TV-Programm oder DVD-Sammlung sind in der heutigen Zeit Fremdwörter. Dank Digital-TV können wir spontan einen noch Film kaufen oder mieten. Und wer das Sport-Abo nicht gelöst hat, kann sich am TV trotzdem spontan das Finale der Champions League buchen, wenn es seine Lieblingsmannschaft ins Endspiel geschafft hat.
Was dank Pay-TV schon lange völlig normal ist, hält immer mehr und in einem noch viel grösseren Ausmass in unseren Autos Einzug. Damit kabellose Updates (over-the-air) wie beim Smartphone möglich wurden, sind unsere Autos mit dem Internet verbunden. So können die Hersteller jetzt nicht nur das Multimediasystem aktualisieren, sondern auch neue Funktionen hinzufügen. Natürlich gegen Aufpreis – gerade die noblen Marken haben mit den sogenannten On-Demand-Funktionen eine neue Einnahmequelle entdeckt.
So funktionierts
Autobesitzerinnen und -Besitzer müssen nicht mehr einem Extra nachtrauern, wenn sie ein Häkchen in den teils fast unendlichen Aufpreislisten ihres Neuwagens vergessen haben. Sie können die Option einfach über den Webshop am Computer, die App auf dem Smartphone oder das Multimediasystem im Auto nachordern. Die Hersteller bieten die Update-Extras aber vor allem im Abo an. Sprich, es fallen monatliche oder jährliche Kosten an – und die Hersteller können in Abos Preiserhöhungen für ihre Modelle verstecken.
Für Kunden haben diese Extras im Abo aber auch Vorteile. Beispielsweise müssen sie die Sitzheizung nicht für teures Geld von Anfang bestellen, sondern können sie nur in den kühlen Wintermonaten abonnieren. Das restliche Jahr brauchen sie ja keine warme Sitzgelegenheit. Im Sommer lässt sich dafür eine sportlichere Fahrwerks- oder Lenkungsabstimmung freischalten, falls ein Roadtrip über kurvige Landstrassen und Pässe geplant ist.
Vorteile für Hersteller
Mit den Extras im Abo können die Hersteller aber nicht nur zusätzliches Geld verdienen, sondern auch die Produktionskosten senken. Statt jedes Auto nach den speziellen Wünschen des Kunden mit einzelnen Extras zu konfigurieren, verbauen sie gleich die Technik für alle Extras. Das macht die Produktion einfacher und senkt die Anschaffungskosten für entsprechende Komponenten, weil die Hersteller sie in höheren Stückzahlen bestellen können. Im Umkehrschluss heisst das aber auch, jede Kundin bekommt ein voll ausgestattetes Auto. Doch kann sie nur einen Bruchteil davon nutzen oder muss ein Abo für die entsprechende Funktion lösen.
Diese Extras bietet BMW
Wenig überraschend sind diese On-Demand-Dienste nicht ganz günstig. Bei BMW gibt der «Connected-Drive-Shop» online eine Übersicht über die angebotenen Abo-Extras und Kosten. Die erwähnte Sitzheizung kostet 29 Franken im Monat. Wer sie für ein Jahr bucht, zahlt also 229 Franken, für drei Jahre 339 Franken. Für 499 Franken lässt sie sich unbegrenzt freischalten. Im Fall des BMW X3 (2022 meistverkaufter BMW der Schweiz) sollten Kunden die Sitzheizung von Anfang ordern. Dann kostet sie nur 480 Franken.
Lenkradheizung oder Fernlichtassistent lassen sich ebenfalls nachträglich bestellen – für einen Monat (15 bzw. 12 Fr.), ein Jahr (129 bzw. 99 Fr.), drei Jahre (199 bzw. 159 Fr.) oder unbegrenzt (269 bzw. 229 Fr.). Mit 340 beziehungsweise 240 Franken kosten Lenkradheizung und Fernlichtassistent im Konfigurator des X3 allerdings mehr als ein nachträgliches Update. Andere Elemente wie adaptives Sportfahrwerk (499 Fr.), Apple CarPlay Vorbereitung (409 Fr.) oder der adaptive Tempomat (1099 Fr.) lassen sich nur unbegrenzt freischalten. Auch im Falle des Tempomats lohnt es sich, von Anfang daran zu denken. Ab Werk kostet er im X3 «nur» 820 Franken. Sportfahrwerk und CarPlay gehören zu Ausstattungspaketen, weshalb ein direkter Vergleich nicht möglich ist.
Die Porsche-Abos
Auch Porsche bietet Abo-Extras an – vor allem für die Taycan-Modelle. Im mindestens 104'000 Franken teuren Taycan kostet LED-Matrix-Licht ab Werk 1559 Franken. Wer das wohlklingende «Porsche Dynamic Light System Plus» nachträglich im Abo löst, bezahlt 38 Franken im Monat. Damit liesse sich 44 Monate (die ersten drei Monate sind kostenlos) oder drei Jahre und acht Monate mit Matrix-Licht fahren, bis es mehr kostet, als es von Anfang zu bestellen. Wer in den helleren Sommermonaten darauf verzichtet, fährt sogar sechs bis sieben Winter lang günstiger.
Selbst eine der Stärken der Modelle aus Zuffenhausen, die adaptive Servolenkung Plus, die sich der Geschwindigkeit anpasst, kostet im Taycan Connect Store einmalig 399 Franken. Hier würde es sich lohnen, schon bei der Bestellung daran zu denken. Dann kostet die Servolenkung nur 350 Franken. Für Importmodelle bietet Porsche gar den in der Schweiz serienmässig integrierten Routenoptimierer «Porsche Intelligent Range Manager» für 10 Franken im Monat oder einmalig 399 Franken an.
Extras bei Audi und VW
Noch etwas mehr Individualität und Flexibilität bietet Audi. Die Auswahl der «Functions on Demand» genannten Angebote variiert je nach Modell und es gibt auch bei der Laufzeit mehr Auswahl. Das von den Kunden oft gebuchte Smartphone-Interface gibts im Audi Q4 E-Tron für einen Monat (12 Fr./Testmonat 1 Fr.), sechs Monate (60 Fr.), ein Jahr (120 Fr.), zwei Jahre (220 Fr.), drei Jahre (320 Fr.) oder unlimitiert (600 Fr.). Ab Werk ist das Interface im 1320 Franken teuren Smartphone Paket integriert, zu welchem auch ein 12-Volt-Stecker und zwei USB-C-Anschlüsse zählen.
Aber die nachträglich bestellbaren Extras sind längst kein Alleinstellungsmerkmal der Luxusmarken. Auch VW bietet dies im Golf 8 sowie den ID-Modellen 3, 4, 5 und Buzz an. Dabei ist die Auswahl für den Golf grösser als bei den elektrischen Hoffnungsträgern. So lässt sich beispielsweise die Sprachbedienung für einmalig 235 Franken (ab Werk 260 Fr.) nachbestellen. Auch sonst setzt VW vor allem auf Einmalzahlungen statt ein Abo-Modell. Für 51.90 Franken gibts Ambientebeleuchtung (ab Werk 190 Fr.). Wer nachträglich einen Abstandstempomat will, bezahlt 339 Franken und für 165 Franken gibts den Fernlichtassistent (ab Werk 180 Fr.).
Fazit
Die neue digitale Welt bietet Unentschlossenen die Möglichkeit, bei der Bestellung ihres Autos auf ein Extra zu verzichten und es dafür im Abo auszuprobieren. Wie einige Rechen-Beispiele zeigen, lässt sich auch Geld sparen, wenn man Extras erst nachträglich per Update bestellt. Bei der Konfiguration eines Neuwagens empfiehlt sich ein Preis-Vergleich mit den Extra-Abos im Webshop.
Wer solche Optionen weglässt, reduziert damit auch nicht den Wiederverkaufswert. Denn ein Folgebesitzer kann die entsprechenden Optionen für den Gebrauchtwagen immer wieder dazubuchen. Wichtig ist allerdings, dass die technischen Voraussetzungen dafür gegeben sind. Das ist aktuell noch nicht bei allen Modellen oder für alle Extras gegeben. Doch es dürfte je länger je mehr Optionen für mehr Modelle geben. Mit der Stammnummer lässt sich auf den Seiten der Hersteller schnell herausfinden, welche Updates möglich sind.