Nach Problemen bei Golf und ID.3 und rassistischem Werbespot bei Volkswagen
VW-Chef Herbert Diess muss Platz machen

Knall im VW-Konzern: CEO Herbert Diess muss die Führung der Marke Volkswagen abgeben, aber bleibt Konzernchef. Ralf Brandstätter soll nun die Marke wieder auf Kurs bringen und problemfreier in die Elektromobilität starten.
Publiziert: 09.06.2020 um 11:38 Uhr
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Aktualisiert: 01.07.2020 um 03:51 Uhr
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VW-Chef Herbert Diess macht Platz bei Volkswagen: Neu leitet Ralf Brandstätter (51, Bild) als CEO die wichtigste Marke im VW-Konzern.
Foto: Rolf Schulten
Andreas Faust

VW-Konzernchef Herbert Diess (61) muss Macht abgeben. Das hat der VW-Aufsichtsrat an einer Sondersitzung am Montagabend entschieden. Ab dem 1. Juli wird Ralf Brandstätter (51) die Führung der wichtigsten Konzernmarke bei Volkswagen übernehmen. Diess hatte seit seinem Antritt als CEO Konzern und Marke in einer Doppelfunktion geleitet, Brandstätter hatte sich als COO um das Tagesgeschäft bei der Marke VW gekümmert.

Zuletzt Probleme beim Erfolgskonzern

Der Konzern hofft, damit die akuten Probleme bei der Marke Volkswagen und im VW-Konzern in den Griff zu bekommen. Mitte Mai hatte Diess einen Produktionsstopp für die neue Generation des VW-Erfolgsmodells Golf verhängen müssen: Der seit März 2018 für alle neuen Modelle rechtlich vorgeschriebene automatische Notrufassistent e-Call funktionierte wegen Softwarefehlern nicht richtig. Passend zum Führungswechsel wurde das Problem inzwischen gelöst und der Produktionsstopp aufgehoben.

Auch der ID.3, mit dem VW ab dem Sommer in die Elektromobilität starten will, soll unter Softwareproblemen leiden und deshalb zunächst möglicherweise mit abgespecktem Funktionsumfang ausgeliefert und später nachgerüstet werden. VW ist aufgrund der verschärften CO2-Grenzwerte seit Januar darauf angewiesen, in diesem Jahr den ID.3 noch nennenswert zu verkaufen, um CO2-Strafzahlungen zu vermeiden.

Betriebsratschef als grösster Kritiker

Zuletzt sorgte auch ein als rassistisch eingestufter Werbespot für den neuen Golf für einen Shitstorm. VW hatte sich für den Werbe-Fehlgriff entschuldigt. Betriebsratschef Bernd Osterloh (63) sagte: «Ich schäme mich für diesen Spot. Da spreche ich sicherlich für die ganze Belegschaft.» Der einflussreiche Betriebsvorsitzende sitzt auch im Konzern-Aufsichtsrat und hatte in dieser speziellen Doppelrolle zuletzt auch die Probleme bei der Einführung des Golf scharf kritisiert.

Und auch der Dieselskandal beschäftigt den Konzern weiter: Ende Mai hatte ein deutsches Gericht entschieden, dass VW zur Rücknahme der von Softwaremanipulationen an Dieselmotoren betroffenen Autos verpflichtet ist und den Kaufpreis grossteils erstatten muss. In den USA drohen neue Strafzahlungen in Milliardenhöhe. Und im September beginnt der Prozess gegen den ehemaligen Audi-Chef Rupert Stadler (57), dem vorgeworfen wird, manipulierte Dieselfahrzeuge wider besseren Wissen in den Handel gebracht zu haben.

Wandel bei VW zu rasant?

Möglicherweise fehlte Diess die Zeit, um den auflaufenden Problemen genügend Aufmerksamkeit zu widmen. Erst seit 2015 ist Diess im Konzern und wurde 2018 Nachfolger von Matthias Müller (67) als Konzernchef. Der hatte nach dem VW-Dieselskandal den VW-Konzern innert kürzester Zeit neu auf Elektromobilität als Antrieb der Zukunft ausgerichtet. Diess setzt diesen Umschwung mit Nachdruck fort, hat einen drastischen Sparkurs verordnet, aber hat im rasanten Wandel offenbar Schwierigkeiten, die Belegschaft von seinem Kurs zu überzeugen. Speziell ist zudem die Unternehmensstruktur bei VW mit dem mächtigen Osterloh, aber auch dem deutschen Bundesland Niedersachsen, das 20 Prozent der VW-Anteile hält und mitbestimmt.

Gleichzeitig mit dem Führungswechsel bei VW wurde zudem bekannt, dass Einkaufsvorstand Stefan Sommer (57) auf eigenen Wunsch auf Ende Juni den Konzern verlässt. Sommer hatte bis 2018 den Zulieferer ZF in Friedrichshafen (D) geleitet, der zuletzt den Abbau von 15'000 Stellen angekündigt hatte.

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