Neuer Aston Martin DBX: 550 PS und ein Quäntchen Mercedes
Lichtblick in der Finsternis?

Auf Aston Martins erstem SUV lastet eine schwere Bürde: Der DBX soll dringend benötigtes Geld in die Kassen des britischen Autobauers spülen. Hilfe gibts dabei gleich zweifach von einem deutschen Mitbewerber.
Publiziert: 10.08.2020 um 16:41 Uhr
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Aktualisiert: 28.04.2021 um 12:40 Uhr
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Neuer Aston Martin DBX: Der britische Sportwagenbauer geriet nicht erst seit Corona in eine Krise mit sinkenden Verkäufen und einem CEO-Wechsel.
Foto: DOMINIC FRASER
Wolfgang Gomoll

Niemals ein SUV! So lautete lange das Motto bei Nobelmarken wie Lamborghini, Rolls-Royce und Bentley. Autos im Hochformat? Untragbar für Sport- und Luxusmarken, die etwas auf sich halten. Pech nur, dass genau solche Modelle die Renner sind von ganz klein bis ganz gross. Längst gibts deswegen Urus, Cullinan und Bentayga. Mal sehen, wann auch der ewige SUV-Verweigerer Ferrari umfällt.

Aston Martin ist jetzt gerade umgefallen. Jedenfalls beinahe – und gleich doppelt: Corona trieb den sowieso schon finanziell angeschlagenen britischen Sportwagenbauer in die Absatz-Depression mit gerade mal knapp 1800 Autos im ersten Halbjahr 2020. Und in die Führungskrise. Andy Palmer musste Platz machen für den bisherigen Boss von Mercedes-AMG, Tobias Moers. Aber jetzt kommt ein Aston-SUV. Und alles soll wieder gut werden.

Wichtigster Aston seit über 50 Jahren

Der DBX ist für Aston Martin mindestens so wichtig wie das legendäre Bond-Auto DB5. Mit Allradantrieb, V8-Biturbo mit 550 PS, einem maximalen Drehmoment von 700 Newtonmetern und einer Trick-Karosserie, die sich auf Knopfdruck für die harten Touren abseits des Asphalts um 45 Millimeter hebt oder sich sportlich um 15 Millimeter absenkt. 007 wäre begeistert.

Einfach einen Lamborghini-Urus-Klon auf die Räder zu stellen, hätte dem Aston-Anspruch nicht entsprochen, der gerne in einer eigenen Liga spielen möchte. Beim DBX bedeutet das: Er soll Cruisen wie ein DB11, Kurvenhetzen wie ein Vantage und auch noch Gelände können. Wenn schon, denn schon: «Der Porsche Cayenne Turbo war unser Referenzauto», sagt Technikchef Matt Becker.

Erster SUV der Marke

Der DBX steht auf einer neuen Alu-Plattform und wird auf eigenen Bändern gebaut. Ausserdem mussten die Ingenieure vor fünf Jahren bei null anfangen, da es in der 107-jährigen Geschichte des britischen Autobauers ja bislang keinen Crossover gab. «Das schwierigste Auto, das ich je gemacht habe», gesteht Becker. Zumal der DBX bei Astons Kundschaft zünden muss – schliesslich sind noch weitere Varianten wie ein Coupé geplant. Und Geld muss er auch dringend in die Kassen spülen. Ganz wichtig: Vier Personen mit Gardemass sollen in dem Crossover Platz finden. Dafür streckten die Ingenieure den Radstand auf 3,06 Meter und kürzten die Überhänge. Und das bei einer Länge von 5,04 Metern – das ist zehn Zentimeter kürzer als ein Bentley Bentayga.

Aston Martin DBX

Motor 4,0-V8-Biturbo-Benziner 550 PS (405 kW), 700 Nm@2200/min, 9-Stufen-Automatikgetriebe, 4x4.
Fahrleistungen 0–100 km/h in 4,5 s, Spitze 291 km/h.
Masse L/B/H = 5,04/2,00/1,68 m, 2245 kg, Ladevolumen 632 l.
Verbrauch Werk 14,3 l/100 km, 323 g/km CO2 (WLTP), Energie nicht bekannt.
Preis ab 195'065 Fr.

Motor 4,0-V8-Biturbo-Benziner 550 PS (405 kW), 700 Nm@2200/min, 9-Stufen-Automatikgetriebe, 4x4.
Fahrleistungen 0–100 km/h in 4,5 s, Spitze 291 km/h.
Masse L/B/H = 5,04/2,00/1,68 m, 2245 kg, Ladevolumen 632 l.
Verbrauch Werk 14,3 l/100 km, 323 g/km CO2 (WLTP), Energie nicht bekannt.
Preis ab 195'065 Fr.

Jagen soll er aber Porsches Cayenne Turbo – das erklärt die identische PS-Zahl. Nur wird die von einem V8 aus dem Mercedes-AMG-Regal bereitgestellt. Beide Marken arbeiteten ja schon vor dem Moers-Eintritt zusammen. In 4,5 Sekunden sind 100 km/h erreicht und die Tachonadel stürmt weiter bis 291 km/h. Der theoretische Verbrauch ist mit 14,3 Litern pro 100 Kilometer dementsprechend. Drückt man «Sport» oder «Sport Plus», legt sich die elektrische Wankstabilisierung mehr ins Zeug und Gaspedal und die 9-Stufen-Automatik von Mercedes agieren merklich schärfer. Angenehm: Die Lenkung wird zwar direkter, nervt aber nicht mit zu grossen Rückstellkräften und das Fahrwerk federt straff, aber nicht hölzern.

Im Standardmodus rollt der 2245 Kilogramm schwere SUV kommod, lässt sich von üblen englischen Landstrassen nicht aus der Ruhe bringen und schaltet seidenweich. In Kurven neigt sich die Karosserie sogar ein wenig. Gewollt: «Zu viel Wankstabilisierung würde bei diesem Fahrprogramm künstlich wirken», sagt Becker. Im GT-Fahrmodus klingt der Motor satt; lediglich in «Sport» und «Sport Plus» kommen die AMG Rowdy-Gene mit Zwischengassalven durch. Kurven nimmt der Aston Martin DBX auch ohne Hinterachslenkung souverän, aber nicht ganz so leichtfüssig wie der Porsche Cayenne. Permanent schiebt der Allradantrieb die Antriebskräfte zwischen den Achsen hin und her. Damit ist auch bei rutschigem Untergrund Traktion garantiert.

Viel Platz und feines Leder

Im Inneren gehts edel zu: Die Sitze tragen auf Wunsch das Lochdesign eines Budapester Schuhs. Und vier Erwachsene haben genug Freiraum; der Kofferraum schluckt ordentliche 632 Liter, allerdings ist die Ladeluke etwas eng. Das Infotainment wurde ebenfalls weiterentwickelt. Der Drehdrücksteller und das Touchpad zur Bedienung stammen weiterhin aus Mercedes-Beständen. Aber die grafische Oberfläche hat nichts mehr mit der angestaubten Optik des ausser Dienst gestellten Mercedes-Infotainments gemein.

Hat der DBX nun eine Chance gegen all die anderen Luxus-Crossover? Definitiv. Man muss nur mindestens 195'065 Franken übrig haben.

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