So entsteht ein Sammler-Modellauto
Fast so aufwendig wie das Original

Am Anfang steht die Idee, dann gehts ans akribische Vermessen und Fotografieren des Originalfahrzeugs, und schliesslich startet die manuelle Fertigung des Modells. Ein aufwendiger Prozess, bis das kleine Sammlerstück schliesslich im Handel ist.
Publiziert: 08.02.2021 um 09:00 Uhr
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Aktualisiert: 22.04.2021 um 09:06 Uhr
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Der Prozess, bis ein Modellauto wie dieser Monteverdi 375 S High Speed entstanden und im Handel ist, ist äusserst aufwendig und dauert mindestens 12 bis 14 Monate.
Foto: Raoul Schwinnen
Raoul Schwinnen

«Als Schweizer Importeur von Spielzeug- und Sammlermodellautos liegen uns Fahrzeuge mit Schweizer Bezug ganz besonders am Herzen», sagt Daniel Gasser von Arwico in Ettingen BL. Allerdings sind solche Nischenfahrzeuge für die meisten weltweit in Grossserie produzierenden Modellhersteller zu wenig lukrativ und deshalb uninteressant. Dank der leidenschaftlichen Initiative von Daniel Gasser und Thomas Roschmann, der mit seiner deutschen AutoCult die Ideen Gassers in die Tat respektive ins Modell umsetzt, gehen die modellautomobilen Träume von Schweizer Kunden dennoch relativ oft in Erfüllung.

SonntagsBlick zeigt anhand des 2020 in den Fachhandel gekommenen Monteverdi 375 S High Speed, wie aufwendig der Weg vom Originalfahrzeug zum 43-mal kleineren, in limitierter Auflage und von Hand gebauten Modell ist, bis es schliesslich beim Händler zum Preis von rund 95 bis 120 Franken in der Verkaufsvitrine steht.

Serie: Modellautos mit Schweiz-Bezug

In Zusammenarbeit mit Modell-Importeur Arwico stellen wir jeden Monat ein Modellauto und dessen Original mit Schweiz-Bezug vor – egal, ob Vitrinen-, ferngelenktes RC- oder Slot-Racing-Modell. Zu Beginn der Serie zeigten wir anhand des Sammlermodells Monteverdi High Speed 375 S High Speed von AutoCult, wie gross der Aufwand für die Entstehung eines kleinen, im Handel rund 95 bis 120 Franken kostenden 1:43er-Modells ist.

AutoCult lässt all seine Modelle in China von Hand produzieren und bietet jeweils nur 333 Exemplare an.
Raoul Schwinnen

In Zusammenarbeit mit Modell-Importeur Arwico stellen wir jeden Monat ein Modellauto und dessen Original mit Schweiz-Bezug vor – egal, ob Vitrinen-, ferngelenktes RC- oder Slot-Racing-Modell. Zu Beginn der Serie zeigten wir anhand des Sammlermodells Monteverdi High Speed 375 S High Speed von AutoCult, wie gross der Aufwand für die Entstehung eines kleinen, im Handel rund 95 bis 120 Franken kostenden 1:43er-Modells ist.

1. Auswahl des Vorbilds

Zu Beginn stellt sich die Frage nach der Wahl des Vorbilds, das als Sammlermodell produziert werden soll. «In Baselland aufgewachsen, lag für mich der legendäre Binninger Autohersteller Monteverdi natürlich auf der Hand», erklärt Daniel Gasser schmunzelnd. Da es aber die populäreren Monteverdi-Modelle Hai und Safari schon als 1:43er-Modell gibt, entscheidet er sich für den weniger bekannten, aber nicht minder attraktiven Monteverdi 375 S High Speed (siehe Box: das Original).

Das Original: Monteverdi High Speed 375

Anfang der 1960er-Jahre entschloss sich Ferrari-Händler und Hobby-Rennfahrer Peter Monteverdi (1934–1998), eigene Autos zu bauen. Nach ersten Versuchen mit Zweitakt-Rennwagen entschied er sich Mitte der 1960er-Jahre in Binningen (BL) Oberklassefahrzeuge für die Strasse zu konstruieren und diese unter dem eigenen Namen MBM (Monteverdi Basel Motors) zu verkaufen.

Sein Konzept war simpel: Er kombinierte auf einem selbst hergestellten Kastenrahmen eine elegante Karosserie aus Italien mit unkomplizierter US-Grossserientechnik. Nach diesem Rezept entstanden zwischen 1967 und 1976 unter der einheitlichen Bezeichnung Monteverdi High Speed 375 eine Vielzahl von Varianten – mehrere Coupés, eine Limousine und ein Cabrio – mit Chrysler-V8-Motoren mit bis zu 7,2 Liter Hubraum und 375 PS. Der BLICK schwärmte bei der ersten Enthüllung an der IAA 1967 in Frankfurt: «Die schönste Form, die je zwischen Alpen und Ärmelkanal das Licht der Welt erblickte.»

Generell muss man beim Monteverdi High Speed 375 zwischen zwei Serien unterscheiden: Einer Handvoll 1967 und 1968 bei Frua in Turin aufgebauter Coupés sowie einer zweiten, ab 1968 bei Carozzeria Fissore in Mailand gebauten, deutlich grösseren Serie. Heute, 45 Jahre nach seiner Produktionseinstellung, ist der Monteverdi High Speed 375 ein seltener, begehrter und hochpreisiger Klassiker.

Der Original-Monteverdi 375 S zügelte unterdessen vom Monteverdi-Museum ins Verkehrshaus Luzern.
Daniel Reinhard

Anfang der 1960er-Jahre entschloss sich Ferrari-Händler und Hobby-Rennfahrer Peter Monteverdi (1934–1998), eigene Autos zu bauen. Nach ersten Versuchen mit Zweitakt-Rennwagen entschied er sich Mitte der 1960er-Jahre in Binningen (BL) Oberklassefahrzeuge für die Strasse zu konstruieren und diese unter dem eigenen Namen MBM (Monteverdi Basel Motors) zu verkaufen.

Sein Konzept war simpel: Er kombinierte auf einem selbst hergestellten Kastenrahmen eine elegante Karosserie aus Italien mit unkomplizierter US-Grossserientechnik. Nach diesem Rezept entstanden zwischen 1967 und 1976 unter der einheitlichen Bezeichnung Monteverdi High Speed 375 eine Vielzahl von Varianten – mehrere Coupés, eine Limousine und ein Cabrio – mit Chrysler-V8-Motoren mit bis zu 7,2 Liter Hubraum und 375 PS. Der BLICK schwärmte bei der ersten Enthüllung an der IAA 1967 in Frankfurt: «Die schönste Form, die je zwischen Alpen und Ärmelkanal das Licht der Welt erblickte.»

Generell muss man beim Monteverdi High Speed 375 zwischen zwei Serien unterscheiden: Einer Handvoll 1967 und 1968 bei Frua in Turin aufgebauter Coupés sowie einer zweiten, ab 1968 bei Carozzeria Fissore in Mailand gebauten, deutlich grösseren Serie. Heute, 45 Jahre nach seiner Produktionseinstellung, ist der Monteverdi High Speed 375 ein seltener, begehrter und hochpreisiger Klassiker.

2. Recherche und Dokumentation

Als zweiter Schritt folgt die Recherche. Gasser und Roschmann besuchen dazu das damals noch existierende Monteverdi-Museum, um das Originalfahrzeug mit allen Details in stundenlanger, akribischer Arbeit zu fotografieren und mit dem Meterstock zu vermessen. «Zum Glück existiert das Vorbild noch», erklärt Thomas Roschmann. «Wir mussten auch schon nur ab historischen Bildern oder Zeichnungen ein Modell nachbilden.» Für solche Fälle beschäftigt er einen Autodesigner, der ihm Illustrationen der fehlenden Perspektiven nachzeichnet. Vier Wochen kann dieser Research- und Projektbeschreibungs-Prozess schon mal dauern.

3. Prototypenbau

Danach werden genau wie bei den 1:1-Vorbildern Handmuster oder sogenannte Prototypen in China gefertigt. «Das sind absolute Künstler», zollt Roschmann seinen chinesischen Prototypenbauern Respekt. Dennoch: Bis das Resultat schliesslich stimmig ist, jede Form und jedes Zurüstteil passt, kann es schon mal vier bis fünf Monate und einige Versuche dauern. Warum nutzt AutoCult bei den Vorbereitungsprozessen nicht CAD und bei der Fertigung 3D-Druck? Thomas Roschmann: «Weil für unsere Projekte oft kein Original-Vorbild mehr existiert, müssen wir uns an den klassischen Prototypenbau halten.» Eine CAD-Nutzung setze zwingend ein Original-Vorbild voraus, erklärt der Fachmann. Und gegen eine hundertprozentige Fertigung im 3D-Druck spreche derzeit noch die mangelnde Qualität. «Für die Zukunft wird das sicher interessant», gibt Roschmann zu. «Derzeit brauchts aber noch Handarbeit für ein authentisches Modell.»

4. Werkzeugbau und Deco Sample

Ist der Prototyp zufriedenstellend, startet der rund 14 bis 16 Wochen dauernde Werkzeugbau, um die aufwendig aus Resin (Kunstharz oder Epoxy) handgefertigten Fahrzeuge zu modellieren. Anschliessend wird während vier Wochen das sogenannte Deco Sample gefertigt. Ist Thomas Roschmann mit diesem Exemplar schliesslich zufrieden, gibt er grünes Licht für die rund sechs Wochen dauernde Produktion in China. «Wir lassen von jedem Modell genau 333 Exemplare herstellen», sagt Roschmann. Bis dann die Seefracht aus China bei AutoCult in Deutschland beziehungsweise bei Importeur Arwico und im Schweizer Fachhandel ist, vergehen meist nochmals acht Wochen. «Alles in allem», fasst Thomas Roschmann zusammen, «dauerts vom Startschuss der Recherche bis zur Auslieferung an die Distributoren mindestens zwölf Monate.»

Übrigens: Mit dem Entscheid, den Monteverdi 375 S High Speed als exklusives Sammlermodell aufzulegen, bewies Daniel Gasser ein gutes Näschen. Alle 333 produzierten Modelle sind werksseitig bereits ausverkauft. Allerdings haben Gasser und Roschmann damals im Monteverdi-Museum nicht nur den 375er dokumentiert. Monteverdi-Sammler dürfen also auf weitere Modelle hoffen.

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