Knall im April 2024: Mit einer grossen Show enthüllte die italienische Traditionsmarke Alfa Romeo ihr erstes rein elektrisches Modell. Milano sollte der kompakte Crossover heissen, der auf einer Plattform von Mutterkonzern Stellantis steht, die für Alfas Ansprüche massiv überarbeitet wurde. Doch eine Woche später redet niemand mehr vom Auto, sondern nur noch von dessen Namen.
Denn Milano ist nicht erlaubt, obwohl die italienische Stadt Gründungsort des Autobauers ist. Der Grund: Der italienische Minister für wirtschaftliche Entwicklung, Adolfo Urso (66), wirft dem Autobauer vor, mit dem Namen die Kundschaft zu täuschen, da der Milano gar nicht in Mailand, sondern im polnischen Werk Tychy produziert werde. Ein Verstoss gegen ein italienisches Gesetz, das 2003 vom damaligen Regierungschef Silvio Berlusconi (1936–2023) auf den Weg gebracht wurde. Demnach dürfen Produkte nur dann Namen mit Bezug zu Italien erhalten, wenn sie auch im Land produziert werden.
Sehr späte Entscheidung
Um «ein Klima der Gelassenheit zu fördern» und einen langwierigen Rechtsstreit zu umgehen, reagiert Alfa Romeo sofort und macht aus dem Milano den Junior. In den Wochen danach rätselt die Autowelt: Hat Alfa bei der Benennung des neuen Autos die Rechtslage nicht abgeklärt? Autonamen werden sonst im Hinblick auf Namensrechte und ihre Bedeutung in unterschiedlichen Sprachen von darauf spezialisierten Agenturen vorab geprüft. Denn ein juristischer Fehler bei der Benennung kann teuer werden: Allein schon die Neuerstellung bereits produzierter Werbespots oder Autoprospekte kann Millionen kosten (auch interessant: Wenn Autonamen in die Hose gehen).
Oder hat der Autobauer den Streit um den Stromer-Namen gar provoziert oder inszeniert, um dem neuen Modell mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen? Die Theorien schossen ins Kraut. Doch jetzt nennt Daniel Guzzafame, Vorstand für die Produkte bei Alfa Romeo, die Hintergründe: «Der Name Milano war seit Jahren registriert und der Regierung bekannt, ebenso der polnische Produktionsstandort. Dennoch wurde erst so spät entschieden.»
Antrieb Elektromotor, 280 PS (207 kW), 345 Nm@1/min, 1-Gang-Getriebe, Frontantrieb mit mechanischem Sperrdifferenzial, Akku 51,0 kWh netto, Laden AC/DC 11/100 kW
Fahrleistungen 0–100 km/h in 5,9 s, Spitze 200 km/h, Reichweite WLTP 625 km
Masse L/B/H 4,17/1,78/1,51 m, Gewicht 1635 kg, Laderaum 400–1265 l
Umwelt k.A.
Preis ab 49'490 Franken, Basis ab 41'490 Franken (Benzin-Hybrid, 136 PS/100 kW ab 31'490 Franken)
Antrieb Elektromotor, 280 PS (207 kW), 345 Nm@1/min, 1-Gang-Getriebe, Frontantrieb mit mechanischem Sperrdifferenzial, Akku 51,0 kWh netto, Laden AC/DC 11/100 kW
Fahrleistungen 0–100 km/h in 5,9 s, Spitze 200 km/h, Reichweite WLTP 625 km
Masse L/B/H 4,17/1,78/1,51 m, Gewicht 1635 kg, Laderaum 400–1265 l
Umwelt k.A.
Preis ab 49'490 Franken, Basis ab 41'490 Franken (Benzin-Hybrid, 136 PS/100 kW ab 31'490 Franken)
Auf dem falschen Fuss erwischt
Rechtlich sei klar: Der Milano musste umbenannt werden, so Guzzafame. Auch wenn die italienische Regierung ihrer Entscheidung ein Gesetz zugrunde gelegt habe, das ursprünglich zum Schutz von in Italien produziertem Parmesankäse und anderen Spezialitäten konzipiert wurde. Als italienischer Staatsbürger setzt er aber Fragezeichen: Kann man mit diesem Gesetz ein Auto bewerten, für dessen Produktion unzählige globale Zulieferer zusammenarbeiten? «Es ist einfach, als Kriterium den Standort des Werks anzulegen und zu sagen: Dieses Auto wird in Polen gebaut, darf also keinen italienischen Namen tragen», sagt Guzzafame. Aber was sei zum Beispiel mit den Ingenieuren, Designern, Produktplanern? Sie alle arbeiten in Italien. Aber diese Tatsache werde nicht einbezogen.
Alfa wurde von der Entscheidung der Regierung auf dem falschen Fuss erwischt. Namensschilder, Werbematerial – es war alles fixfertig produziert, betont Guzzafame. Immerhin habe man ohne lange Abklärungen innerhalb von zwei Tagen auf den Namen Junior umschwenken können: Der war bereits geprüft und auf Alfa Romeo eingetragen, denn die Marke hatte ihn seit den 1960er-Jahren schon für die Einstiegsversionen einiger Modelle genutzt. Schwierig sei aber die Änderung der Homologationspapiere gewesen für die Zulassung des Modells in der Europäischen Union.
Also war die erzwungene Namensänderung weder ein fataler Fehler noch ein Marketing-Gag. Aber definitiv ein Politikum.