Eine Landstrasse nahe Stuttgart (D). Hier will uns das Porsche-Imperium zeigen, dass es endlich zurückschlägt. Zurückschlagen gegen die in den vergangenen Jahren mächtig gewachsene Konkurrenz aus Super-SUVs, die dem einstigen Vorreiter in dieser Kategorie nach und nach den Rang abliefen. Einst waren die 550 PS aus dem V8-Triebwerk des Cayenne Turbo die kraftvolle Spitze im Segment.
Doch dann kamen sie, die Widersacher aus München mit dem Powerduo BMW X5 M und X6 M und die Stuttgarter Nachbarn von Mercedes mit dem AMG GLE 63 S, die mit 600 bzw. gar 610 PS Porsche die schicken LED-Rückleuchten zeigten. Ganz zu schweigen von der Konkurrenz aus dem eigenen Konzern – Audi RS Q8 (600 PS), Bentley Bentayga Speed (635 PS) und natürlich Lamborghini Urus, der sich mit seinen 650 PS zum neuen König der Mega-SUVs krönte. Als wahre Majestätsbeleidigung kann die Tatsache interpretiert werden, dass sowohl Bentley als auch Lambo die magische 300-km/h-Topspeed-Marke knackten – etwas, das dem Cayenne Turbo in seiner Vorgängergeneration mit 286 km/h Spitze nicht vergönnt war.
Cayenne Turbo wird 90 PS stärker
Doch nun gibt Porsche die Antwort – und die hat sich gewaschen. Optisch ist der von uns gefahrene Prototyp in leichtem Tarnkleid fast schon dezent. Vielleicht mit Ausnahme der riesigen «Pirelli P Zero Corsa»-Walzen im 22-Zoll-Format. Und auch der kompakte Heckspoiler zum Abschluss der Dachkante lässt erahnen, was die Zuffenhausener da von der Leine lassen. Dass der Turbo im Vergleich zum Vorgänger gleich 90 PS mehr aus seinem Vierliter-V8-Motor presst und so auf 640 PS erstarkt, ist definitiv eine Ansage.
Es geht ins Cockpit: Ein Dreh am Starter und der V8-Doppelturbo erweckt sonor grollend zu imposantem Klang. Dafür sorgt die Titan-Abgasanlage, die mittig aus dem Heckdiffusor des allein als Coupé angebotenen Cayenne Turbo herausragt. Dass es keine Rennstrecke braucht, um zu zeigen, was für ein Ungetüm im besten Sinne das neue Topmodell ist, merken wir schnell. Nicht ganz beiläufig erwähnt der Entwicklungsingenieur auf dem Beifahrersitz, dass das neue Turbo-Coupé aus dem Stand in unter 3,5 Sekunden auf Tempo 100 spurtet. Damit ist das viersitzige Familienmodell genauso schnell wie der neue Vorzeige-Rennwagen 911 GT3. Noch Fragen?
Exzellente Fahrmaschine
Doch heute geht es weniger um reine Beschleunigungsorgien und Topspeed, sondern um die für einen 2,2-Tönner wirklich exzellente Fahrdynamik und Details für den Grenzbereich. Die wenigen Zentimeter, die der Heckspoiler bei hohen Tempi automatisch ausfährt, sorgen für deutlich mehr Anpressdruck. Die sich in den Asphalt regelrecht verbeissenden Sportreifen geben feine Rückmeldungen von Fahrbahn und Kurvenradien, wobei die neue Felgendimension die Spur knapp 2,5 Zentimeter breiter werden lässt als bisher, was auf unserer Kurvenhatz durchaus spürbar ist.
Daneben sei die neue Quersperre an der Hinterachse zu erwähnen, die dafür sorgt, dass die Motorleistung auch in Kurven nicht sinnlos in Qualm und Gummi-Abrieb aufgeht, sondern in maximalen Vortrieb umgewandelt wird. Gewohnt exzellent arbeiten nicht nur die Achtstufenautomatik, sondern auch das Fahrwerk samt aktiver Wankstabilisierung. Die Dreikammer-Luftfeder wurde straffer abgestimmt, wobei der Cayenne Turbo sieben Millimeter näher am Asphalt hockt als die technisch ähnliche GTS-Version. Eine kräftige Keramik-Bremsanlage lässt das Topmodell zudem genauso spektakulär abbremsen, wie es beschleunigt.
Wann der neue Über-Cayenne debütiert, ist ebenso wenig klar wie sein Preis, der dann in der Hochglanzbroschüre stehen wird. Ausgehend vom noch erhältlichen Vorgänger, tippen wir auf knapp unter 200'000 Franken. Viel Geld, dafür ist der Cayenne Turbo aber auch alles in einem: kommoder Familiengleiter und Supersportler. Was will man mehr?
