Auch beim Thema Auto ist die kleine Schweiz ein grosser Sonderfall: Nirgends in Europa wird mehr Geld für einen Neuwagen ausgegeben als bei uns – im Schnitt rund 60'000 Franken. Nirgends werden prozentual gesehen mehr Autos der sogenannten Premium-Hersteller verkauft – hinter BMW als zweitbeliebtester Marke (21'290 Neuzulassungen) folgen Audi (20'313) und Mercedes (19'971) auf Platz 4 und 5. Und obwohl die Schweiz keine nationale Automarke besitzt, hängt direkt oder indirekt jeder achte Arbeitsplatz am Automobil – die Schweiz zählt international zu den wichtigsten Innovatoren der Autoindustrie.
Auch die Schweizer Autokäuferinnen geben sich technologieoffen: Unter den rund 250'000 zugelassenen Neuwagen rangierte letztes Jahr erneut Teslas Model Y auf Platz 1, gefolgt von einem weiteren reinen Stromer, Skodas Kompakt-SUV Enyaq. Doch auf welche Modelle fahren unsere europäischen Nachbarn ab? Wir haben uns auf den fünf grössten Automärkten Europas umgesehen und die Bestseller von 2023 zusammengetragen.
Spanien: Klein und günstig
Nicht ganz eine Million Autos (950'000) wurde letztes Jahr im viertbevölkerungsreichsten Land der EU neu zugelassen. Das bedeutet ein deutliches Wachstum auf dem fünftgrössten Automarkt Europas gegenüber 2022, wo Spanien wie viele Länder vom Ukraine-Krieg und der Chipkrise arg gebeutelt war. Dennoch fehlten auch 2023 weiterhin rund 300'000 Neuwagen – mehr als der komplette Schweizer Markt –, um am Vor-Corona-Niveau anzuknüpfen.
Überraschend setzt sich im spanischen Königreich kein Fahrzeug aus einheimischer Produktion die Krone der automobilen Bestseller auf: Wie schon 2020 geht der Titel an den Dacia Sandero. Der Kleinwagen von Renaults rumänischer Billig-Tochter Dacia fährt europaweit auf Platz 2 der meistverkauften Autos und musste sich 2023 nur von Teslas Model Y geschlagen geben – erstmals in der Geschichte führt damit ein Elektroauto die europäische Bestseller-Statistik an! Auf Rang 2 der spanischen Verkaufscharts fährt der City-SUV Seat Arona vor; ein weiterer Seat landet mit dem Kleinwagen Ibiza auf Rang 10 – im Marken-Ranking landet die spanische VW-Tochter nur noch auf Platz 5 hinter Toyota, Kia, VW und Hyundai. Interessant: Mit fast 20'000 verkauften Modellen landet der MG ZS auf Rang 4 – die 2006 vom chinesischen SAIC-Konzern übernommene britische Traditionsmarke feiert mit zahlreichen preiswerten Modellen europaweit Verkaufserfolge. In der Schweiz ist MG bislang noch nicht vertreten.
Spaniens Auto-Bestseller 2023:
Platz | Marke/Modell | Neuzulassungen |
1 | Dacia Sandero | 27'951 |
2 | Seat Arona | 21'639 |
3 | Toyota Corolla | 19'845 |
4 | MG ZS | 19'818 |
5 | Peugeot 2008 | 19'433 |
6 | Hyundai Tucson | 19'097 |
7 | Toyota C-HR | 18'478 |
8 | Kia Sportage | 18'359 |
9 | VW T-Roc | 17'238 |
10 | Seat Ibiza | 16'644 |
Italien: Einer fährt weit voraus
2023 hat auf dem viertgrössten Automarkt Europas (ca. 1,6 Mio. Neuzulassungen) gewissermassen eine Zeitenwende stattgefunden: Fiats Kleinwagen-Bestseller 500 taucht das erste Mal seit der Neuauflage 2007 nicht mehr in den Top Ten der meistverkauften Autos Italiens auf. Grund könnte sein, dass der Cinquecento seit letztem Jahr nur noch als Hybrid-Variante oder rein elektrischer 500e angeboten wird – beide sind teurer als der Benzin-Vorgänger. Das meistverkaufte Auto bleibt trotzdem ein Fiat: Der Panda mit 107'520 verkauften Modellen fährt mit grossem Abstand wie schon viele Jahre davor auf Platz 1 in der Bestseller-Tabelle. Der Panda soll dieses Jahr ebenfalls elektrisch werden – die Verbrenner-Versionen aber vorerst erhalten bleiben.
Grundsätzlich mögens Italienerinnen und Italiener klein und günstig – die Hälfte aller verkauften Fahrzeuge stammen aus dem Mini- oder Kleinwagensegment: Auf Rang 2 fährt der Sandero von Renaults rumänischer Billig-Tochter Dacia, die mit dem Duster auf Rang 10 noch ein weiteres Auto in den Top Ten parkiert. Knapp hinter dem Sandero folgt der Lancia Ypsilon – ja, richtig gelesen. Italien ist der einzige Markt, auf dem die Marke Lancia aktuell noch aktiv ist – das möchte Mutterkonzern Stellantis in den nächsten Jahren aber ändern. Als einziges deutsches Auto fährt der VW T-Roc auf Rang 5 – knapp hinter Toyotas Yaris Cross auf dem vierten Platz.
Italiens Auto-Bestseller 2023:
Platz | Marke/Modell | Neuzulassungen |
1 | Fiat Panda | 107'520 |
2 | Dacia Sandero | 48'442 |
3 | Lancia Ypsilon | 44'744 |
4 | Toyota Yaris Cross | 35'078 |
5 | VW T-Roc | 33'490 |
6 | Citroën C3 | 33'267 |
7 | Renault Captur | 31'219 |
8 | Ford Puma | 30'925 |
9 | Jeep Renegade | 30'623 |
10 | Dacia Duster | 30'195 |
Frankreich: Mit Nationalstolz
Bei ausländischen Touristen ist das meistbesuchte Land der Welt extrem beliebt, bei internationalen Autoherstellern dafür umso gefürchteter. Fast 1,8 Millionen Autos – 400'000 weniger als im Vor-Corona-Jahr 2019 – wurden auf dem drittgrössten europäischen Automarkt im letzten Jahr neu zugelassen. Auf den ersten sieben Plätzen der meistverkauften Modelle rangieren nur einheimische Marken. Mit einer Ausnahme: Renault-Tochter Dacia durchbricht mit dem Sandero auf dem dritten Rang die französische Vorherrschaft – aber gehört ja zur Familie.
Auf Platz 1 fährt einmal mehr Renaults Kleinwagen Clio, der auch in den europäischen Verkaufscharts der letzten Jahre stets vorne mit dabei war. Mit klarem Abstand rangiert der Peugeot 208 auf Rang 2, Platz 4 geht an den Citroën C3, der ab diesem Frühling auch als günstiger, rein elektrischer ë-C3 angeboten wird. Der europäische Bestseller Model Y von Tesla stromert auf den achten Platz noch vor Dacias Budget-SUV Duster und Fiats kleinen 500. Das erste Auto aus deutscher Produktion folgt mit dem VW Polo auf Rang 17 (26'117 Zulassungen).
Frankreichs Auto-Bestseller 2023:
Platz | Marke/Modell | Neuzulassungen |
1 | Renault Clio | 97'471 |
2 | Peugeot 208 | 86'263 |
3 | Dacia Sandero | 69'106 |
4 | Citroën C3 | 59'603 |
5 | Peugeot 2008 | 49'344 |
6 | Renault Captur | 47'569 |
7 | Peugeot 308 | 45'564 |
8 | Tesla Model Y | 37'127 |
9 | Dacia Duster | 32'625 |
10 | Fiat 500 | 31'973 |
Grossbritannien: Alles anders
Im Vereinigten Königreich ticken die Uhren seit je her ein bisschen anders – das spiegelt sich auch im Ranking der meistverkauften Autos wider. Auf dem zweitgrössten Automarkt Europas (1,9 Mio. Neuzulassungen) dominiert Ford seit Jahren die Bestsellerlisten – auch im abgelaufenen 2023. Die ersten beiden Plätze gehen an den City-SUV Puma sowie den Kleintransporter Transit Custom, bevor auf Rang 3 Nissans Kompakt-SUV Qashqai folgt. Die Japaner, die seit 1999 mehr Autos als jeder andere Hersteller in Grossbritannien produzierten, fahren mit dem City-SUV Juke auf Platz 9 noch ein weiteres Modell in die Top Ten.
Immerhin zwei Modelle mit britischen Wurzeln landen ebenfalls unter den 10 meistverkauften Autos: Opel-Tochter Vauxhall fährt mit dem Corsa auf Platz 4, BMW-Tochter Mini mit dem One/Cooper auf Platz 8. Erstaunlich: Nach Ford (rund 250'000 Neuzulassungen) und VW (197'000) landet Premiumhersteller Audi auf Rang 3 der beliebtesten Marken (137'000) – sogar noch vor Vauxhall (135'000) und dem japanischen Autogiganten Toyota (129'000).
Grossbritanniens Auto-Bestseller 2023:
Platz | Marke/Modell | Neuzulassungen |
1 | Ford Puma | 49'591 |
2 | Ford Transit Custom | 43'466 |
3 | Nissan Qashqai | 43'321 |
4 | Opel/Vauxhall Corsa | 40'816 |
5 | Kia Sportage | 36'135 |
6 | Tesla Model Y | 35'899 |
7 | Hyundai Tucson | 34'469 |
8 | Mini One/Cooper | 33'385 |
9 | Nissan Juke | 31'745 |
10 | Audi A3 | 30'159 |
Deutschland: König Golf regiert
Krisen, Kriege, Konsumflaute: Die drittgrösste Volkswirtschaft der Welt hat ein bewegtes Jahr hinter sich. Während in den meisten Ländern Europas die Wirtschaft teils wieder kräftig anzog, schrumpfte sie beim nördlichen Nachbarn. Das zeigt auch der Blick auf den grössten europäischen Automarkt: 2,84 Millionen neu zugelassene PWs bedeuten zwar ein Plus von 7,3 Prozent gegenüber 2022 – doch der extrem schwache Dezember (–23% gegenüber Dezember 2022) dämpfte die Stimmung zum Jahresende erneut. Für den Einbruch dürfte der plötzliche Stopp des jahrelang gewährten Umweltbonus auf Elektrofahrzeuge verantwortlich sein.
Beim Blick auf die meistverkauften Modelle gibts auf Platz 1 erneut keine Überraschung: Seit fünf Jahrzehnten steht der VW Golf an der Spitze der deutschen Verkaufscharts (in der Schweiz 41 Jahre hintereinander von 1975 bis 2016) – und hat es auch 2023 wieder geschafft. Das drittmeistverkaufte Auto aller Zeiten verteidigte die Spitzenposition deutlich vor den Markenbrüdern T-Roc und Tiguan. Nur der Opel Corsa auf Rang 4 kann die VW-Dominanz brechen, bevor auf Rang 5 mit dem Passat abermals ein VW vorfährt.
Interessant: Die fünf grössten deutschen Marken Audi, BMW, Mercedes, Opel und VW kommen zusammen auf einen Marktanteil von exakt 50 Prozent. Über zwei Drittel aller Neuwagen wurden gewerblich zugelassen – nur ein Drittel privat. Und auch wenn die mediale Berichterstattung oft anderes vermuten lässt, chinesische Hersteller spielen auf dem deutschen Automarkt bis jetzt kaum eine Rolle. Bestverkaufte China-Marke war 2023 erneut MG: Doch die über 21'000 Neuzulassungen entsprechen lediglich einem Marktanteil von 0,7 Prozent.
Deutschlands Auto-Bestseller 2023:
Platz | Marke/Modell | Neuzulassungen |
1 | VW Golf | 81'117 |
2 | VW T-Roc | 68'678 |
3 | VW Tiguan | 63'958 |
4 | Opel Corsa | 53'669 |
5 | VW Passat | 47'494 |
6 | Fiat 500 | 47'166 |
7 | Tesla Model Y | 45'818 |
8 | Mercedes C-Klasse | 44'257 |
9 | Skoda Octavia | 41'819 |
10 | BMW X1 | 37'267 |