Der US-Flugzeugbauer Boeing steckt tief in den roten Zahlen. Vor allem Probleme beim Modell Dreamliner bescherten ihm im letzten Jahr Verluste von umgerechnet rund vier Milliarden Franken. Trotzdem steckt der Luftfahrt-Riese nun rund 420 Millionen Franken in ein Lufttaxi-Start-up. Kleine Flugtaxis als Alternative zu Boeings Riesen-Jumbos?
Die Summe fliesst in das US-Unternehmen Wisk Aero. Nie gehört? Dahinter stecken zwei kluge Köpfe des Tech-Business. Das Lufttaxi-Start-up ist ein Joint Venture von Google-Mitgründer Larry Page (49) und des Flugzeugentwicklers Kitty Hawk. Hinter letzterem steckt mit dem Deutschen Sebastian Thrun (55) einer der Vordenker der autonomen Mobilität. Im Jahr 2005 gewann er mit einem autonomen VW Touareg die DARPA Challenge, den von der Forschungseinrichtung des US-Militärs ausgetragenen Wettbewerb für autonome Fahrzeuge. Zwei Jahre später wurde er mit seinem Team Zweiter.
Tech-Pionier vereinen Kräfte
Nachdem das autonome Fahren in der Autoindustrie derzeit zur Serienreife entwickelt wird, suchen die beiden Pioniere Page und Thrun eine neue Spielwiese: den Luftraum. Wisk Aero hat seit der Gründung 2019 ein sogenanntes eVTOL-Flugzeug entwickelt. Die Abkürzung steht für «electric Vertical Take-Off and Landing aircraft», also einen Senkrechtstarter, der einmal autonom für Lufttaxi-Services genutzt werden soll. Möglicherweise auch unter dem Google-Label?
Der Flieger bietet zwei Sitze, schafft mit seinem Elektroantrieb 40 Kilometer Reichweite und bis zu 160 km/h, ist also nur für lokale Strecken geeignet. Und damit sicher keine Konkurrenz für Boeing. Aber möglicherweise eine sinnvolle Ergänzung im Luftfahrtsystem als schneller Flughafen-Zubringer in Megacities, in denen er einfach über den Stau hinwegfliegen kann. Zur Sicherheit lässt sich das Flugzeug vom Boden fernsteuern und kann im Notfall per Fallschirm landen.
Zulassung ist noch unklar
Mit der Finanzspritze von Boeing soll nun eine Produktion für den Wisk-Flieger aufgebaut werden. Das Start-up forscht allerdings längst nicht als einziges an Lufttaxis. Auch die deutschen Unternehmen Volocopter und Lilium peilen derzeit die Fertigung erster Serienflugzeuge an – letztere allerdings noch ohne die Möglichkeit zum autonomen Betrieb. Noch ist aber unklar, wann und unter welchen Bedingungen solche Flugzeuge für den öffentlichen Betrieb zugelassen werden. Und: Ob solch ein Lufttaxi-Service überhaupt zum Geldverdienen taugt.