US-Militär als Motor der Innovation
So gings los beim autonomen Fahren

Viele zivile Technologien haben ihren Ursprung in der militärischen Forschung. Auch die Entwicklung autonomer Fahrzeuge kam erst so richtig in Gang, als sich das US-Militär dafür interessierte.
Publiziert: 01.03.2021 um 17:09 Uhr
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Aktualisiert: 04.03.2021 um 14:18 Uhr
Andreas Faust

1939: Futurama

Foto: Wiki Commons

An der Weltausstellung in New York zeigt US-Industriedesigner Norman Bel Geddes im Pavillon des Autobauers General Motors (GM) das Modell einer Zukunftsstadt namens Futurama. Auf den Strassen winzige Modellautos, die, elektromagnetisch bewegt, autonome Fahrzeuge darstellen sollen. Bel Geddes ist sich sicher: Bis 1960 wird seine Vision Wirklichkeit.

1958: Erster Tempomat im Serienauto

Foto: Wiki Commons

Chrysler bietet im Modell Imperial erstmals einen als Cruise Control bezeichneten Tempomaten an – das erste Fahrassistenzsystem der Welt. Der hält konstant eine einmal vorgewählte Geschwindigkeit; zumindest in der Ebene. Erfunden wurde er schon 1945 vom blinden Ingenieur Ralph Teetor (1891–1982), den die unstete Fahrweise der Fahrer nervte, die ihn chauffierten.

1959: General Motors Firebird III

Foto: Zvg

US-Autobauer GM zeigt das Concept Car Firebird III. Der Sportwagen mit Gasturbinenantrieb schaut eher wie ein Düsenjet aus und wird per Joystick gelenkt. Oder selbsttätig über Magnetspulen an den Vorderrädern, die in den Asphalt eingelassenen Kabeln folgten – Prinzip Carrera-Bahn.

1964: Stanford Cart

Foto: Stanford Artifical Intelligence Laboratory Records (SC1041). Dept. of Special Collections and University Archives, Stanford University Libraries, Stanford, Calif.

Die US-amerikanische Stanford University entwickelt ein unbemanntes Mondfahrzeug, dass selbsttätig per Kamera einer weissen Linie folgen kann. Meistens jedenfalls.

1977: Tsukuba Mechanical Engineering Laboratory

Der japanische Ingenieur Sadayuki Tsugawa nutzt erstmals ein System mit zwei Kameras, um ein autonom fahrendes Auto räumlich sehen zu lassen. Höchstgeschwindigkeit: 30 km/h.

1986: Mercedes-Projekt Prometheus

Foto: Mercedes-Benz

In einem autonom fahrenden Kleinlaster testet der Stuttgarter Autobauer Funktionen wie einen automatisch den Abstand haltenden Tempomaten. Warum in einem Lastwagen? Weil die nötigen Computer einen ganzen Laderaum füllen.

1994: Projekt VAMORS

An der Bundeswehr-Universität München wird gemeinsam mit Mercedes ein autonomes Forschungsauto entwickelt mit 18 Kameras und 70 Microprozessoren. Auf einer 1700-Kilometer-Langstrecke auf der Autobahn schafft es 400 Spurwechsel ohne Fahrereingriff und bis zu 175 km/h.

2004: DARPA Grand Challenge

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Die Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA), das Forschungsinstitut des US-Militärs, schreibt den mit einer Million US-Dollar dotierten Wettbewerb Grand Challenge für selbstfahrende Fahrzeuge aus. Die müssen autonom 241 Kilometer durch die kalifornische Mojave-Wüste absolvieren. Über 100 Teams treten an, keins kommt ins Ziel. Das beste Auto bleibt nach knapp 12 Kilometern in der Wüste liegen.

2005: 2. DARPA Grand Challenge

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Zweiter Versuch – mit verdoppeltem Preisgeld und fast 200 Fahrzeugen. Diesmal gibts einen Sieger: Der umgebaute VW Touareg «Stanley» des vom Deutschen Sebastian Thrun geleiteten Teams der Stanford University schafft 213 km autonom durch die Wüste in unter sieben Stunden. Für Passagiere gäbe es keinen Platz: Der SUV ist vollgestopft mit Computern.

2007: DARPA Urban Challenge

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Im verlassenen Wohnquartier des kalifornischen Luftwaffenstützpunkts Victorville müssen die autonomen Fahrzeuge mehrere Missionen im Stadtverkehr erledigen und dabei die Verkehrsregeln beachten. DARPA-Chef Tony Tether (79) macht keinen Hehl aus den DARPA-Zielen: «Wir wollen die Fähigkeit für autonome Einsätze, um weniger Soldaten zu gefährden.» Aber: Unentschlossen bleiben Autos an Kreuzungen stundenlang stehen, es gibt den wohl ersten Crash zweier autonomer SUVs und ein Lastwagen gerät ausser Kontrolle und randaliert – voll autonom. Diesmal wird die Stanford University zwar nur Zweiter, aber ab sofort gilt Thrun als Superstar der Automatisierungsforschung und wird 2011 bis 2014 einer der Vordenker bei Google.

2009: Volvo-Projekt SARTRE

Foto: Volvo

Bei Volvos Projekt folgen Personenwagen automatisiert einem von einem menschlichen Fahrer gesteuerten Lastwagen. Der ausgebildete Berufschauffeur soll dabei für die Sicherheit sorgen, während sich in seinen Anhängseln die Fahrerinnen mit Lesen oder Arbeiten beschäftigen können. Klinkt sich jemand an einer Abfahrt aus und übernimmt wieder selbst das Steuer, schliessen die folgenden Fahrzeuge auf. Vorteil der Technologie sind das verbrauchsgünstige Fahren im Windschatten und die kurzen Fahrzeugabstände, die mehr Verkehr auf gleicher Fläche ermöglichen.

2010: Audi am Pikes Peak Hillclimb

Foto: Zvg

Audi geht testweise mit einem autonomen TTS auf die Strecke des legendären Pikes Peak Hillclimb, einem Bergrennen im US-Bundesstaat Colorado. Statt sich mit Sensoren und Kameras in Echtzeit zu orientieren, lernt das Auto den Streckenverlauf komplett auswendig – inklusive millimetergenauer Drifts in den Kurven.

2012: Google-Auto

Foto: Don DeBold

Der IT-Konzern Google schickt erstmals ein autonomes Fahrzeug durch Las Vegas im US-Bundestaat Nevada. Heute steht der umgebaute Lexus RX schon im Computer History Museum im kalifornischen Mountain View.

2015: Tesla Model S

Foto: Tesla

US-Elektro-Pionier Tesla rüstet sein Model S mit einer Software für pilotiertes Fahren aus. Einige Tesla-Eigner missverstehen die Funktion als Technik zum autonomen Fahren: Im Mai 2016 rast ein Model S in einen querenden Lastwagen – nur der erste einer Reihe von Unfällen.

2016: Autonomer Shuttle in Sion VS

Foto: OLIVIER MAIRE

Seit Juni 2016 kurven zwei autonome Shuttlebusse auf einer drei Kilometer langen Strecke durch die Innenstadt von Sion VS. Inzwischen kommunizieren die Fahrzeuge mit Lichtsignalen entlang der Route, um jeweils bevorzugt freie Fahrt zu haben. Weitere Fahrzeuge sind zum Beispiel in Neuhausen am Rheinfall SH und Marly FR unterwegs.

2017: Audi A8

Foto: Audi

Audi kündigt für die neu lancierte Generation seiner Luxuslimousine A8 autonomes Fahren nach Level 3 an. Mangels ausbleibender rechtlicher Regelung der Nutzung des System im Strassenverkehr gibt Audi im Frühjahr 2020 das Projekt erstmal auf.

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