Die Reichweitenangst ist immer noch eine der grössten Hürden, wenn es darum geht, auf ein Elektroauto umzusteigen. Vor allem Dieselfahrer müssen sich gewaltig umstellen. Den neuere Modelle mit grossen Tanks und geringem Verbrauch schaffen bis zu 1200 Kilometer mit einer Tankfüllung.
Davon können selbst Tesla-Fahrer nur träumen. Die meisten Elektroautos schaffen heute etwa einen Drittel davon, sprich um die 400 Kilometer. BMWs Elektroflaggschiff iX ist etwas besser, aber auch nicht auf Diesel-Niveau. Der SUV schafft nach WLTP-Zyklus im Idealfall 608 Kilometer – bis jetzt!
Sauberer Partner
Der deutsche Autobauer aus München spannt mit dem US-Start-up «Our Next Energy» (One) zusammen. Das Unternehmen wurde vor zwei Jahren vom früheren Apple-Manager und Batterie-Ingenieur Mujeeb Ijaz (55) gegründet. Das Ziel: Batterien mit hoher Reichweite zu entwickeln, die weniger wertvolle Rohstoffe wie Lithium, Nickel, Grafit und Kobalt enthalten, was die Umwelt schont.
Der Akku-Prototyp Gemini 001 soll nun Ende Jahr in einem BMW iX zum Einsatz kommen. Damit soll der Elektro-SUV 600 Meilen weit kommen – also 965 Kilometer. Doch der Gemini 001 kann noch mehr. In einem Tesla Model S hat er Ende letzten Jahres 752 Meilen geschafft – 1210 Kilometer! Damit könnte BMW auch die chinesischen Stromer von Nio (1000 km Reichweite) und den US-Amerikaner Lucid Air (837 km Reichweite) übertreffen.
Die Durchschnittsgeschwindigkeit bei dem Versuch lag zwar bei umgerechnet nur rund 89 km/h, aber andererseits war es im US-Bundesstaat Michigan, der Heimat von One, Ende Dezember auch winterlich kühl. Rechnet man zusätzlich ein, dass es sich beim Model S um eine Limousine und beim iX um einen SUV handelt, könnte der BMW mit dem Wunderakku auch über 1000 Kilometer erreichen.
So funktioniert der Wunderakku
Der Trick der Amerikaner besteht im Koppeln zweier Akkus, die eine unterschiedliche Zellchemie haben. Die kleinere Batterie speichert Strom für rund 240 Kilometer, um die alltäglichen Bedürfnisse abzudecken. In ihr kommen Lithium, Eisen, Phosphor, Sauerstoff und Kohlenstoff zum Einsatz. Die gekoppelte grössere Batterie ist darauf ausgelegt, mehr Energie bei weniger Platzbedarf zu speichern, und kommt nur auf Langstreckenfahrten zum Einsatz. Dessen Chemie besteht aus Lithium, Mangan und Sauerstoff.
Insgesamt kommt der Gemini-Akku so auf eine Kapazität von 203,7 Kilowattstunden (kWh). Das ist fast doppelt so viel wie der grösste Akku im iX oder in einem Tesla Model S. Die Batterie des iX kommt aktuell beispielsweise auf 105,2 kWh.
Startschuss Ende 2023
Für die Seriosität des Start-ups Our Next Energy spricht die Tatsache, dass BMW gerade 62,3 Millionen Euro investiert hat und so an One beteiligt ist. Sobald der Gemini 001 den erhofften Durchbruch in der Batterie-Technologie bringt, hat sich BMW den neuen Wunderakku quasi exklusiv gesichert. Zumindest zu Beginn, denn langfristig dürfte die Lizenzierung der Technik an andere Hersteller wirtschaftlich lukrativer sein als der Wettbewerbsvorteil gegenüber den anderen Marken. Ende 2023 soll die Serienproduktion starten, wonach die ersten BMW mit diesem Akku wohl 2024 auf den Markt kommen könnten.