänger deutlich nach oben gezogenen Haube. Und auch die Länge ist gewachsen – um stolze 10 Zentimeter auf neu 5,35 Meter. Das kommt vor allem dem Innenraum zugute: Dank des kräftig gewachsenen Radstands (+17 cm) können nun auch grossgewachsene Passagiere auf der Rückbank der Doppelkabine bequem Platz nehmen; die Single-Cab nur mit Frontsitzen wirds bei uns nicht geben. Auf die Ladefläche, die hinter der Kabine auf dem Leiterrahmen montiert ist, passt wie beim Vorgänger eine längs oder quer eingeladene Europalette. Die maximale Zuladung beträgt je nach Version bis zu 1,2 Tonnen, die Anhängelast bis zu 3,5 Tonnen.
Höhere Ansprüche
Echte Arbeitstiere gibts auf dem Markt schon zuhauf – das weiss auch Volkswagen. Deshalb wird der Amarok bewusst als höherwertiger Premium-Pick-up positioniert, der vor allem in den Topversionen Panamericana und Aventura lifestyle-orientierte Privatkunden ansprechen soll. Letzteren konnten wir im sonnigen Süden einem ersten Test unterziehen.
Der Lifestyler unter den Pick-ups kommt mit viel Chrom und mächtigen 20-Zöllern. Innen wähnt man sich dank überzeugender Materialauswahl eher in einem Luxus-SUV denn einem Büezer fürs Grobe: Volldigitale Instrumente sind serienmässig an Bord, ebenso der von Ford übernommene Infotainment-Touchscreen – in den Topvarianten jeweils im 12-Zoll-Format. Ausserdem sorgen je nach Ausstattung mehr als 25 Assistenzsysteme für Komfort und Sicherheit – etwa der automatisch den Abstand haltende Geschwindigkeitsassistent oder die fürs Rangieren praktische 360-Grad-Rundumsicht.
Ausfahrt im V6-Diesel
Für die Testfahrt steht uns der V6-Diesel mit 240 PS und üppigen 600 Nm Drehmoment zur Verfügung – wie die ebenfalls erhältlichen 2.0-Vierzylinder-TDIs (170 und 205 PS) von Ford entwickelt. Der Sechszylinder erledigt seinen Job souverän, mühelos treibt er den bis zu 2,5 Tonnen schweren Amarok nach vorne. Nur hier und da wünscht man sich eine entschlossenere Gangwahl der sonst sanft schaltenden Zehngang-Automatik. Und trotz segmentüblicher blattgefederter Starrachse hinten bügelt der Pick-up selbst gröbere Unebenheiten sauber aus und sorgt für erstaunlich viel Fahrkomfort.
Bei allem Premiumanspruch legt er aber auch Nehmerqualitäten an den Tag. Dafür sorgen zwei 4x4-Systeme: Ein zuschaltbarer Allradantrieb mit drei Antriebsarten oder der erweiterte zuschaltbare Allradantrieb, der zusätzlich automatische Kraftverteilung via elektronisch geregelter Lamellenkupplung ermöglicht. Beide verfügen über eine kurze Geländeübersetzung. Wirds richtig grob, hilft die optionale zuschaltbare Differenzialsperre für die Hinterachse. Wasserdurchfahrten meistert der Amarok bis 80 Zentimeter – beim Vorgänger waren es nur 50.
Auch Preise sind Premium
Wer es noch eine Stufe robuster braucht, kann sich den Amarok zum Marktstart im Mai 2023 auch von einem Drittanbieter zum ultimativen Offroad-Pick-up umbauen lassen: Zum noch robusteren Fahrwerk kommen dann auch ein Dachzelt und eine Outdoor-Küche. Beim vor Ort gezeigten Modell werden aber neben dem Grundpreis noch gut 17'000 Franken zusätzlich fällig.
Der Premiumanspruch dürfte auch in der Preisliste stehen: Auch wenn VW die Preise noch nicht offiziell kommuniziert, tippen wir auf rund 70'000 Franken für die beiden Topversionen Panamericana und Aventura. Beim Einstiegsmodell dürften es rund 20'000 Franken weniger sein.