Paris, die Stadt der Liebe. Und des chronischen Verkehrskollapses. Um die dauerüberfüllten Strassen der französischen Hauptstadt den Bewohnerinnen und Bewohnern zurückzugeben, hat die Stadtregierung um die amtierende Bürgermeisterin Anne Hidalgo (64) in den letzten Jahren bereits etliche einschneidende Massnahmen getroffen. Zuerst liess Hidalgo die Uferstrasse entlang der Seine grossflächig für Autos absperren und gab sie für Fussgänger und Velofahrerinnen frei. Tausende von Parkplätzen wurden abgebaut und stattdessen Grünflächen mit Blumen, Bäumen und Bambussträuchern angelegt.
Während der Pandemie liess die sozialistische Regierung etliche Strassen in Pop-up-Velowege umwandeln – viele davon wie die zentrale Verkehrsachse Rue de Rivoli sind seither für den motorisierten Individualverkehr gesperrt. Lediglich einer der vier Fahrstreifen kann heute noch von Bussen, Taxis, Lieferdiensten oder Einsatzfahrzeugen befahren werden. 400 Kilometer an neuen Velowegen sind so in den letzten Jahren entstanden – 60 weitere sollen allein in diesem Jahr folgen. Seit August 2021 gilt auf den meisten Strassen der französischen Millionenmetropole zudem ein Tempolimit von 30 km/h (auch interessant: Europas Städte verbannen die Autos).
Parkgebühren verdreifachen
Nun nehmen Anne Hidalgo und ihre Mitstreiter die für sie besonders störenden SUVs ins Visier. Am Sonntag kann die Pariser Stadtbevölkerung darüber abstimmen, ob sie der von der Regierung vorgeschlagenen, radikalen Erhöhung der Parkgebühren für Stadt-Offroader zustimmen will. Dann würden sich die Parkgebühren für gewisse Fahrzeuge um einen Schlag verdreifachen. In den zentral gelegenen Bezirken, den Arrondissements 1 bis 11, würde die Stunde dann 18 statt bisher 6 Euro kosten. In den weiter aussen gelegenen Bezirken 12 bis 20 steigt die Parkgebühr von 4 auf 12 Euro die Stunde.
Ausgenommen von der massiven Erhöhung sind Taxis, Fahrer mit Behindertenausweis, Handwerker und Einwohnerinnen und Einwohner, die über eine Parkbewilligung verfügen. Allerdings zählt diese nur in den dafür vorgesehenen Sektoren. Am meisten betroffen von der Massnahme wären deshalb vor allem Autofahrer, die mit ihren grossen SUVs von ausserhalb ins Pariser Zentrum pendeln – also auch Touristen. Das Ziel ist klar: Die Menschen zum Umsteigen auf die ökologischeren, günstigeren und schnelleren öffentlichen Verkehrsmittel zu bewegen.
Das Gewicht zählt
Entscheidend dafür, welche SUVs vom horrenden Anstieg der Parkgebühren betroffen sind, ist aber nicht allein die Form des Fahrzeugs, sondern dessen Gewicht. Für Autos mit Benzin-, Diesel- und Hybridantrieb gilt als Richtmass 1,6 Tonnen, für Elektroautos liegt die Grenze bei zwei Tonnen. Damit zielt die Massnahme nicht nur auf besonders dreckige Fahrzeuge mit hohem CO2-Ausstoss, sondern auch auf Autos, die deutlich mehr Platz wegnehmen als kleine und leichtere Cityflitzer.
Hidalgos Anti-Auto-Kurs stösst selbstredend nicht nur auf Anklang. Pierre Chasseray, Vorsitzender der Vereinigung «40 millions d’automobilistes», der grössten Interessenvertretung für Autofahrende in Frankreich, regt sich gegenüber dem Magazin «Spiegel» allein über die in seinen Augen «blödsinnige» Fragestellung der bevorstehenden Abstimmung auf: «Wenn Sie die Leute fragen, ob sie eher für mehr oder weniger Autos auf den Strassen sind, kennen Sie dann irgendeinen Idioten, der sagt: Ich finde mehr Autos echt super?»
Letztlich würde die massive Erhöhung der Parkgebühren vor allem Familien mit kleinen Kindern bestrafen, die nun mal auf ein grosses Auto angewiesen seien. «Wollen wir die jetzt alle bestrafen?», fragt Chasseray rhetorisch. Die Antwort am Sonntag wird ihm vermutlich nicht gefallen: Laut letzten Umfragen werden wohl über 60 Prozent der Pariserinnen und Pariser für höhere Parkgebühren und gegen grosse SUVs stimmen.