Der amtliche koreanische Name von Südkoreas Hauptstadt lautet «Besondere Stadt Seoul». Und besonders ist diese rund um die Uhr pulsierende und ständig unter einer Smog-Dunstglocke liegende Mega-City tatsächlich. So ist ihre Bevölkerungsdichte mit knapp 9,8 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern auf nur 606 Quadratkilometern doppelt so hoch wie jene von New York City. Zudem hat Seoul nach Paris das zweitdichteste Stadtgebiet der Welt.
Und ähnlich wie in Paris sind auch in Seoul die Strassen trotz des gut ausgebauten und preiswerten ÖV- und U-Bahn-Netzes permanent überlastet und verstopft. Das Fahren auf den mehrspurigen, städtischen Schnellverbindungsachsen – egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit – erinnert uns an den Feierabendverkehr am Gubrist. Nur dass die Südkoreaner am Steuer deutlich gelassener und weniger aggressiv zu Werke gehen als wir Schweizer. Sie wechseln zwar fast im Sekundentakt die Fahrspur, um im dichten Kolonnenverkehr einige Meter vorwärtszukommen. Und das Reissverschlusssystem scheint man in Seoul nicht zu kennen. Dafür wird jeder Spurwechsel stets korrekt mit Blinken angekündigt, und missgünstige Spurblockierer scheint es in Südkorea nicht zu geben.
Trotz viel Verkehr kaum Unfälle
Ebenfalls erstaunlich: Obwohl links und rechts überholt wird – und grosse, mehrspurige Kreuzungen für uns Europäer trotz gewohntem Rechtsverkehr schon mal extrem verwirrend wirken, haben die Koreaner stets alles im Griff. So haben wir in den zwei Tagen Seoul keinen einzigen Unfall beobachtet. Und im Gegensatz zu Rom oder Paris entdecken wir auch kaum angeschrammte Autos. Vielleicht liegt es auch daran, dass gefühlt alle paar Hundert Meter am Strassenrand ein Blitzer steht (der vom Navi jedoch detektiert und gemeldet wird) oder landesweit eine strenge Alkoholgrenze von 0,03 Promille gilt. Obwohl die Koreaner gerne Alkohol trinken, setzt sich nach einem Besuch im Karaoke-Lokal die oder der Einheimische nicht mehr selbst ans Steuer. Zu drakonisch ist die Busse bei zu viel Alkoholgehalt im Blut.
Keine Kleinwagen, kaum E-Autos
Doch am meisten überraschte bei unserer Visite in der südkoreanischen Hauptstadt deren Fahrzeugbestand. Erwartet hätten wir in der technisch fortschrittlichen Digital Media Megacity eigentlich tausende surrende Elektro-Kleinwagen. Angetroffen haben wir aber ein Stadtbild mit vor allem stattlichen Verbrenner-Limousinen und einigen SUVs. Kleinwagen? Fehlanzeige. Elektroautos? Sind ebenfalls kaum zu entdecken. Vielleicht ab und zu mal ein Tesla oder ein Hyundai Ioniq-5-Taxi. Sonst aber sehen wir kaum Steckerfahrzeuge – und in den vielen Strassenschluchten zwischen den riesigen Wolkenkratzern auch keine öffentlichen Ladestationen.
Da fragen wir uns schon: Wie soll sich die Elektromobilität ausserhalb Europas so rasant wie von vielen erhofft verbreiten, wenn selbst in so fortschrittlichen und technisch aufgeschlossenen Metropolen wie Südkorea die Elektromobilität noch in den Kinderschuhen steckt? Die permanent über der Stadt liegende Smog-Dunstglocke wird sich so bald wohl nicht auflösen.