Auf einen Blick
- Carlos Tavares auslaufender Vertrag wird im Januar 2026 nicht mehr verlängert
- Markenbereinigung könnte Tavares' letzte grosse Tat sein
- Fünf mögliche Nachfolger werden an der Gerüchtebörse gehandelt
Carlos Tavares (66) hat vieles richtig gemacht. Noch als Chef der PSA-Gruppe (Peugeot/Citroën) bewahrte der Portugiese die Franzosen vor der drohenden Pleite. Schluckte dann für wenig Geld Opel, führte die deutsche Marke wieder in die schwarzen Zahlen zurück, und fusionierte schliesslich vor drei Jahren mit einem Milliardendeal PSA und FCA (Fiat/Chrysler) zur inzwischen 14 Marken umfassenden Stellantis-Gruppe.
Dennoch ist der Star-Manager im Stellantis-Aufsichtsrat jetzt in Ungnade gefallen.
Deshalb hat der Aufsichtsratschef und Angehörige der 14,3 Prozent an Stellantis haltenden Agnelli-Familie, John Elkann (48), vor zwei Tagen verkündet, dass der Vertrag mit Tavares nicht mehr verlängert werde. Grund sind die massiven Einbrüche im Nordamerika-Geschäft und die unzufriedenen Händler in den USA. Aber auch Zweifel, ob Tavares den Bogen mit 14 Marken und der jüngsten Neuerwerbung (Beteiligung an der China-E-Marke Leapmotor) nicht überspannt habe. Zumal sich der Konzern unprofitable und sich teils gar konkurrenzierende Marken wie Alfa Romeo, DS, Lancia oder Maserati leistet.
Markenbereinigung zum Abschied
Schon bei der Präsentation der schlechten Halbjahreszahlen im Sommer drohte Tavares unzimperlich Marken zu schliessen, wenn sie kein Geld verdienen. Wörtlich sagte er: «Wir können es uns nicht leisten, Marken zu haben, die kein Geld einbringen.» Gut möglich, dass es deshalb im Stellantis-Konzern noch zum grossen Knall kommt – und die angedrohte Markenbereinigung die letzte grosse Tat von Tavares vor seinem Abgang wird.
Natürlich kursieren bereits Gerüchte, wer die Nachfolge von Carlos Tavares an der Spitze von Stellantis antreten könnte. Zudem habe der CEO selbst ein Papier mit fünf infrage kommende Namen dem Aufsichtsrat übergeben.
Fünf Favoriten für die Nachfolge
In der Öffentlichkeit als möglicher Tavares-Nachfolger am häufigsten genannt wird Maxime Picat (50). Der Franzose ist seit drei Jahren Einkaufschef für die gesamte Stellantis-Gruppe, war zuvor Tavares rechte Hand, hat China-Erfahrung, spricht mehrere Sprachen und ist ebenso strikt Performance-orientiert wie Tavares selbst. Als einstiger Peugeot-Chef strich er die Modellpalette zusammen, senkte die Kosten und machte die Marke so ökonomisch wieder flott. Was jedoch gegen ihn sprich: Seit Freitag ist seine Position geschwächt. Muss er doch die Supply-Chain-Organisation intern abtreten.
Ein anderer oft genannter Name ist Mike Manley (60), der seit Ende 2021 die US-Autohandelsgruppe Auto Nation führt. Der frühere Jeep-CEO und FCA-Vorstandschef war einst als Chef aller Stellantis-Operationen in Nordamerika vorgesehen. Doch weil Manley nicht gleichberechtigt neben Tavares agieren konnte, orientierte sich der Brite neu. Inzwischen verfügt er über genügend Erfahrung, die es für den Chefposten eines globalen Autokonzerns braucht.
Gehts nach der mitentscheidenden Agnelli-Familie, heisst der Favorit allerdings Roy Jakobs (50). Die Italiener halten viel vom Chef des holländischen Philips-Konzerns, von dem der Agnelli-Clan seit letztem Jahr 15 Prozent der Anteile übernommen hat. Warum nicht ein branchenfremder Manager für den Top-Job in der immer breiter aufgestellten Autoindustrie?
Hochgeschurtz aus dem Rennen
Als weitere mögliche Tavares-Nachfolger genannt werden von einigen Experten der frühere Stellantis-Regionalchef in Südamerika und heutige Jeep-CEO Antonio Filosa (47), der eben vor zwei Tagen auch zum COO von Stellantis Nordamerika befördert wurde, sowie der aktuell als CEO mit Renault/Dacia auf einer Erfolgswelle reitende Italiener Luca de Meo (57). Definitiv aus dem Rennen ist dagegen der deutsche Ex-Chef von Renault Schweiz und derzeit noch als Stellantis-Europachef agierende Uwe Hochgeschurtz (61). Er wird den Stellantis-Konzern verlassen, wurde am Freitag bekannt.
Sicher ist: Der neue Stellantis-CEO muss einen nahtlosen Übergang garantieren und den vor allem auf Profitabilität setzenden Kurs seines Vorgängers fortsetzen. Ein Journalistenkollege meinte auf die Tavares-Nachfolge angesprochen lachend: «Am besten wäre wohl ein Klon von Tavares.»