Im Handelsstreit zwischen den USA und China droht eine erneute Eskalation. Diese Woche hat die US-Regierung um Präsident Joe Biden (81) verkündet, die Zölle auf China-Importe in strategisch wichtigen Bereichen drastisch zu erhöhen. Neben Solarzellen, Halbleitern, Alu und Stahl, Hafenkränen, Batterien und Medizinprodukten werden insbesondere die Importzölle für Elektroautos made in China massiv nach oben geschraubt: von bisher 25 auf neu 100 Prozent! Laut US-Regierung seien Einfuhren im Wert von 18 Milliarden Dollar betroffen.
Hintergrund: Die USA werfen China vor, die globalen Märkte mit verbilligten Exporten zu fluten – die chinesische Regierung um Präsident Xi Jinping (70) unterstützt einheimische Hersteller mit hohen Subventionen, was zu gewaltigen Überkapazitäten führt. In der Folge können die chinesischen Autobauer ihre Fahrzeuge deutlich günstiger anbieten und würden so die US-Autoindustrie massiv unter Druck setzen. Wie China konkret auf die Strafzölle reagiert, ist derzeit noch unklar. Ein Sprecher des chinesischen Aussenministeriums liess laut der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» aber kurz nach der US-Ankündigung verlauten, dass China «alle notwendigen Massnahmen ergreifen werde, um seine Rechte und Interessen zu verteidigen».
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Europa zwischen den Fronten
Auch die EU liebäugelt schon länger mit Strafzöllen auf chinesische Elektroautos: «Wir werden unsere Firmen verteidigen, wir werden unsere Wirtschaft verteidigen, wir werden nie zögern, das zu tun, wenn das nötig ist», stellte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (65) diese Woche nochmals klar. EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis (52) betonte laut einem Bericht der «Automobilwoche», dass die Subventionen in China eine Gefahr für die europäische Industrie darstellten.
Zwar sind die Verkaufszahlen chinesischer E-Autos auf den meisten europäischen Märkten noch überschaubar. Auf dem grössten Automarkt Europas, in Deutschland, liegt ihr Marktanteil aktuell bei gerade einmal 0,75 Prozent. Doch die im Vergleich zu hiesigen Stromern günstigen Preise könnten die Konsumenten zunehmend zu chinesischen E-Autos greifen lassen.
Insbesondere die Exportnation Deutschland mit ihrer starken Autoindustrie befürchtet nun, in einem drohenden Handelskrieg zwischen die Fronten zu geraten – der chinesische Markt ist für die deutschen Hersteller der Wichtigste überhaupt. Allein der VW-Konzern verkaufte im letzten Jahr mehr als drei Millionen Autos in China, was mehr als einem Drittel des gesamten Absatzes des grössten europäischen Autobauers entspricht. Auch für BMW und Mercedes ist China von enormer Bedeutung: 2023 machten die Verkäufe im Reich der Mitte 37 beziehungsweise 36 Prozent des Gesamtabsatzes aus.
BMW-Chef Oliver Zipse (60) warnte jüngst deutlich vor den Plänen der EU, chinesische Produkte mit Strafzöllen zu belegen. Letztlich würde sich Europa selbst «ins Knie schiessen».
Am Ende nur Verlierer?
Was Zipse damit meint, sind nicht etwa drohende Strafzölle auf in der EU produzierte Autos, die China als Gegenreaktion verhängen könnte. Vielmehr produzieren einige deutsche Marken schon heute Autos in China, die später nach Europa exportiert werden – bei BMW ist dies zum Beispiel beim Elektro-SUV iX3 der Fall. Auch diese an sich «deutschen» Autos wären von den EU-Importzöllen betroffen.
Noch dramatischer wäre es für die deutschen Hersteller aber, wenn China seinerseits nun die Zölle auf Autos anhebt, die aus den USA nach China exportiert werden: So werden die von BMW und Mercedes in China verkauften SUVs grösstenteils in Amerika gebaut. Deshalb warnte auch Bundeskanzler Olaf Scholz jüngst vor einem drohenden Handelskrieg zwischen den USA und China und einer Abschottung der Märkte: «Protektionismus macht am Ende alles nur teurer.» Was man benötige, sei «ein fairer und freier Welthandel».