Britisches Understatement? Fehlanzeige!
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Aston Martins Mega-SUV DBX 707:Britisches Understatement? Fehlanzeige!

Erste Fahrt im neuen Mega-SUV DBX 707
Aston Martin schlägt über die Stränge

Aston Martin lässt ausnahmsweise sein britisches Understatement beiseite. Der DBX 707 fährt sogar Lamborghini und Co. davon. Blick bollerte schon eine Runde im 707 PS starken Über-SUV.
Publiziert: 15.04.2022 um 13:13 Uhr
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Aston Martin schlägt über die Stränge: So viel Lufteinlass wie beim neuen DBX 707 war selten.
Foto: DOMINIC FRASER
Wolfgang Gomoll

So viel Lufteinlass war selten. Durch den Frontgrill des Aston Martin DBX 707 könnte man gefühlt beinahe mit einem Smart fahren. Um 30 Prozent vergrössert wurde er beim neuen Topmodell des SUV. Dabei geizt schon der Standard-DBX nicht mit «Hoppla, jetzt komme ich»-Attitüde. Aber es hat einen Grund, dass die britische Traditionsmarke für einmal alle vornehme Zurückhaltung fahren lässt. Denn der DBX 707 soll nicht weniger als dem Lamborghini Urus davonfahren.

Optisch ist der Aston definitiv gleichauf mit dem alles andere als dezenten Lambo-SUV. Aber der Frontschlund hat auch technische Gründe – irgendwie muss die Kühlluft ja zum Motor kommen. Den liefert Kooperationspartner Mercedes-AMG, sozusagen die Abteilung für Sport und Spiel beim Stuttgarter Autobauer. Der aus vielen AMG-Modellen bekannte Vierliter-Biturbo-V8 liefert im Fall des DBX 707 – na, sowas – 707 PS (520 kW) und damit 57 PS mehr als der Urus und sogar 67 PS mehr als ein Porsche Cayenne Turbo GT. «Wir schlagen den Urus bei allen dynamischen Daten», meint Baureihenleiter Steven Smith grinsend. Bei der Beschleunigung aus dem Stand nimmt der Aston Martin dem Lamborghini mit 3,3 Sekunden schon mal 0,3 Sekunden ab. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 310 km/h und ist um fünf km/h höher als beim Lambo.

Leichter ist schneller

Bringt der Aston die Kraft auch auf die Strasse? SUV sind mit grosser Höhe und viel Gewicht nicht gerade optimal für fahrdynamische Höchstleistungen. Damit der DBX 707 vernünftig um die Ecke geht, wurden zum Beispiel 40 Kilogramm an ungefederten Massen aus dem Auto genommen – sprich an den rotierenden Teilen. Allein 24 Kilogramm wurden an den Bremsen der Vorderachse abgespeckt; hinten sind es insgesamt zehn Kilogramm. Dazu kommt ein optimiertes elektrisches Differenzial an der Hinterachse, das mehr Drehmoment aufnehmen und verteilen kann. Eine Carbon-Kardanwelle, die aus einem Stück gefertigt ist, reduziert ebenfalls das Gewicht und die Geräusche.

Aston Martin DBX 707

Antrieb: 4.0-V8-Biturbo-Benziner, 707 PS (520 kW), 900 Nm@4500/min, 9-Stufen-Automatikgetriebe, Allradantrieb
Fahrleistungen: 0–100 km/h in 3,3 s, Spitze 310 km/h
Masse: L/B/H 5,04/2,00/1,68 m, Gewicht 2245 kg, Laderaum 638 l
Umwelt: WLTP 14,2 l/100 km = 329 g/km CO₂, Energie k.A.
Preise: ab ca. 227’547,80 Fr. (Listenpreis brutto 223'623,21 Euro)

Antrieb: 4.0-V8-Biturbo-Benziner, 707 PS (520 kW), 900 Nm@4500/min, 9-Stufen-Automatikgetriebe, Allradantrieb
Fahrleistungen: 0–100 km/h in 3,3 s, Spitze 310 km/h
Masse: L/B/H 5,04/2,00/1,68 m, Gewicht 2245 kg, Laderaum 638 l
Umwelt: WLTP 14,2 l/100 km = 329 g/km CO₂, Energie k.A.
Preise: ab ca. 227’547,80 Fr. (Listenpreis brutto 223'623,21 Euro)

Noch wichtiger waren aber die Anpassungen an der Aerodynamik: Air Curtains reduzieren den Auftrieb an der Vorderachse, der Dachspoiler sorgt für ein ausbalanciertes Fahrverhalten. «Unsere Wettbewerber haben den Schwerpunkt ihrer Autos weiter nach hinten gelegt, deswegen gibt deren Lenkung bei hohen Geschwindigkeiten weniger Rückmeldung», erklärt Smith. Die dickeren Auspuffendrohre dagegen sehen nur fett aus – selbst im Sport-Plus-Fahrprogramm bleibt der Motor im DBX 707 einigermassen zurückhaltend. Es sei denn, man öffnet per Zug an der Schaltwippe beim Starten die Auspuffklappen. Freunde in der Nachbarschaft macht man sich so aber nicht.

Der DBX kanns entspannt und extrem

Ein Lamborghini Urus stellt den Fahrer vor die Wahl: Schnell oder brutal schnell. Beim Aston gibts dagegen mehr Spektrum zwischen entspannt und extrem. Der DBX 707 geht mit Verve um die Kurven, ohne dass es der Fahrerin zu viel würde. Flott fahren geht hier auch entspannt; dank der optimalen Gewichtsverteilung und des auf die Hinterachse fokussierten Allradantriebs. Eine Hinterachslenkung fehlt beim DBX 707: «Brauchen wir nicht», findet Smith. Die mächtigen Carbon-Keramik-Bremsen – 42-cm-Scheiben vorne, 39 cm hinten – sind standfest, könnten aber etwas verbindlicher in der Dosierbarkeit sein. Überraschend gut ist der Komfort, trotz der grossen und daher eher hart abrollenden 23-Zoll-Felgen. Die guten Sportsitze tragen ihren Teil dazu bei, dass auch lange Strecken nicht zur Tortur werden. Fehlt nur noch der Verbrauch. Den gibt Aston Martin mit 14,2 Litern pro 100 Kilometer an, wir kamen bei unserer ersten Testfahrt auf 17,9 l/100 km.

Also nur Licht? Nicht ganz: Im Aston Martin DBX 707 ist der Technik-Partner Mercedes-AMG allgegenwärtig – nicht bloss beim Motor, sondern auch im Interieur. Auch wenn Astons Designer alles versucht haben, um das Interieur mit Carbonapplikationen so schmuck wie möglich aussehen zu lassen. Und das Infotainment ist nicht mehr zeitgemäss – gut für Aston Martin, dass die Kundschaft mehr Wert auf Fahrdynamik als beispielsweise Soundqualität legt. Aber ein Upgrade wäre überfällig. Erst recht in einem Auto, dass europaweit brutto ab 223'623 Euro kostet.

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