Mitsubishi bringt den Outlander zurück
Erwachen aus dem Winterschlaf

Im Sommer 2020 wollte sich Mitsubishi aus Europa zurückziehen. Dann der Rückzug vom Rückzug: Mithilfe von Allianzpartner Renault lancierten die Japaner Ende 2022/Anfang 2023 die Modelle ASX und Colt neu. Und: Ende dieses Jahres folgt der neue Outlander.
Publiziert: 03.04.2024 um 05:28 Uhr
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Aktualisiert: 03.04.2024 um 06:25 Uhr
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Mitsubishi hat zuletzt eine bewegte Zeit hinter sich. Noch 2017 plante die japanische Marke zum 100. Geburtstag euphorisch mit drei neuen SUV-Modellen für Europa.
Foto: ZVG.
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Raoul SchwinnenRedaktor Auto & Mobilität

Noch vor sieben Jahren sah Mitsubishis Zukunft rosig aus. Die letzte Finanz- und Absatzkrise schien überstanden, drei neue SUVs waren für Europa geplant und passend zum 100. Markengeburtstag wollte der japanische Autobauer 2017 so richtig durchstarten. Als Pionier bei den Plug-in-Hybridantrieben (PHEV) rechnete man sich grosse Chancen aus, nach dem Beitritt zur Allianz von Renault und Nissan auch dort eine gewichtige Rolle zu spielen.

Doch erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Statt drei Neuheiten blieb es bei einer, dem Allrad-SUV Eclipse Cross. Danach kam die Corona-Pandemie. Renault und Nissan rutschten in die roten Zahlen und mussten Sparprogramme lancieren. Dabei geriet der neue Allianzpartner Mitsubishi komplett unter die Räder. Die Entwicklung der für Europa geplanten neuen Modelle wurde «eingefroren». Im Sommer 2020 sah es gar danach aus, als würde sich Mitsubishi komplett vom europäischen Markt zurückziehen, um sich fortan nur noch auf die in der Heimat gut gehenden Geschäfte mit den Kleinstwagen Kei-Cars zu konzentrieren.

Rückzug vom Rückzug

Doch aus dem befürchteten Tod auf Raten wurde nichts. Anfangs 2021 kündigte der frisch angetretene Renault-Konzernchef Luca de Meo (56) einen erneuten Strategiewechsel für die Allianz an, machte eine 180-Grad-Wende und startete so für Mitsubishi den Rückzug vom Rückzug. Entgegen der früheren Pläne soll Mitsubishi weiterhin eine Rolle in Europa spielen. Allein: Nach dem selbst verordneten Entwicklungsstopp fehlten die Modelle dazu. Doch wozu hat man Allianzpartner? Und so kam es, dass Mitsubishi seit Anfang 2023 unter der Modellbezeichnung Colt im Prinzip den aktuellen Renault Clio anbietet – jedoch versehen mit Mitsubishi-Schriftzug und -Emblem. Das Gleiche gilt auch für das Nachfolgemodell des Crossovers ASX, dessen Ende 2022 lancierte Neuauflage im Prinzip nichts anderes als ein rebadgter Renault Captur ist. «Leider ohne 4x4», bedauert der Schweizer Mitsubishi-Chef Bruno Campino. «Unsere Kunden erwarten bei unseren SUVs Allrad.» Entsprechend schleppend läuft der Absatz des neuen, französisch inspirierten ASX in der Schweiz (siehe Tabelle).

Mitsubishi-Modellpalette und Absatzzahlen

Modell Verkäufe 2019 Verkäufe 2020 Verkäufe 2021 Verkäufe 2022 Verkäufe 2023 Preis in Fr.
Space Star1573172010881208130515'099.–
Colt----11719'599.–*
ASX5926735832931824'999.-*
Eclipse Cross PHEV96437533060540443'299.–*
* inkl. 5 Jahre Garantie





Und umso grösser ist bei Campino die Freude und Erwartungshaltung an den neuen, für Ende Jahr angekündigten Mitsubishi Outlander. «Wir möchten im ersten Verkaufsjahr 2025 rund 600 Stück verkaufen», hofft der Schweizer Mitsubishi-Chef. Der neue Outlander basiert zwar auf derselben Plattform wie der Renault Austral und die Nissan Qashqai und X-Trail, ist aber ein von Mitsubishi eigenständig entwickelter Allradler – und schon seit letztem Jahr auf dem amerikanischen Markt erhältlich. Für den Start in Europa Ende Jahr wird der grosse Plug-in-Hybrid-SUV jedoch nochmals umfassend modifiziert. «Unser Outlander für Europa wird sich optisch aussen und innen deutlich von der US-Variante unterscheiden und erhält auch einen grösseren Akku für mehr elektrische Reichweite», weiss Bruno Campino. Weitere technische Details sind aber auch ihm noch nicht bekannt.

Tanz übers Eis

Damit wir ungefähr einschätzen können, was uns mit dem neuen Outlander erwartet, hat Mitsubishi einige wenige Journalisten ins nordfinnische Kuusamo nahe der russischen Grenze eingeladen, um dort auf den zugefrorenen Seen das neue Super-All-Wheel-Controlsystem S-AWC zu «erfahren». Dieses System wurde erstmals in den späten 1990er-Jahren für den Rallyesport entwickelt und laufend verfeinert. Seit 2007 setzt Mitsubishi die Technik auch für Modelle auf der Strasse ein. Vereinfacht formuliert verbessert es das Handling und die Stabilität eines Fahrzeugs, indem es beim neuen Plug-in-Outlander dessen Dualmotor-Antriebssystem (115 PS/85 kW vorne, 136 PS/100 kW hinten) mit der Fahrzeugelektronik kombiniert und dabei die Antriebs- und Bremskräfte stets optimal auf die einzelnen Antriebsräder verteilt.

Dem Fahrer stehen dafür nicht weniger als sieben, per Drehknopf anwählbare Fahrmodi zur Wahl. Diese reichen von Normal über Asphalt, Schotter, Schnee und Schlamm bis Eco oder Power. Wir fahren mit dem winterbereiften US-Outlander, aber ohne Spikes, des Modelljahrs 2023 auf den spiegelblanken Flächen der gefrorenen Seen Nordostfinnlands vor allem im Schnee-, Schlamm- und Schotterprogramm. Und merken: Die ideale Einstellung hängt sehr von den fahrerischen Präferenzen ab. Auf Stufe Schnee lässt die Elektronik auch mal einen Tanz übers Eis (Drifts) zu, hält das Fahrzeug dabei aber dennoch stets auf Kurs – solange es der Fahrer nicht übertreibt. Während das S-AWC auf der Einstellung Schlamm auf der gleichen Unterlage mit laufenden Bremseingriffen kaum eine flüssige Fahrweise zulässt. Das zeigt aber: Das System funktioniert und zeigt durchaus spürbare Unterschiede.

Mitsubishi-Fans dürfen sich auf den neuen, für Europa abgestimmten Outlander freuen. Sie erhalten ab Ende Jahr ein vielseitig einsetzbares Fahrzeug, das sich im Alltag meist elektrisch, bei Bedarf aber auch mit Benzinpower bewegen lässt und dank des S-AWC auch wieder über die typische Mitsubishi-DNA verfügt. Es ist für die japanische Marke zu hoffen, dass mit dem neuen Outlander die zuletzt etwas eingeschlafenen Verkäufe in Europa und bei uns in der Schweiz wieder angekurbelt werden.

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