Die Zukunft von Volvo unter Geely
Göteborg liegt auch in China

Unter chinesischer Geely-Flagge wandelt sich das schwedische Traditionshaus Volvo in den nächsten Jahren zum Elektroautobauer. Trotz steigender Margen soll die Qualität der Fahrzeuge hoch bleiben und der schwedische Geist trotz Chinas Einfluss nicht verloren gehen.
Publiziert: 17.04.2024 um 00:39 Uhr
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Aktualisiert: 17.04.2024 um 14:03 Uhr
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Seit fast 100 Jahren wird Qualität beim schwedischen Autobauer Volvo grossgeschrieben.
Foto: Zvg
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Andreas EngelRedaktor Auto & Mobilität

Volvo ist Schwedens automobiler Stolz. Während andere schwedische Exporte wie die Billy-Regale von Ikea für Masse statt Klasse stehen, wird Qualität bei Volvo seit jeher grossgeschrieben. Wer einen Volvo fährt, leistet sich Sicherheit mit schwedischem Gütesiegel. 

Umso misstrauischer wurde der Verkauf der Marke an Geely 2010 beäugt. Nicht nur in Schweden fragte man sich, wie glücksverheissend der chinesische Mega-Konzern (Geely bedeutet übersetzt glücksverheissendes Automobil) für Volvo wirklich ist: Wird der Hersteller zum reinen Technologie-Lieferanten degradiert, der seine jahrzehntelange Erfahrung im Fahrzeugbau Richtung Fernost verschleudert? Lassen die Chinesen das Traditionsunternehmen sogar noch weiter ausbluten, als es unter amerikanischer Ford-Führung schon davor der Fall war? 

Volvo hat freie Hand

14 Jahre später scheint am Volvo-Hauptsitz in Göteborg niemand mehr Angst vor einer feindlichen Übernahme zu haben, wie wir in Gesprächen mit Entwicklerinnen und Produktplanern in Schweden feststellen. Die Verbundenheit der Mitarbeitenden zur Marke ist so gross wie eh und je, und Skepsis gegenüber dem chinesischen Geldgeber kaum mehr vorhanden. «Geely investiert in uns, lässt uns aber freie Hand bei der Entwicklung unserer Autos. Klar gibt es Synergien mit anderen Marken aus dem Portfolio – aber ohne Synergien geht es heute gar nicht», sagt ein Entwickler. Zu Geely gehören heute Marken wie der britische Sportwagenbauer Lotus, Lynk & Co, Zeekr oder die ehemalige Volvo-Tochter Polestar. In einem Joint Venture mit Mercedes baut Geely zudem die neue Generation des Smart. 

Steigende Elektro-Margen

All diese Marken haben eines gemein: Sie alle setzen künftig nur noch auf elektrische Antriebe. Volvo ist dabei keine Ausnahme. Bis 2030 wollen die Schweden zur reinen Elektromarke werden. Um den Wandel voranzutreiben, werden ganze Ingenieurteams mit jahrzehntelanger Erfahrung im Bau von Verbrennern auf E-Antriebe umgeschult. Ein Risiko? «Überhaupt nicht», sagt Volvo-CEO Jim Rowan (58). «Tesla beweist, dass man als reine E-Automarke schon heute sehr erfolgreich sein kann.» 

EX30 auf Schnee und Eis im Test

Um zu beweisen, dass auch ein preiswerter Stromer wie der neue Mini-SUV EX30 die gewohnte Fahrsicherheit eines Volvos bietet, lud der schwedische Hersteller zur Testfahrt rund ums nordschwedische Luleå auf Schnee und Eis ein. Dabei stand der EX30 als Version mit Heck- (200 kW/272 PS) und Allradantrieb (315 kW/428 PS) mit jeweils grosser 69-kWh-Batterie (Reichweite 445 bis 476 km) zur Verfügung. Bereits mit Single Motor lässt sich der Ministromer (4,23 m Länge, Gewicht ab 1765 kg) auch auf den rutschigen Strassen nahe dem Polarkreis nicht aus der Ruhe bringen und regelt selbst bei gefühllosem Gasfuss Traktionsverluste sauber aus.

Für Spass sorgt aber vor allem das Topmodell mit 4x4 und weitgehend ausgeschalteter ESC-Stabilitätskontrolle: Bei richtigem Einsatz von Gas und Bremse tänzelt der EX30 auf dem von Volvo angelegten rund 3,8 Kilometer langen Schneeparcours gekonnt von Kurve zu Kurve und lässt den Fahrer bei richtiger Blickführung und behutsamem Einsatz der Lenkung zum gefühlten Rallye-Piloten aufsteigen. Dass die Geschwindigkeit dabei nur noch teslalike am Mittelscreen statt im Blickfeld des Fahrers angezeigt wird, fällt uns schon nach einem Tag im auch sonst schön verarbeiteten City-SUV nicht mehr auf – laut Volvo dauere die Umgewöhnung rund sechs Stunden. Die von uns getestete 69-kWh-Version mit Heckantrieb startet ab 42'500, der stärkere Allradler ab 47'950 Franken. 

Um zu beweisen, dass auch ein preiswerter Stromer wie der neue Mini-SUV EX30 die gewohnte Fahrsicherheit eines Volvos bietet, lud der schwedische Hersteller zur Testfahrt rund ums nordschwedische Luleå auf Schnee und Eis ein. Dabei stand der EX30 als Version mit Heck- (200 kW/272 PS) und Allradantrieb (315 kW/428 PS) mit jeweils grosser 69-kWh-Batterie (Reichweite 445 bis 476 km) zur Verfügung. Bereits mit Single Motor lässt sich der Ministromer (4,23 m Länge, Gewicht ab 1765 kg) auch auf den rutschigen Strassen nahe dem Polarkreis nicht aus der Ruhe bringen und regelt selbst bei gefühllosem Gasfuss Traktionsverluste sauber aus.

Für Spass sorgt aber vor allem das Topmodell mit 4x4 und weitgehend ausgeschalteter ESC-Stabilitätskontrolle: Bei richtigem Einsatz von Gas und Bremse tänzelt der EX30 auf dem von Volvo angelegten rund 3,8 Kilometer langen Schneeparcours gekonnt von Kurve zu Kurve und lässt den Fahrer bei richtiger Blickführung und behutsamem Einsatz der Lenkung zum gefühlten Rallye-Piloten aufsteigen. Dass die Geschwindigkeit dabei nur noch teslalike am Mittelscreen statt im Blickfeld des Fahrers angezeigt wird, fällt uns schon nach einem Tag im auch sonst schön verarbeiteten City-SUV nicht mehr auf – laut Volvo dauere die Umgewöhnung rund sechs Stunden. Die von uns getestete 69-kWh-Version mit Heckantrieb startet ab 42'500, der stärkere Allradler ab 47'950 Franken. 

Das erste Modell, das Volvo nur noch rein elektrisch anbietet, ist der soeben gestartete City-SUV EX30 (siehe Box). Das neue Einstiegsmodell der Marke baut auf derselben Plattform wie der Smart #1 auf und startet mit kleinerer 51-Kilowattstunden-Batterie mit einer Reichweite von bis zu 344 Kilometern und 272 PS starkem Heckantrieb bereits ab 37'850 Franken. «Mit dem EX30 werden wir die Marge bei unseren E-Autos von bisher 9 auf 15 bis 20 Prozent verbessern – das ist nicht weniger als bei den Verbrennern», so CEO Rowan. Gegen Ende Jahr startet dann der Luxus-SUV EX90 in Europa, bei dem ähnlich hohe Gewinnmargen erreicht werden dürften. 

Volvo bleibt schwedisch

Doch längst zählen nicht mehr Europa oder die USA zu den grössten Absatzmärkten von Volvo, sondern China. Deshalb ist es ein grosser Vorteil, vor Ort auf die Unternehmensstrukturen von Geely zurückgreifen zu können: Neben dem chinesischen Volvo-Hauptquartier in Shanghai mit seinen 800 Angestellten, in dem mittlerweile die weltweite Fahrzeugprogramm-Entwicklung stattfindet, produziert Volvo seine Modelle in den drei Geely-Partnerwerken Daqing, Chengdu und Taizhou. Neu unter anderem auch den Luxus-Van EM90, der dem derzeitigen Trend auf den asiatischen Märkten folgt und vorerst auch nur dort vertrieben wird. Von den edel ausstaffierten Shuttles (auch interessant: Die Vans feiern als rollende Luxus-Lounges ihr Comeback), die solventen Kunden als Rückzugsort im hektischen Arbeitsalltag dienen, wurden 2022 allein in China über eine Million Stück verkauft.

Trotz aller Chancen, die der Geely-Konzern in China eröffne, bleibe Volvo ein eigenständiges schwedisches Unternehmen, das Autos für Europa auch weiterhin in Europa baue, unterstreicht Volvos Strategiechef Erik Severinson in einem Artikel des Portals elektroauto-news.net: «Es ist immer besser, Autos dort zu produzieren, wo die Kunden sind, und Vorleistungen dort zu kaufen, wo das Werk steht. Das ist industriell sinnvoll und macht auch geopolitisch Sinn.» Deshalb wurde auch die Produktion des neuen EX30 von China ins belgische Werk in Gent verlagert. Trotz der mehr und mehr globalen Ausrichtung von Volvo meint Severinson: «Ob in Shanghai oder Göteborg: Wenn ich in die Büros gehe, habe ich das Gefühl, zu Volvo zu kommen. Es herrscht derselbe Geist.»


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