Das war die Paris Motor Show 2024
Kulissenschieben gegen die Konkurrenz

An der Paris Motor Show 2024 (noch bis heute) wollten vor allem die französischen Marken Selbstgewusstsein demonstrieren. Doch nicht alle etablierten Hersteller fuhren gross auf – und die Mitbewerber aus China schliefen nicht.
Publiziert: 20.10.2024 um 09:07 Uhr
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Aktualisiert: 20.10.2024 um 17:12 Uhr
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Überraschendes Concept Car mit wenig überraschendem Design: Citroëns Studie zum C5 Aircross folgt der aktuellen Designlinie der Marke.
Foto: Andreas Faust

Auf einen Blick

  • Paris Motor Show 2024 zeigt ihre Schokoladenseite
  • Renaults neuer R4 E-Tech Electric und Dacia Bigster sind Publikumsmagneten
  • Rund eine halbe Million Besucher werden bis Messeschluss erwartet
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Andreas FaustLeitung Auto & Mobilität

Endlich wieder eine richtige Automesse. Mit mehr als einer halben Handvoll Marken. Und ohne ausufernde Sitzlandschaften und Ausstellungen von Kinderzeichnungen zum Thema Mobilität, die die Freiflächen an den letzten Motorshows hier allenfalls notdürftig füllen konnten. Von aussen betrachtet, zeigt die Paris Motor Show 2024 für das Publikum ihre Schokoladenseite.

Rund eine halbe Million Besucher erwartet Renault-CEO Luca de Meo (57) bis zum Messeschluss am heutigen Sonntag. Ein wenig Optimismus mag allerdings dabei sein bei diesem erklärten Fan der klassischen Automesse. Denn im Vergleich zu den einstigen Ausstellungen am gleichen Ort fällt schon auf: Die Pariser Messe ist dünn geworden, wenn auch noch nicht so fadenscheinig wie einige andere.

Frankreich nutzt das Heimspiel

Klar gibts Neuheiten, vor allem der französischen Marken. Allen voran bespielt der Renault-Konzern gleich vier Bühnen mit der Kernmarke Renault, der rumänischen Tochter Dacia, der Elektro-Sportmarke Alpine und Mobilize, dem Ableger für Mobilitätsservices. Renaults neuer R4 E-Tech Electric als Wiedergänger des einstigen Renault 4 von 1963 wie auch Dacias neues Flaggschiff Bigster waren die Zuschauermagnete in Paris.

Spannend vor allem der Auftritt von Alpine mit einem Concept Car des kommenden Elektro-Crossovers A390. Konzernchef de Meo versucht mit der Marke das gleiche Kunststück wie einst bei der Seat-Tochter Cupra: aus der Nische hinein in den Massenmarkt und damit zum Erfolg. Er muss sich sputen. Bis 2030 sollen sieben rein elektrische Modelle auf dem Markt sein.

Die Neuheiten sind meist Varianten

Auch der Rest der französischen Industrie demonstriert Selbstbewusstsein. Dazu rollten die Stellantis-Marken mit dem zwar bekannten, aber neu elektrifizierten Peugeot e-408, der Überarbeitung des Citroën C4 und einer Studie für den kommenden Citroën C5 Aircross für sie wichtige Varianten an die Stände. Ebenfalls neu: die Hybrid-Basisversion des Juniors von Markenschwester Alfa Romeo.

Deutsche Marken wollten nicht zurückstehen – wie BMW mit seinen beiden schon gesehen Studien für die neue Stromer-Generation namens Neue Klasse und Tochter Mini mit gleich drei frischen Derivaten. Skodas Elroq, Audis Coupéversion des Q6 E-Tron namens Sportback und der VW Tayron – immerhin Neuheiten, auch wenn Bilder längst kursierten.

Kleinere Stände, weniger Bosse

Auf den zweiten Blick bemerkt man dann aber die deutlich geschrumpften Stände. Viele Marken können mangels Platz nur einen Bruchteil ihres Programms zeigen. Und mancher Hersteller liess, statt wie einst den CEO einzufliegen, nur den jeweiligen Länderchef die Neuheiten anmoderieren. Ist es Kostendruck für den teuren Messebau oder zunehmende Zweifel an der Bedeutung solcher Messen? Wahrscheinlich beides.

Dass sich dennoch so viele Marken wieder in Paris zeigen, dürfte mit der Präsenz der chinesischen Konkurrenz zusammenhängen. Vor allem die französischen Heimmarken wollten das Feld nicht kampflos aufgeben. Und tatsächlich wirken die Auftritte der China-Marken wie von früher: Grosse Standflächen, wohlgefüllt mit Autos; dazu repräsentative Videowände – geradezu Kopien der imposanten Messebauten, mit denen einst etablierte Hersteller die Aufmerksamkeit an sich rissen. Dabei stehen die Newcomer Aito, Forthing oder Skyworth erst am Anfang, planen für Europa und nutzen Paris wohl auch als Schaufenster, um potenzielle Importeure zu gewinnen.

China-Marken warten auf Durchbruch

Der China-Riese GAC hat Europa dagegen fest im Blick und auch BYD wird, nach einigen Anpassungen der Vertriebsstruktur, trotz noch mässigen Marktanteilen in Europa einen weiteren Anlauf zum grossen Durchbruch unternehmen.

Und die grossen Überraschungen? Einerseits das Geplänkel hinter den Kulissen um die Nachfolge von Stellantis-Chef Carlos Tavares (66) ab 2026. Er habe sich nichts vorzuwerfen, wiederholt der mantraartig: Der Wechsel zur E-Mobilität sei alternativlos und politisch gewollt – das müssten auch seine internen Kritiker akzeptieren. Doch die Gerüchteküche brodelt – vor allem um Renault Boss de Meo als potenziellen Kandidaten, der aber bescheidet: «Ich bin derzeit schon genug beschäftigt.»

Einmal grosses Kino

Und dann stand da noch eine Studie, die niemand auf der Rechnung hatte. Der LSR-05 des japanischen Zulieferers THK bot grosses Concept-Car-Kino wie früher mit Portal-Türen, futuristischem Interieur und 555 Elektro-PS (408 kW). Sogar fahrbar wäre der riesige Crossover, der mit Antrieben, Sitzverstellung und Türbetätigung genug Anwendungsbeispiele für THKs Elektromotoren-Technologie bietet. Mehr als ein Demo-Modell soll er indes wohl nicht sein. Schade.

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