Paukenschlag im Amag-Hauptquartier in Cham ZG: CEO Morten Hannesbo (58) gibt Ende Februar 2021 die Leitung des grössten Schweizer Autoimporteurs mit den Marken Audi, Seat, Skoda und Volkswagen ab. Nachfolger wird der bisherige Amag-Finanzchef Helmut Ruhl (51).
Frust über den aktuellen Absatzeinbruch in der Corona-Pandemie? Oder über die drohenden Strafzahlungen wegen Überschreitung der CO2-Grenzwerte? Nein – Planung und Konzept. Schon vor drei Jahren hat sich der Amag-Verwaltungsrat um den Präsidenten und Amag-Group-Eigentümer Martin Haefner (67) das Ziel Kaderverjüngung gesetzt. Hannesbo selbst plante, bis Mitte nächsten Jahres das Amt abzugeben. Obwohl definitiv zu jung fürs Rentnerdasein, scheint sein Rücktritt langfristig geplant.
Zehn Jahre Kulturwandel
Der gebürtige Däne hat bei der einst behäbigen Amag mächtig aufs Gaspedal gedrückt: Im Jahr 2007 übernahm der gelernte Schifffahrtskaufmann nach Stationen bei Toyota, Nissan und Ford die Leitung des Amag-Imports; nur zwei Jahre später wurde er CEO der Gruppe. Er krempelte die in diesem Jahr 75-jährige Amag komplett um: neues Logo, neuer Style, neue Kultur. Weg vom verstaubten Behördenimage hin zum agilen Unternehmen. Martin Haefner ist voll des Lobes: «Morten Hannesbo hat die Amag geprägt. Sie ist in dieser Zeit vom traditionellen Familienunternehmen zur modernen Firmengruppe transformiert worden.»
Hannesbo reorganisierte und reformierte, dachte das Auto-Business neu. Lancierte den Online-Direktverkauf von Autos oder setzte mit dem Digital-Start-up Amag Innovation & Venture Lab voll auf die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle – ohne dabei sofort Gewinne zu erwarten. Er wisse noch nicht, wie das Neuwagengeschäft in zehn Jahren aussähe, sagte er BLICK im Januar: «Aber ich stelle mich jetzt schon darauf ein, dass es anders sein wird.» Sichtbares Zeichen des Wandels war der Bezug des neuen Amag-Hauptquartiers in Cham vor einem Jahr.
Mehr Marktanteil, mehr Umsatz
Die Strategie zahlte sich aus: Der Anteil der Amag-Marken an den PW-Verkäufen stieg unter Hannesbo von rund 24 Prozent 2010 auf knapp 30 Prozent 2019, der Umsatz von vier Milliarden 2010 auf 4,7 Milliarden Franken im letzten Jahr. Die Zahl der Amag-Mitarbeitenden verdoppelte sich unter Hannesbo nahezu. Bremsklötze? Die Wechselkurs-Krise von Januar 2015. Sicher die Corona-Pandemie, welche die Amag in diesem Jahr rund 20'000 Verkäufe kosten dürfte. Aber vor allem der VW-Dieselskandal 2015 um unzulässige Motorsoftware zur Abgasmanipulation, dessen Auswirkungen Hannesbo bis heute in einem Vertrauensverlust in die Marke Volkswagen spürt.
Nachfolger Helmut Ruhl, Ex-Daimler-Manager und seit 2017 bei der Amag, tritt ab März 2021 in grosse Fussstapfen und wird sich gleich als Krisenmanager bewähren müssen. Morten Hannesbo wird dagegen künftig mehr Zeit für seine Frau, die drei erwachsenen Söhne und seine Enkelkinder haben. Und für seine drei grossen Leidenschaften – Fussball, Ski- und Velofahren.