Durchatmen, einfach mal durchatmen. Den Herzschlag beruhigen, das Dopamin nachwirken lassen. Glücksgefühle. Was war das nur gerade? Objektiv eine Fahrt in einem Auto. Subjektiv einer der spektakulärsten Ausritte meiner Autoredaktoren-Karriere. Mir gehen die Superlative aus, das war jetzt schlicht der blanke Wahnsinn.
Ich stehe an einer Landstrasse, irgendwo in einem Nationalpark des spanischen Valencia. Der Geruch, der mir in der Nase liegt, setzt sich aus dem herrlichen Duft der Kiefernwälder und den berauschenden Leder- und Alcantara-Noten zusammen. Ich fühle mich wie ein Kampfjet-Pilot nach der Landung – nein, nicht mal Fliegen ist schöner als dieser wilde Autostier, der damit dem Lamborghini-Logo Ehre macht.
Leichtbau auf Höchstleistung
Ob Kampfjet, Stier, Biest – wie man ihn bezeichnet, der Huracán Tecnica ist ein ausserordentliches Erlebnis. Hier kreuzen die Technik-Künstler aus dem kleinen italienischen Sant'Agata Bolognese den auf Lifestyle getrimmten Evo RWD und den Rennstrecken-Boliden STO. Resultat ist eine Fahrspass-Maschine allererster Güte. «Wir haben im Vergleich zum Evo 35 Prozent mehr Abtrieb an der Hinterachse, den Luftwiderstand um 20 Prozent verringert, den STO-Motor verbaut und an Gewicht rausgenommen», sagt Lambo-Entwicklungschef Victor Underberg in den gekühlten Katakomben des örtlichen Circuit Ricardo Tormo am morgendlichen Briefing.
Nur 1379 Kilo Stahl, Alu, Karbon treffen im Tecnica auf das Mittelmotor-Kunstwerk mit zehn Zylindern und monströsen 640 PS – ergibt 2,15 Kilo pro PS. Die 565 Nm beeindrucken erst kaum – viele E-Autos bieten mehr. Aber wenn der V10-Sauger im Nacken losbrüllt, verflüchtigen sich alle Zweifel an der Potenz dieser «bella Macchina» wortwörtlich in Schall und Rauch: 3,2 Sekunden bis zur 100er-Schwelle stehen im Datenblatt, 200 km/h sollen in nicht mal zehn Sekunden erreicht sein.
Antrieb: 5.2-V10-Saugbenziner, 640 PS (470 kW), 565 Nm@6500/min, 7-Gang-Doppelkupplungs-Automat, Heckantrieb
Fahrleistungen: 0–100 km/h in 3,2 s, 0–200 km/h in 9,7 s, Spitze 325 km/h
Masse: L/B/H 4,57/1,93/1,17 m, Gewicht 1379 kg
Umwelt: WLTP noch nicht homologiert
Preis: ab 263'000 Franken (inkl. MwSt. und Zoll)
Antrieb: 5.2-V10-Saugbenziner, 640 PS (470 kW), 565 Nm@6500/min, 7-Gang-Doppelkupplungs-Automat, Heckantrieb
Fahrleistungen: 0–100 km/h in 3,2 s, 0–200 km/h in 9,7 s, Spitze 325 km/h
Masse: L/B/H 4,57/1,93/1,17 m, Gewicht 1379 kg
Umwelt: WLTP noch nicht homologiert
Preis: ab 263'000 Franken (inkl. MwSt. und Zoll)
Sportwagen-Erlebnis erster Güte
Hinter dem Steuer fühlt sich das so an: Tritt aufs Gas, Sekundenbruchteile später rollt der Wahnsinn auf 20-Zöllern mit tiefem Grollen los. Augenblicke danach mutiert das Grollen zum lustvollen Kreischen, der V10 orgelt hoch und geht wie wild. Erst bei 8000 Touren ist Schluss. Ein Zupfer an den wie Klingen geformten Schaltwippen am Sportlenkrad, der Sieben-Gang-Doppelkuppler hämmert den nächsten Gang rein. Vor Kurven beissen die Karbon-Keramik-Bremsen zu, als ob man einen Anker in den Asphalt wirft; nur 31 Meter hat der Tecnica von Tempo 100 bis zum Stillstand.
Aber wer will hier schon Stillstand? Kurve voraus, bremsen, runterschalten – aus den sechseckigen Endrohren feuern akustische Gewehrsalven ins Hinterland. Im Tecnica herrscht immer Spektakel: Es knistert, scharrt, zerrt – Sportwagen-Erlebnis pur! Wobei der Lambo ganz zahm kann. Nach der Kurvenhatz wechseln wir von «Sport» auf «Strada», also Strasse – quasi in den Zivil-Modus. Ganz gelassen rollt der Lambo dahin, kein Fauchen im Heck, dafür das Smartphone mit dem Infotainment verbunden und über Alexa den Lieblingstrack gewählt. Jetzt merke ich, wie bequem die Sportsitze sind, in denen ich mit Hosenträger-Gurten (Option) festgezurrt bin.
Nur Hightech vom Feinsten
Er beherrscht beides, der Tecnica, Alltag und Rennstrecke. Auf Letztere wechsle ich jetzt, um das volle Potenzial zu erleben. Schon nach den ersten Kurven spüre ich noch direkter, welch Irrwitz der 4,57 Meter kurze Huracán ist: Dank mitlenkender Hinterachse und frisch getrimmtem Fahrdynamik-System (LDVI) giert er so griffig und giftig nach Kurven, als sei er auf der Piste festgeklettet. Die im Rennmodus «Corsa» ultrasensible Traktionskontrolle greift sofort ein, wenn ich die gewaltige Kraft am Kurvenausgang zu ruppig auf die Hinterräder schicke – das tänzelnde Heck wird schnurstracks ohne Spassbremse eingefangen, der Tango geht weiter.
Über acht Jahre ist es her, seit der Huracán 2014 offizielle Weltpremiere am Genfer Autosalon feierte. Wie die meisten Lambo-Modelle nach einer Kampfstier-Rasse benannt, ist er das bisher erfolgreichste Modell im Stall des italienischen Traditions-Herstellers, der heute zum VW-Konzern gehört: Mehr als 20'000 Exemplare des Supersportlers wurden bis dato ausgeliefert. Mit der letzten Evolutionsstufe Tecnica und der für Ende Jahr angekündigten Offroad-Sonderserie Sterrato werden in den kommenden zwei Jahren noch einige Tausend dazukommen. 2024 wird der Huracán dann endgültig von seinem Nachfolger abgelöst, der über einen Plug-in-Hybrid-Antrieb verfügen wird.
Noch in diesem Jahr wird Lamborghini das Facelift seines Bestseller-SUVs Urus (Bild) vorstellen, der ebenfalls über ein Doppelherz aus V8-Benziner und E-Motor verfügen könnte. Spekuliert wird, ob der Urus Evo dabei auf Technik aus dem Porsche Cayenne Turbo S E-Hybrid zurückgreift: Bei ihm stehen 680 PS und maximal 900 Nm im Datenblatt. Richtig spannend wirds 2023, wenn Lambo den Nachfolger des V12-Flaggschiffs Aventador präsentiert – natürlich teilelektrifiziert, wie ab 2024 die gesamte Flotte der Italiener. In den nächsten fünf Jahren investiert Lamborghini 1,8 Milliarden Euro in die Elektrifizierung – 2028 kommt dann der erste reine Elektro-Supersportwagen der Marke auf den Markt.
Über acht Jahre ist es her, seit der Huracán 2014 offizielle Weltpremiere am Genfer Autosalon feierte. Wie die meisten Lambo-Modelle nach einer Kampfstier-Rasse benannt, ist er das bisher erfolgreichste Modell im Stall des italienischen Traditions-Herstellers, der heute zum VW-Konzern gehört: Mehr als 20'000 Exemplare des Supersportlers wurden bis dato ausgeliefert. Mit der letzten Evolutionsstufe Tecnica und der für Ende Jahr angekündigten Offroad-Sonderserie Sterrato werden in den kommenden zwei Jahren noch einige Tausend dazukommen. 2024 wird der Huracán dann endgültig von seinem Nachfolger abgelöst, der über einen Plug-in-Hybrid-Antrieb verfügen wird.
Noch in diesem Jahr wird Lamborghini das Facelift seines Bestseller-SUVs Urus (Bild) vorstellen, der ebenfalls über ein Doppelherz aus V8-Benziner und E-Motor verfügen könnte. Spekuliert wird, ob der Urus Evo dabei auf Technik aus dem Porsche Cayenne Turbo S E-Hybrid zurückgreift: Bei ihm stehen 680 PS und maximal 900 Nm im Datenblatt. Richtig spannend wirds 2023, wenn Lambo den Nachfolger des V12-Flaggschiffs Aventador präsentiert – natürlich teilelektrifiziert, wie ab 2024 die gesamte Flotte der Italiener. In den nächsten fünf Jahren investiert Lamborghini 1,8 Milliarden Euro in die Elektrifizierung – 2028 kommt dann der erste reine Elektro-Supersportwagen der Marke auf den Markt.
Zielgerade: Die Gänge fliegen nur so durch – und ich auch. Tempo 200, 220, 240, 260 ... Irre! Erst der nahende Bremspunkt unterbricht den herrlich kreischenden V10 in seinem Element. Selbst bei den Hightech-Bremsen hat Lambo nachgelegt: Dank besserer Durchlüftung ist die Flüssigkeit kühler und so der Belagverschleiss tiefer.
Unser begeistertes Fazit
Bitte den Stier an den Hörnern packen, Sportfreunde mit dickem Portemonnaie: Der Tecnica, mit rund 263'000 Franken zwischen Evo RWD und STO, wird die letzte «echte» Huracán-Evolutionsstufe bleiben, ehe in zwei Jahren der teilelektrifizierte Nachfolger anrollt und nach und nach die Lambo-Flotte hybridisiert wird (siehe Box). Und dann schlägt sicher auch das V10-Klangorchester leisere Töne an, das noch in meinen Ohrmuscheln nachhallt. Ein Erlebnis für alle Sinne, dieser adrenalinreiche, wohl letzte «echte» Lambo – aggressiv, unvergesslich und verlockend wie die Sünde.