Aptiv und Cruise, Sony und Waymo: Am autonomen Fahren forschen längst nicht mehr nur die Automobilkonzerne. Tech-Start-ups, Onlinehändler, Internetkonzerne und Fahrdienste können oft flexibler und innovativer als die Grossen der Autobranche sein und setzen diese unter Druck. Oder profitieren, weil sie als Kooperationspartner begehrt sind. Diese Unternehmen sind im Rennen ums automatisierte Fahren:
Amazon: Autonome Päckli
Beim Onlinehändler träumt man vor allem von selbstfahrenden Lieferwagen für bis zu 40 Prozent Kostenersparnis. Im Sommer 2020 wurde dazu der Waymo-Konkurrent Zoox, der seine Autos komplett selbst entwickelt, übernommen; ausserdem ist Amazon Grossinvestor bei Aurora Innovation.
Apple: Kommt der iCar doch?
Der Kultmarke aus dem kalifornischen Cupertino wird seit 2014 nachgesagt, unter dem Projektnamen Titan an Roboterautos zu forschen. Ingenieure von Ford, Mercedes und VW wurden abgeworben, eine Testwagenflotte aufgebaut, Gerüchte schossen ins Kraut. Seit Anfang 2021 scheint es ernst zu werden: Porsches Fahrwerkschef hat angeheuert, man sucht nach einem Kooperationspartner für den Bau eines iCar ab 2024. Hyundai und Nissan sind entgegen ersten Gerüchten aber wohl nicht im Rennen.
Aptiv: Start-up mit Erfahrung
Bis 2017 bekannt unter dem Namen Delphi. Der Autozulieferer spaltet sich 1999 vom US-Autobauer General Motors ab und testet autonome Autos bereits seit 2016. Hyundai ist einer der Kooperationspartner.
Aurora Innovation: Der Senkrechtstarter
Gegründet 2017 vom Ex-Google-Manager Chris Urmson (44), entwickelt das Unternehmen den Aurora Driver, eine integrierte Technikplattform für automatisiertes Fahren. Byton, Hyundai und VW springen mit auf, Letztere steigen 2019 mit einem Knall aus. Auroras grösster Coup: Ende 2020 übernehmen sie die Automatisierungssparte von Uber, der Fahrdienstleister bleibt als Partner mit an Bord.
Cruise: General Motors wird cool
Das Start-up, 2016 von General Motors übernommen, stellte im Januar 2020 sein erstes autonomes Fahrzeug namens Origin vor, mit dem ein Shuttlebetrieb geplant ist. Inzwischen sind u. a. auch Honda, Microsoft und Fahrdienstleister Lyft mit an Bord.
Microsoft
Der Softwareriese hat das neue Geschäft mit den Roboterautos lange verschlafen, gibt nun aber Vollgas. Neben einer Kooperation mit GM hatte zuletzt VW angekündigt, Microsofts Cloud-Technologie fürs autonome Fahren nutzen zu wollen.
Mobileye/Intel: Aus Israel in die Welt
Ab 1999 entwickelt sich das israelische Start-up Mobileye zu einem der führenden Spezialisten für Sensoren und Software fürs autonome Fahren. 2017 übernimmt der Chiphersteller Intel das Unternehmen mit 600 Mitarbeitenden für knapp 14 Milliarden Franken und kooperiert heute mit zahlreichen Autokonzernen.
Sony: Vom Walkman zum Roboterauto
Überraschung an der Hightech-Messe CES in Las Vegas (USA): Im Januar 2020 zeigt die Kultmarke aus den 80ern den Prototyp Vision-S. Inzwischen wird er bereits weltweit getestet. Innen gehts vor allem um Unterhaltung, aussen beherrscht er derzeit Assistenz zwischen Level 2 und 3. Level 4 soll aber bald drinliegen.
Tesla: Pionier mit Problemen
Seit 2015 hat der Elektroautopionier aus dem Silicon Valley per Software-Updates seine Modelle schrittweise mit Funktionen für pilotiertes Fahren aufgerüstet. Bezeichnet als Autopilot, erlaubt er noch kein hochautomatisiertes Fahren. Dieses wollte Tesla bis 2018 einführen, scheiterte aber unter anderem an fehlenden Regularien. Derzeit liegt der Fokus von Tesla-Boss Elon Musk eher auf dem Ausbau der Produktion.
Yandex: Unbekannter Gigant
Yandex kennt niemand in Westeuropa, ist aber der führende russische Internetkonzern und soll ebenfalls an Roboterautos forschen.
Waymo: So weit ist sonst keiner
Die Google-Tochter gilt derzeit als führend beim autonomen Fahren mit über 20 Millionen Testkilometern ohne Fahrer. Wichtigster Kooperationspartner neben Renault und Nissan ist Fiat Chrysler Automotive (FCA, neu Teil von Stellantis), der auch Testfahrzeuge liefert. Seit 2018 betreibt Waymo Robotertaxis in den USA – zur Sicherheit aber noch mit einem Menschen hinter dem Steuer.
Manche Unternehmen mussten ihre vor wenigen Jahren noch hochfliegenden Pläne allerdings schon wieder begraben. Bei diesen einstigen Hoffnungsträgern des automatisierten Fahrens harzt es inzwischen:
Here: Navigator ohne Kurs
Der Onlinegeodatendienst Here startete als Nokias Navigationssparte. 2015 wurde er von Audi, BMW und Daimler übernommen und sollte die Entwicklung sogenannter High-Definition-Karten auf Cloud-Basis vorantreiben, die in Echtzeit autonomen Fahrzeugen zur Orientierung dienen können. Weil das autonome Fahren deutlich langsamer als einst erhofft vorankommt, häufte Here in den letzten Jahren über eine Milliarde Franken Verlust auf. Zudem erstellen viele Autobauer inzwischen ihre Karten selbst.
Uber: Noch bleibt der Fahrer
Beim Fahrdienstleister galt das autonome Fahren seit Anbeginn als Schlüsseltechnologie. Grund: Profitabel wird sein Geschäftsmodell erst, wenn die Kosten für die Fahrer eingespart werden können. Erste Tests gemeinsam mit Volvo auf öffentlichen Strassen geraten nach einem tödlichen Unfall 2018 in die Kritik; die angespannte Finanzlage stoppt das Projekt. Ende 2020 verkauft Uber die Sparte an Aurora Innovation.