Alle Hersteller schwören auf Elektroautos und schwere SUVs. Nur Lamborghini kommt mit dem Huracán Sterrato daher – vielleicht das aktuell sinnfreieste Auto auf dem Markt. Seine Spitzengeschwindigkeit von 260 km/h lässt ihn im Vergleich zu seinem Strassenpendant Tecnica, der 325 km/h schafft, alt aussehen. Und dennoch – oder eben genau deshalb – macht der Sterrato vieles richtig.
Stollenreifen, eine Höherlegung von 4,4 Zentimetern und Unterfahrschutz, der Lufteinlass auf dem Dach und Zusatz-Scheinwerfer machen den Sterrato zum ungewöhnlichsten Offroader der Welt: ein Supersportwagen mit 610 PS für die Schotterpiste. Bevor es für uns und den Offroader aber auf die unbefestigte Strassen geht, drehen wir zuerst auf der Rundstrecke von Varano (I) in der Nähe von Parma einige Runden.
Ein Kinderspiel?
Erste Überraschung: Die Sitzposition fühlt sich nicht anders an als im Normal-Huracán Tecnica, den wir vorab zum Vergleich fahren durften. Auch der Innenraum scheint bis auf die Fahrmodi gleich zu sein: Wie in jedem Huracán gibt es Strada als normalen Fahrmodus und Sport. Im Sterrato findet sich aber an dritter Position statt des Corsa – für Rennstrecke – den Modus Rally. Zusätzlich zeigt eine Digitalanzeige den Lenk- und Neigungswinkel des Offroaders – noch sinnvoll im Gelände.
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Der Sterrato lässt sich kinderleicht über die Strecke pilotieren. Die Lenkung ist präzise, das Fahrwerk vergleichsweise weich, aber die Leistung dennoch nicht von schlechten Eltern. Klar, es handelt sich immer noch um den bekannten V10-Saugmotor, der 610 PS (449 kW) leistet und ein maximales Drehmoment von 560 Newtonmetern über ein 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe an alle vier Räder abgibt. Im Sportmodus wird die Elektronische Stabilitätskontrolle (ESP) etwas gelockert, was beim Herausbeschleunigen aus der Kurve hilft.
Heisse Angelegenheit
Nach rasanten Runden auf abgesperrtem Asphalt gehts über typisch abgefahrene Strassen durch die norditalienische Emilia-Romagna. Fenster öffnen, um dem Klang des Zehnzylinders besser lauschen zu können? Lieber nicht bei über 42 Grad Celsius Aussentemperatur. Die holprigen Kieswege in die Provinz meistert der Sterrato souverän dank im Vergleich zum Tecnica 37 mm längeren und 25 Prozent weicheren Federn.
Auf einer Privatstrasse gehts dann ein paar Runden durchs Gelände – mit Verstand natürlich, man will ja ein 300'000-Franken-Auto nicht in einen Baum setzen. Danach wollen wirs aber richtig wissen und lassen den Profi ans Steuer. Einsteigen, anschnallen, Rallyemodus rein, ESC aus und Abfahrt. Schon auf den ersten Metern kommt das Heck quer. «Wie auf dem Velo fährt man mit dem über Stock und Stein», sagt der Testfahrer seelenruhig. Unglaublich, wie viel flotter man über den Kies fegt mit ein paar Tausenden Kilometern Erfahrung im Auto.
Antrieb 5,2-l-V10-Saugbenziner, 610 PS (449 kW), 560 Nm@6500/min, 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, Allradantrieb
Fahrleistungen 0 bis 100 km/h in 3,4 s, Spitze 260 km/h (elektronisch abgeriegelt)
Masse L/B/H 4,53/1,96/1,25 m, Leergewicht 1470 kg, Kofferraum 100 l
Umwelt Verbrauch Werk 14,9l/100 km, 337 g/km CO₂-Ausstoss lokal, Energieeffizienz G
Preis ab ca. 300'000 Franken – aber alle 1499 Exemplare sind ausverkauft.
Antrieb 5,2-l-V10-Saugbenziner, 610 PS (449 kW), 560 Nm@6500/min, 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, Allradantrieb
Fahrleistungen 0 bis 100 km/h in 3,4 s, Spitze 260 km/h (elektronisch abgeriegelt)
Masse L/B/H 4,53/1,96/1,25 m, Leergewicht 1470 kg, Kofferraum 100 l
Umwelt Verbrauch Werk 14,9l/100 km, 337 g/km CO₂-Ausstoss lokal, Energieeffizienz G
Preis ab ca. 300'000 Franken – aber alle 1499 Exemplare sind ausverkauft.
Was für ein Gerutsche
Eine abgesperrte Kiesgrube wird zur dritten Testetappe. Helm und ein Instruktor auf dem Beifahrersitz sind Pflicht auf dem losen Untergrund. Nach einer Einführungsrunde rumpeln wir mit Ach und Krach übers Gelände. Die Stabilitätskontrolle ist komplett aus – sonst würde sie auf dem rutschigen Untergrund das Auto ständig auf Null abbremsen. Trotzdem lässt sich der Sterrato in einer 180-Grad-Kehre per Lenkrad und Gaspedal so einfach kontrollieren, als sei es ein Spielzeugauto. Dabei hilft das Lamborghini Dinamica Veicolo Integrata, ein elektronischer Assistent für die Fahrdynamik-Steuerungssysteme. Als Fast-Zweimeter-Mensch sollte man aber den Kopf unter Kontrolle haben, sonst touchiert man immer wieder den Dachhimmel.
Ein Auto für die grosse Offroad-Kletterpartie? Definitiv nicht. Aber eins, das uns auf dem Fahrersitz das Grinsen lehrt. Schade nur, dass der Huracán Sterrato schon ausverkauft ist – und sich wohl viele Exemplare in Sammlergaragen die Pneus plattstehen dürften.