Acht Jahre dauert ein Modellzyklus von der Lancierung bis zur Ablösung? Nicht mehr bei Hyundai: Nach rund fünf Jahren gibts beim südkoreanischen Autobauer jeweils eine neue Modellgeneration, um flotter auf den technischen Wandel und den Elektrotrend zu reagieren – und weil kurze Entwicklungszeiten massiv Kosten sparen. Deshalb startet schon dieses Jahr die zweite Generation des 2017 präsentierten rein elektrischen Kona – während mancher Mitbewerber noch nicht einmal den ersten Stromer am Start hat.
Im Blick-Dauertest überzeugte uns die Erstauflage als prima Kompromiss aus zahlbarem Kaufpreis, Reichweite und Fahreigenschaften – ein idealer Alltagsstromer. Geblieben ist die Antriebsstrategie: Am liebsten verkauft Hyundai auch künftig den elektrischen Kona. Aber für preissensible Märkte und solche, die mit E-Mobilität noch nichts am Hut haben, kommt er auch wieder als Hybrid oder reiner Verbrenner. Aber alles andere stellten die Entwickler auf den Prüfstand. Und machten nach Kundenfeedback beim neuen einiges anders. Blick konnte schon drinsitzen.
Konzept
Erster Eindruck: Holla, ist der gross! Der erste Kona war ein kleines SUV am unteren Segmentrand, der neue kratzt mit 4,36 Metern Länge fast an der nächsthöheren Klasse. Alles legte zu; die Breite um 2,5, die Höhe um 2 und der Radstand um 6 Zentimeter. Damit schaut der Fünfplätzer viel selbstbewusster aus als sein Vorgänger. Neu war der Entwicklungsprozess: Beim ersten Kona wurde im Nachhinein der Elektroantrieb in die Verbrenner-Plattform integriert. Diesmal starteten die Ingenieure bei der Elektroversion und berechneten den Platz für die Verbrenner-Komponenten noch mit ein. Deshalb gibts neu unter der Fronthaube beim Stromer einen Mini-Kofferraum fürs Ladekabel, den sogenannten Frunk. Und im Innern gehts so viel grosszügiger zu.
Design
Seit dem aktuellen Tucson mit seiner Flutlicht-Front bricht Hyundai mit vielen Designtraditionen – nicht nur der eigenen. Treiber ist Chefdesigner SangYup Lee, der vor Hyundai unter anderem Bentleys Luxuskarossen stylte. Lohn der Mühe: Ende Februar wurde er zum globalen «Automenschen des Jahres» 2023 gekürt. Beim Kona gibts mit der Diagonale über die ganze Seitenfläche auch Tucson-Stilelemente. Aber in der Front glimmen nur schmale Tagfahrlichter in einem durchgehenden LED-Lichtband. Genau hingucken: Bei der Elektroversion ist es in winzige Segmente aufgeteilt, bei den Verbrennern durchgehend. Die Scheinwerfer sitzen tief und weit aussen an den Ecken. Parkrempler überleben sie dennoch, weil ihre LEDs zurückversetzt sind und die untere Karosserie zuerst Hinderniskontakt hat. Stellt man den neuen Kona neben den Vorgänger, gibts jedenfalls keine Gemeinsamkeiten. Gut so, weil das Design bisher Hauptkritikpunkt war.
Platzangebot
Sechs Zentimeter mehr Radstand tönen nach wenig, aber im Interieur machen sie vor allem auf der Rücksitzbank einen grossen Unterschied. Weil die Sitzbank glatt durchgeht statt ausgeformter Einzelsitze, wirkt sie noch einmal grosszügiger – wie es mit dem Seitenhalt aussieht, muss noch ein Fahrtest zeigen. Die grösseren Fenster lassen mehr Licht hinein und der Boden ist völlig flach – das lässt den Innenraum ebenfalls geräumiger wirken. Nachdem bisherige Käuferinnen das Ladevolumen monierten, gibts neu 466 Liter und noch mehr mit umgelegten Rücksitzlehnen – wie viel, mag Hyundai noch nicht verraten.
Cockpit
Vorne wähnt man sich beinahe in Hyundais Edelstromern: Wie in Ioniq 5 und 6 wird der grosse Doppelscreen für Instrumente und Infotainment eingebaut. Trotzdem bleibts bei analogen Tasten fürs Klima oder das Bose-Soundsystem – gut so! Die Fahrtrichtung wählt man neu per Hebel am Lenkrad; bei den Assistenten gibts neu einen Aufmerksamkeitswarner und von Fernlichtassistent bis zum sich selbst an die Limite anpassen Tempomaten vieles, was im Segment längst nicht zum Standard gehört. Sollte der technische Fortschritt drohen, zu überholen, lässt sich der Kona künftig «over the air» per Mobilfunknetz updaten.
Antrieb
Zu Hybrid- und reinen Verbrenner-Versionen hält sich Hyundai noch bedeckt – der Stromer steht im Vordergrund. Zwei Varianten jeweils mit Frontantrieb gibts, deren technische Daten aber noch nicht definitiv festgelegt sind: Die Basisversion kommt mit 157 PS (115 kW) und einer Batterie mit 48,4 Kilowattstunden (kWh) Kapazität für geschätzte 342 Kilometer Reichweite. Darüber rangiert eine Long-Range-Version mit 218 PS (160 kW) für maximal 490 Kilometer dank 65,4 kWh Akkukapazität. Sie toppt den bisher stärksten Kona um 14 PS. Erstaunlich: Beim Verbrauch unterbietet sie mit 15,1 kWh/100 km die Basisversion (15,7 kWh). Neu wird die Batterie vorm Schnellladen vorkonditioniert – also so gekühlt oder geheizt, dass sie bei idealer Temperatur geladen werden kann. Allerdings dauerts dann dennoch rund 41 Minuten, um den Kona von zehn auf 80 Prozent zu laden. Und warum kein Solardach zur Stromproduktion? «Wir haben es durchgerechnet», sagt SangYup Lee: «Viel zu teuer für das bisschen Strom, der gewonnen werden könnte.»
Zu den Preisen gibts indes noch keine Informationen. Aber für mehr Auto dürfte man sicher auch mehr berappen als für den ab 39'300 Franken startenden Vorgänger.