Design ist Geschmacksache – auch oder gerade bei Autos. Fragt man Autofans nach den schönsten Modellen aller Zeiten, landen wohl selten dieselben Oldies auf dem Siegertreppchen. Das britische Online-Vergleichsportal Confused.com ist es bei der Analyse von 370 Autos mal wissenschaftlich angegangen und hat die Fahrzeugfronten auf Symmetrie untersucht – den sogenannten Goldenen Schnitt. Denn je symmetrischer ein Gesicht, desto attraktiver – und das wurde hier auf Autos angewendet. Die Ergebnisse der Studie bergen einige Überraschungen:
1940er-Jahre: Ferrari 166 MM Zagato Panoramica
Der Panoramica war 1949 nicht nur der erste Ferrari aus der Feder der Mailänder Designschmiede Zagato, sondern auch das erste Coupé von Ferrari. Die weit nach hinten gerückte Kabine wurde wegen der Bauweise mit viel Plexiglas auch als Gewächshaus bezeichnet. Von allen Dekaden-Gewinnern kommt dieser mit einer Rate von «nur» 88,27 Prozent am wenigsten dem Goldenen Schnitt nahe.
1950er-Jahre: Chrysler Plymouth Fury
Bei seiner Lancierung 1959 – das optisch sehr ähnliche Vorgängermodell kennen Kinofans als Horrormobil «Christine» – brachte der Fury von Chrysler-Tochter Plymouth alles mit, was ihn zum echten Ami-Flaggschiff machte: Chrom und Blech, so weit das Auge reicht, Flossen am Heck und einen 5,9 Liter grossen V8 unter der endlosen Haube. Warum aber gerade der Fury der Beau der Dekade ist? Wir wissen es nicht. Aber seine Rate beim Goldenen Schnitt: 95,3 Prozent.
1960er-Jahre: Bizzarrini 5300 GT Strada
Dieses Auto sieht nicht nur äusserst sportlich und elegant aus (Rate: 98 Prozent), es hat auch enormen Seltenheitswert: Erstens existierte Automobili Bizzarrini nur sieben Jahre (1962–1969), ehe Gründer Giotto Bizzarrini (heute 95 und übrigens Konstrukteur des legendären Ferrari 250 GTO) Insolvenz anmelden musste. Zweitens gibt es von der Strassenversion 5300 GT Strada noch drei Exemplare weltweit. Der Wert des Fahrzeugs dürfte mittlerweile in die Abermillionen gehen.
1970er-Jahre: Mercedes-Benz C 111 II
Unzählige Blankoschecks gingen damals bei Mercedes ein. Aber der C 111 blieb ein Experimental-Fahrzeug, das in verschiedenen Versionen zahlreiche Rekorde brach (u.a. 404 km/h Spitze) und Technologien wie Turbodiesel und Wankel, Klappscheinwerfer oder Werkstoffe erprobte (dazu hier: Die spektakulärsten Flügeltürer aller Zeiten). Schade, dass er nie in Serie ging: Mit einer Rate von 99,33 Prozent landet der C 111 auf Rang zwei aller untersuchten Fahrzeuge.
1980er-Jahre: Lamborghini Jalpa P350
Nach Lamborghinis Insolvenz 1979 sollte der Jalpa als günstiger Konkurrent von Ferrari Dino 246 und Porsche 911 die Produktion im Werk Sant'Agata Bolognese (I) Anfang der 1980er-Jahre besser auslasten. Obwohl der nur 4,22 Meter lange Jalpa mit seinem 255 PS starken 3,5-Liter-V8 in Testberichten gute Noten erhielt, floppte er bei den Kunden: In nur drei Produktionsjahren wurden lediglich 410 Exemplare hergestellt – trotz einer Goldener-Schnitt-Rate von über 98 Prozent!
1990er-Jahre: Ferrari F355 GTS
Auch wenn er seinem Vorgänger 348 zum Verwechseln ähnlich sieht, war der 1994 vorgestellte F355 Ferraris Satz in die Neuzeit. Neue Technologien führten zu besserem Fahrverhalten und höheren Fahrleistungen. So beschleunigte der «Einsteiger»-Ferrari mit 381 PS starkem V8-Motor in rund 4,7 Sekunden auf Tempo 100. Die Preise des F355 starteten 1995 ab knapp über 200'000 Franken.
2000er-Jahre: Lamborghini Gallardo Coupé
Keine Frage: Der 2004 vorgestellte Gallardo aus der Feder von Stardesigner Luc Donckerwolke (56, heute Designchef im Hyundai-Kia-Konzern) ist mit klaren, kraftvollen Linien ein Sportwagen wie aus dem Bilderbuch (Rate: 99,2 Prozent). Der für sein Design mehrfach preisgekrönte Gallardo galt mit Fünfliter-V10 (500 PS) als Lamborghinis Einstiegsmodell unterhalb des V12-angetriebenen Murciélago.
2010er-Jahre: McLaren 720S
Der 2017 erschienene McLaren 720S verblüfft doppelt: Er ist laut der Confused-Analyse nicht nur das schönste Auto der 2010er-Jahre, sondern das Fahrzeug, das mit einer Rate von unfassbaren 99,73 Prozent dem Goldenen Schnitt am nächsten kommt. Somit ist der 720 PS starke Brite das statistisch gesehen attraktivste Fahrzeug aller 370 untersuchten Kandidaten. Ob da wohl ein wenig britischer Nationalstolz mitgespielt hat? Aber uns bleibt nur, zu sagen: Congrats!
2020er-Jahre: McLaren GT
Im erst rund einem Jahr alten aktuellen Jahrzehnt steht bis jetzt abermals ein McLaren ganz oben auf dem Design-Siegertreppchen. Der GT kann aber nicht nur schön und schnell (620 PS, 0–100 km/h in 3,2 Sekunden), sondern auch praktisch: Unter der fast vollständig verglasten Kuppel bietet er bis zu 420 Liter Stauraum – Wahnsinn für einen fraglos besonders attraktiven Sportwagen!