Ein Start nach Mass sieht anders aus. Zum Auftakt des einjährigen Dauertests im Dezember 2021 gehts für den damals brandneuen VW ID.4 GTX gleich auf die Langstrecke: 700 Kilometer von Zürich Richtung norddeutschem Harz. Das erste Mal harzig wirds hinter Stuttgart: Die im Prospekt versprochenen 480 Kilometer schrumpfen auf der Autobahn schnell unter 300 – auch bei sanftem Stromfuss und maximal 130 km/h.
Während die erste fast 40-minütige Zwangspause noch gut mit einem Sandwich zu überbrücken ist, nervt das Warten nach weiteren 250 Kilometern im Gewerbegebiet bei Fulda deutlich mehr. Maximal 125 kW am Schnelllader sind für lange Strecken nach heutigen Elektroauto-Massstäben einfach zu langsam und für uns eine der grössten Schwachstellen des ID.4.
Platz top, Qualität Flop
Doch der 4,58 Meter lange Kompakt-SUV ist nicht umsonst VWs Elektro-Bestseller – sogar vor dem Golf-grossen ID.3. Ein Stück weit dürfte das an der Optik liegen: Besonders mit dunkelrot-schwarzer Doppellackierung und coolen 21-Zoll-Alufelgen zieht der GTX im Test immer wieder die Blicke auf sich. Innen kann der ID.4 mit ganz objektiven Werten überzeugen: Dank der erhöhten Karosserie steigt es sich ganz leicht auf die mit Alcantara und Leder bezogenen Sportsitze in Reihe 1, denen wir bei der Langstreckentauglichkeit Bestnoten geben. Ebenfalls reichhaltig ist das Platzangebot im Fond, wo auch grosse Passagiere viel Freiheit geniessen, und im familientauglichen Kofferraum.
Ganz ohne Gemecker gehts aber auch im Innenraum nicht: Das Infotainmentsystem startet teils sehr lahm, der Bildschirm der Digitalinstrumente ist für unseren Geschmack zu klein, die Materialqualität für diese Preisklasse mau. Besonders der grossflächig verbaute Klavierlack ist im Alltag unpraktisch, weil er schnell verkratzt und jeden Fingerabdruck sichtbar macht. Abzüge gibts auch bei der Übersicht nach vorne. Wegen der weit hochgezogenen Haube sieht man kaum, wo der ID.4 endet. Resultat: Im Test haben gleich drei Mitglieder der Autoredaktion die vordere rechte Felge am Randstein malträtiert.
Antrieb Elektrisch, zwei E-Motoren, 299 PS (220 kW), 162+310 Nm, 1-Stufen-Automat, Allradantrieb
Fahrleistungen 0–100 km/h in 6,2 s, Spitze 180 km/h, Batterie 77 kWh, max. Ladeleistung AC/DC 11/125 kW, Reichweite WLTP/Test 340–480/300–400 km
Masse L/B/H 4,58/1,85/1,62 m, Gewicht 2380 kg, Laderaum 543–1575 l
Umwelt Verbrauch WLTP 23,2 kWh/100 km, Test 24,1 kWh/100 km = 0/0 g/km CO₂, Energie A.
Preise ID.4 GTX ab 64'000 Franken, Testwagen plus Optionen (u.a. 21-Zoll-Felgen, Panoramadach, Sportsitze, Matrix-LED, AR-Head-up-Display, 12-Zoll-Infotainment, teilautonomes Fahren, Sportfahrwerk, Zweifarb-Lack) 71'880 Fr., ID.4-Basis (Heckantrieb, 174 PS) ab 52'400 Fr.
Antrieb Elektrisch, zwei E-Motoren, 299 PS (220 kW), 162+310 Nm, 1-Stufen-Automat, Allradantrieb
Fahrleistungen 0–100 km/h in 6,2 s, Spitze 180 km/h, Batterie 77 kWh, max. Ladeleistung AC/DC 11/125 kW, Reichweite WLTP/Test 340–480/300–400 km
Masse L/B/H 4,58/1,85/1,62 m, Gewicht 2380 kg, Laderaum 543–1575 l
Umwelt Verbrauch WLTP 23,2 kWh/100 km, Test 24,1 kWh/100 km = 0/0 g/km CO₂, Energie A.
Preise ID.4 GTX ab 64'000 Franken, Testwagen plus Optionen (u.a. 21-Zoll-Felgen, Panoramadach, Sportsitze, Matrix-LED, AR-Head-up-Display, 12-Zoll-Infotainment, teilautonomes Fahren, Sportfahrwerk, Zweifarb-Lack) 71'880 Fr., ID.4-Basis (Heckantrieb, 174 PS) ab 52'400 Fr.
GTX fährt sportlich
Schade, denn fahren an sich kann der ID.4 GTX richtig gut! Zum einen ist der SUV ein seidiger Gleiter mit ruhigem Lauf und sehr tiefem Geräuschniveau im Innenraum, der Bodenwellen geschmeidig wegfedert. Doch wenn der Fahrer will, packen die maximal 299 PS aus den beiden E-Maschinen deftig zu und sorgen selbst auf Passstrassen dafür, dass der fast 2,4 Tonnen schwere GTX auch vermeintlich sportlicher ausgerichteten Verkehrsteilnehmern die schicken LED-Rückleuchten zeigt. Sogar in engen Kehren wankt der GTX dank tiefem Schwerpunkt kaum wahrnehmbar und die Regelelektronik des Allradantriebs sorgt stets für beste Traktion. Auf der Strasse konnte uns der Wolfsburger Sportstromer vollends überzeugen.
Hinzu kommen clevere Assistenten: Rechtzeitig vor dem Ortseingang fängt der ID.4 an, selbständig zu verzögern, und gewinnt optimal Strom zurück, bis er am Ortsschild genau 50 km/h fährt. Auch wenn der vorausfahrende Verkehr langsamer wird, passt der ID.4 die Geschwindigkeit an, um möglichst effizient unterwegs zu sein. So schafften wir auf Routen mit viel Landstrassen- und Innerortsanteil gelegentlich sogar mehr als die normgeprüften 480 Kilometer. Richtig futuristisch ist das Head-up-Display mit Augmented-Reality-Funktionen, bei dem bei aktiviertem Navi beispielsweise Richtungspfeile beim Abbiegen ins Sichtfeld projiziert werden.
Fazit nach 20'000 Kilometern
Es ist nicht alles Gold, was beim Wolfsburger Sportstromer glänzt. Auf der Langstrecke hätten wir uns neben mehr Effizienz und einer höheren Schnelllade-Leistung auch eine optimalere Routenplanung gewünscht – zumindest die letzten beiden Punkte hat VW mit dem Update auf die Software 3.0 im Nachhinein verbessert (siehe Box zum ID.5 GTX). Andere Kritikpunkte wie die Materialanmutung im Innenraum können die Wolfsburger aber erst mit dem Facelift angehen, das wohl in einem Jahr ansteht. Doch wir wollen festhalten: Ein schlechtes Elektroauto ist der ID.4 GTX auf keinen Fall. Doch im Detail haben wir gemerkt, dass es sich beim ID.4 um die erste Generation von Stromern aus dem VW-Konzern handelt. Und wir wissen: Aller Anfang ist schwer.