Stolz zeigen mir Christian Möhl (61) und Ruedi Baumann (64) vom Feuerwehrverein Gofi Lenzburg das Original. Tatsächlich steht im Depot der Lenzburger Feuerwehr ein echter Rolls-Royce Phantom II mit Baujahr 1930 – rot lackiert, mit Blaulicht und Leiter auf dem Dach. Unter der langen roten Haube schlummert der frisch revidierte Original-7,7-Liter-Sechszylinder mit 94 PS, und ganz vorne thront stolz die legendäre Rolls-Royce-Kühlerfigur Emily. Allerdings erst, nachdem sie Ruedi Baumann mit einem mächtigen Gabelschlüssel befestigt hat. «Wir schrauben sie normalerweise ab, damit sie uns nicht geklaut wird», erklärt Baumann. «Zudem lässt sich ohne Emily die Motorhaube besser öffnen.»
In Zusammenarbeit mit Modell-Importeur Arwico stellen wir jeden Monat ein Modellauto und dessen Original mit Schweiz-Bezug vor – egal, ob Vitrinen-, ferngelenktes RC- oder Slot-Racing-Modell. Zu Beginn der Serie zeigten wir anhand des Sammlermodells Monteverdi High Speed 375 S High Speed von AutoCult, wie gross der Aufwand für die Entstehung eines kleinen, im Handel rund 95 bis 120 Franken kostenden 1:43er-Modells ist.
In Zusammenarbeit mit Modell-Importeur Arwico stellen wir jeden Monat ein Modellauto und dessen Original mit Schweiz-Bezug vor – egal, ob Vitrinen-, ferngelenktes RC- oder Slot-Racing-Modell. Zu Beginn der Serie zeigten wir anhand des Sammlermodells Monteverdi High Speed 375 S High Speed von AutoCult, wie gross der Aufwand für die Entstehung eines kleinen, im Handel rund 95 bis 120 Franken kostenden 1:43er-Modells ist.
Aber wie kamen die Aargauer Brandbekämpfer vor über 80 Jahren zu ihrem noblen Pikettfahrzeug? Christian Möhl, Präsident des Feuerwehrvereins Gofi, zückt historische Papiere und beginnt zu erzählen: «Die wohlhabende Zürcher Dame Escher-Abegg aus Kilchberg ZH bestellte Ende der 1920er-Jahre bei Rolls-Royce einen neuen Phantom II.
Im Kaufpreis von 34’000 Franken inbegriffen war der Karosserie-Aufbau des Londoner Spezialisten Thrupp & Maberly.» Knapp zehn Jahre später wurde der Dame bei Kriegsausbruch ihr britisches Luxusgefährt enteignet. Und weil sie es offenbar nicht mehr zurückforderte, stand es bald darauf zum Verkauf.
Der Feuerwehr Lenzburg, die per Inserat in der «Automobil-Revue» einen Personenwagen suchte, der die schwere Braunspritze ziehen konnte, wurde das noble Fahrzeug angeboten – und schnell war man sich handelseinig. Möhl: «Am 29. Juni 1940 erwarb die Feuerwehr Lenzburg für 2500 Franken die damals noch schwarze Rolls-Royce-Limousine.»
Umbau in Hunzenschwil
Um den noblen Briten als Pikettfahrzeug verwenden zu können, musste der Rolls-Royce erst umgebaut werden. Die lokale Karosseriefabrik Berner & Co. in Hunzenschwil AG sorgte für den Holz-Kastenaufbau im Heckbereich, beliess aber die viertürige Grundausführung. Aufs Dach kamen eine Halterung für die Leiter sowie zwei Blaulichter. Für die rote Lackierung sorgte die Auto-Lackiererei von Eugen Haemmerli in Lenzburg AG.
Ruedi Baumann, nur noch eines von zwei Vereinsmitgliedern, das den roten Feuerwehr-Rolls-Royce mit Zündpunkt- und Gemischeinstellung sowie Drehzahlregelung vom Lenkrad aus auch fahren kann, erinnert sich: «Weil der neue Zusatzaufbau für die Original-Speichenräder hinten zu schwer war, mussten stärkere Scheibenräder konstruiert werden. Diese sind aber etwas kleiner – deshalb ist unser Phantom mit zwei verschieden grossen Ersatzrädern ausgestattet.»
Gemäss den Original-Dokumenten war der Feuerwehr-Rolls-Royce der Stadt Lenzburg offiziell von 1941 bis 1961 im Einsatz. Und bleibt weiterhin im Besitz der Stadt. Denn es existiert eine Vereinbarung, wonach die Stadt ihren Rolls-Royce nicht verkaufen darf, im Gegenzug muss der Feuerwehrverein Gofi das Fahrzeug unterhalten. Und das kann ganz schön ins Geld gehen. Die kürzliche Motorrevision verschlang rund 40'000 Franken. Doch auf die Frage, warum sich die Stadt ein derart exklusives Fahrzeug leistet, hat Christian Möhl die passende Antwort: «Wer schon ein Schloss hat, sollte auch ein passendes Auto haben.»
Modell ist ein Verkaufsrenner
Doch wie kam es schliesslich zur Umsetzung des 91-jährigen Originals in den Modellmassstab 1:43? «Ein Sammler von Rolls-Royce- und Bentley-Modellfahrzeugen aus unserer Region kam eines Tages auf uns zu und meinte, dass ihm ein Modell unseres Feuerwehr-Rolls-Royce in seiner Sammlung fehle», erzählt Gofi-Vereinspräsident Möhl. «Aufgrund seiner und unserer Hartnäckigkeit liessen sich Importeur Arwico und der deutsche Modellhersteller AutoCult schliesslich erweichen und setzten unseren Wunsch in die Tat um.»
Nur ein Jahr nach dem Vermessen des Originals war das Modell in einer Auflage von 333 Stück fertig – und ist seither im Fachhandel für 129 Franken erhältlich. «Allerdings sind nur noch wenige Exemplare bei den Händlern», weiss Daniel Gasser von Arwico. «Wir verkauften das Modell ausserordentlich gut.» Christian Möhl und Ruedi Baumann schauen sich an und grinsen: «Kein Wunder, wir und unsere Vereinsmitglieder machten Hamsterkäufe ...»